Falscher Schritt zur falschen Zeit
Einen Nachfolger für eine Hausarztpraxis in ländlichen Regionen zu finden ist schwierig – das ist auch der Politik bewusst. Mit einer Landarztquote will die bayerische Gesundheitsministerin Melanie Huml deshalb für ausreichend Nachwuchs sorgen. Fünf Prozent der Medizinstudienplätze sollen ihren Plänen nach für Studenten reserviert werden, die sich im Voraus dazu verpflichten, nach ihrer Ausbildung ein paar Jahre als Hausarzt auf dem Land zu arbeiten.
Viele angehende Studenten werden das Angebot der Gesundheitsministerin annehmen und sich dazu bereit erklären, als Hausarzt zu arbeiten. Aber nicht immer aus Überzeugung. Die Wartelisten für Medizinstudienplätze an deutschen Universitäten sind lang. Noch ein paar Semester zum Warten verdammt sein oder lieber Allgemeinmediziner werden?
Es ist ein Ansatz, aber ein falscher. Ein Hausarzt ist auf dem Land mehr als nur ein Dienstleister, der acht Stunden am Tag seine Arbeit verrichtet. Er ist auch Berater, Seelsorger, Vertrauensperson. Er arbeitet fast jeden Tag, ist immer für seine Patienten da, wenn sie ihn brauchen. Auch am Wochenende. Wer diesen Job machen soll, muss ihn gerne machen. Aus voller Überzeugung. Nicht weil er sonst keinen Studienplatz bekommen hätte. Verlassen die jungen Ärzte ihre Hausarztpraxen wieder, sobald sie dürfen, geht die Suche von neuem los. Außerdem: Woher sollen junge Menschen zu Beginn ihres Studiums überhaupt wissen, welche medizinische Fachrichtung ihnen gefällt?
Gut, dass die Politik immerhin versucht, Lösungen zu finden. Allerdings ist es dafür reichlich spät. Denn die Auswirkungen der geplanten Maßnahmen werden wegen der langen Studien- und Ausbildungszeit von Medizinern frühestens in zehn Jahren spürbar sein. Das hilft nicht, wenn in den kommenden Monaten weitere Ärzte in der Region ihre Praxen schließen.
Kurzfristig muss es das Ziel sein, die Attraktivität der Hausarzttätigkeit zu erhöhen. Ein Abbau der Bürokratie würde etwa helfen.