Grundkurs in bayerischer Lebensart
Harry G präsentiert einen humoristischen Rundumschlag. Die Zuschauer in Nördlingen reißt der Kabarettist damit mit
„#HabedieHarry“lautet der Titel des aktuellen Bühnenprogramms von Harry G, das er bei seinem Auftritt in der Nördlinger Hermann-Keßler-Halle präsentierte. In einem komödiantischen Rundumschlag streifte er dabei eine breite Palette an Alltagsthemen und jagte die rund 650 Besucher von einer Lachsalve in die nächste.
Mit einem Grundkurs in bayerischer Lebensart startet Harry G ins Programm, indem er die Begrüßungsformel „Servus“semantisch und phonetisch seziert („50 Shades of Servus“) oder den „Bavarian Way Of Success“(„nur net hudeln“) erklärt. Deutlich grenzt er den Bayern vom „Preiß’n“ab, egal ob dieser aus Duisburg („Mordor des Ruhrgebiets“) oder aus Sachsen („ZonenWolpertinger mit Merkel-Syndrom“) kommt. Mit anschaulichen Beispielen des Bierkonsums wird der feine Unterschied zwischen „gmiatlich“und „griabig“erläutert und das bayerische Lebensgefühl in einen „höheren Bewusstseinszustand“erhoben: „Wie Buddhismus – a Wamp’n und bled daherred’n“.
Dass der Hashtag im Programmtitel bewusst gesetzt ist, zeigt die folgende Auseinandersetzung mit sozialen Netzwerken. Harry G demonstriert, wie man ein gefaktes Urlaubsfoto für Facebook herstellt, dass es Whats-App-Gruppen in zwei Kategorien gibt („mit Weiber und ohne Weiber“) und welche katastrophalen Folgen ein falscher Post haben kann („da Woife im Puff“). Und auch die Single-Börsen, die gefragt sind, wenn in der festen Beziehung die „Schmetterlinge im Bauch zu Kellerasseln geworden sind“, werden satirisch durchleuchtet. Wobei vor allem das Portal „Tinder“(„das RTL2 des Datings“) als „Russisch Roulette mit Geschlechtskrankheiten“gewürdigt wird.
Er ist ein lustiger und sympathischer Bursche, der gebürtige Regensburger Markus Stoll, der sich in nur drei Jahren als Senkrechtstarter in der bayerischen Comedy-Szene etabliert hat. Mit seiner Figur des Harry G und dem Hut als Markenzeichen, hat er sich in Bühnenauftritt, Dialekt und Humor irgendwo zwischen Günter Grünwald, Monika Gruber und Django Asül einsortiert. So liefert er mit „#HarrydieEhre“eine leichtfüßige Show ab, die auch sein schauspielerisches Talent offenbart: Eine kurze Bauerntheater-Einlage („Wo is da Grandlbauer?“) sorgt für Szenenapplaus, die trippelnden „Hallöchen-Tussis“trifft er in der Körpersprache punktgenau und das kettenrauchende Faktotum Alfons mit unergründlicher Bassstimme sorgt während des gesamten Abends für Brüller im Publikum.
Bedauernswerter Running Gag
Nach der Pause erhöht Harry G das Tempo sogar noch und fühlt dabei dem Zeitgeist so richtig auf den Zahn. Ob es ums Radlfahren in München („ein Schlachtfeld mit Fußgängern als Kollateralschaden“), Fitness-Tempel („Anabolika-G’sichter“), Veganer und DJs („Mischpult-Simulanten“) geht – alles und jeder kommt unters satirische Skalpell. Auch die Zuschauer sind stets eingebunden, wie der bedauernswerte Running Gag Patrick, der immerhin mit einem Bier entschädigt wird. Durchgängig versprüht der Comedian gute Laune, auch wenn der Humor gelegentlich etwas deftig und krachledern gerät: etwa bei der reiferen Ehefrau („körperlicher Totalschaden“), beim Joggen („wia Scheißhausputz’n“), beim „Jogi-Löw-Check“mit Hand in der Hose oder beim Vergleich einer fleischlosen Grillparty mit einer Frau mit Migräne: „Da kann des Feuer noch so lodern, am Ende bist mit dei’m Maiskolben alloa.“
Kurzweilige zweieinhalb Stunden lang reißt der Komiker die Besucher in einem Feuerwerk aus Witzen, Gags und Pointen mit. Am Ende tobt die Halle vor Begeisterung, erst nach zwei zündenden Zugaben über MPUs und die „dicke Jassi“wird Harry G mit donnerndem Applaus entlassen.