Kerber führt ein Trio an
Die Weltranglisten-Erste findet zu ihrer Form. Überraschend stehen auch zwei weitere Deutsche im Achtelfinale
Die endlich entspannte Titelverteidigerin und zwei überglückliche Achtelfinal-Debütanten haben für einen perfekten deutschen Tennis-Tag im fernen Australien gesorgt.
Angelique Kerber, Mischa Zverev und Mona Barthel zogen am Freitag unter die letzten 16 in Melbourne ein, wo sich Zverev senior am Sonntag auf ein Duell mit dem Weltranglisten-Ersten Andy Murray freuen darf und Barthel auf eine Partie mit Altmeisterin Venus Williams. „Eine unglaubliche Geschichte. Großer Respekt vor ihrer Leistung“, lobte Tennis-Legende Boris Becker die Leistung Barthels im TV-Sender Bevor Mischa Zverev und Qualifikantin Barthel nach persönlichen Rückschlägen ihre Chancen nutzten und erstmals das Achtelfinale eines GrandSlam-Turniers erreichten, war Kerber beim 6:0, 6:4 gegen die Tschechin Kristyna Pliskova nur ab Mitte des zweiten Satzes gefordert.
„Beim 4:4 hat sie dagegen gehalten und auch Winner geschlagen. Ich glaube schon, dass einiger Ballast abfällt“, sagte Bundestrainerin Barbara Rittner. Nach nur 55 Minuten stand der erste überzeugende Sieg der Weltranglisten-Ersten in diesem Turnier fest. „Ich glaube, dass ich ein bisschen lockerer geworden bin. Ich glaube, dass ich jetzt diesen Turnierrhythmus gefunden habe“, erklärte Kerber.
Das war im vorigen Jahr einer der Schlüssel für ihren ersten GrandSlam-Triumph an gleicher Stelle. In die Rod Laver Arena, wo das Dach nach dem Regen des Morgens wieder geöffnet war, drangen das Knattern eines Hubschraubers und das Jaulen von Sirenen. Im unweit des Melbourne Parks gelegenen Stadtzentrum hatte ein Autofahrer mehrere Menschen zur Mittagszeit tödlich verletzt.
Kerber erfuhr von dem Vorfall aber erst nach ihrem Match. Am Sonntag trifft die Norddeutsche auf die Weltranglisten-35. Coco Vandeweghe aus den USA, die sie bisher zweimal schlug. Kerber erwartet ein ähnliches Match wie gegen die gut aufschlagende und mit starken Grundschlägen ausgestattete Kristyna Pliskova.
Mischa Zverev trifft nach dem 6:1, 4:6, 6:3, 6:0 über den Tunesier Malek Jaziri auf den fünfmaligen Finalisten Murray, dem er im einzigen Vergleich auf ATP-Niveau 2015 in München glatt unterlag. Beide kennen sich bereits seit Juniorenzeiten und spielten dort schon 2004 im Halbfinale der US Open gegeneinander. „Wenn er sein bestes Tennis spielt, werde ich nicht viele Chancen haben. Er spielt gern gegen Jungs, die ans Netz kommen“, sagte Zverev. „Wenn ich draufgehe, sieht das nur lächerlich aus. Ich muss klüger spielen.“Gegen Jaziri wurde Zverev nach dem 1:3 im dritten Satz mit Erfolg defensiver. Olympiasieger Murray rechnet mit Serve und Volley: „Die Leute sagen, man kann nicht mehr so spielen und erfolgreich sein. Aber er zeigt das seit einigen Monaten.“Das bescherte Zverev nun seinen bislang größten sportlichen Erfolg. „Es fühlt sich großartig an“, sagte der 50. der Weltrangliste. Rang 45 als bislang beste Karriere-Platzierung wird Zverev verbessern und sich damit einen sportlichen Traum erfüllen. „Es haben mir noch nie so viele Leute gratuliert – Spieler, Trainer“, sagte er.
Mona Barthel setzte ihren unverhofften Siegeszug seit der Qualifikation mit dem 6:4, 3:6, 6:3 über Lokalmatadorin Ashleigh Barty fort. Es war schon der sechste Erfolg in Serie, im letzten Satz spürte die 26-Jährige die Belastungen – vor allem angesichts ihrer rätselhaften Krankheit im vorigen Jahr. Vor dem dritten Satz wurde wegen Regens das Dach der Rod Laver Arena geschlossen, dann lag Barthel 0:2 hinten und drehte die Partie. „Ich habe gedacht, das ist deine Chance, gib alles“, berichtete sie. Von Nervosität war gegen Barty nichts zu spüren. „Ich war viel zu müde, um angespannt zu sein“, sagte Barthel. Gegen die 36-jährige Venus Williams verlor die derzeit nur 181. der Weltrangliste allerdings bisher zweimal glatt. Auch die älteste Spielerin im Feld und einstige Nummer eins hatte vor einigen Jahren eine Krankheit zu überwinden, die ihr sämtliche Kraft raubte.