Im Griff der Kälte
Autos bleiben liegen, Fußgänger stürzen, die Wasserwacht warnt vor Einbruch ins Eis: Nicht jeder kann den eiskalten Winter genießen. Ein Überblick
14,3 Grad unter Null – diesen Spitzenkältewert hat der Donauwörther Werner Neudeck gestern in Riedlingen gemessen. Seit gut einer Woche haben die Minusgrade die Menschen im Landkreis fest im Griff. Neben den Vorteilen des kalten Winters wie Wintersport vor der Haustür und einer verzauberten Landschaft steigt aber auch die Anzahl der Verletzen wegen Eisglätte. Alexander Wild, Direktor der Klinik für Orthopädie, Unfallchirurgie und Wirbelsäulentherapie in Donauwörth, spricht von 16 Bruchsverletzungen in der letzten Woche. „Die Patientenzahl steigt sprunghaft, wenn es das erste Mal schneit, und dann noch mal, wenn es tagsüber wieder antaut und dafür abends und nachts umso glatter wird.“Unterarm- und Schenkelhalsbrüche mussten er und sein Team behandeln. Allein vergangenen Dienstag waren es sechs Unterarmbrüche.
Gefährlich werden kann es trotz der anhaltenden Minusgrade auch auf den augenscheinlich zugefrorenen Seen und Flüssen. Am Wochen- ende genossen die Menschen bereits die zugefrorene Wörnitz bei Harburg und liefen aufs Eis. Michael Haller, Kreisvorsitzender der Wasserwacht Nordschwaben, warnt allerdings vor zu viel Leichtsinn. „Eigentlich müsste man die Eisdicke überprüfen, bevor man sich darauf wagt“, sagt er.
Baggerseen und Gewässer seien oft sehr unregelmäßig zugefroren, wie sich erst am Wochenende bei einer Übung der Wasserwacht Bäumenheim gezeigt habe. „Überall war das Eis dick genug, nur an einer Stelle nicht. Wenn man die trifft, bricht man ein“, so Haller. Pflanzen und Strömungen führen dazu, dass sich die Eisschicht ungleich entwickelt. Wer einem Eingebrochenen helfen will, sollte erst einen Notruf abgeben und sich dann auf den Bauch auf die Eisfläche legen. „Nicht die Hand geben, denn der Betroffene kann sie mit ins Wasser ziehen“, so Haller. Besser wäre es, einen Schal zu nutzen.
Viel zu tun gibt es bei diesem Wetter für die Straßenmeistereien in Nördlingen und Donauwörth. Angesichts der kalten Temperaturen stehen regelmäßige Kontrollfahrten der Streckenwarte an. Matthias Opel, Leiter der Straßenmeisterei, der die insgesamt 369 Kilometer an Bundes- und Landesstraßen im Landkreis Donau-Ries betreut, berichtet von vielen liegengebliebenen Fahrzeugen, deren Fahrer Hilfe brauchen. „Besonders Dieselautos streiken gerne mal, wenn es so kalt ist, aber es gibt auch immer noch Autofahrer, die mit Sommerreifen unterwegs sind.“Gerade an Steigungen haben Lkw Probleme. „Wir müssen solche Gefahrenstellen absichern und dafür sorgen, dass die Behinderungen schnell von der Straße kommen“, sagt Opel.
Zwei Mal täglich kümmern sich die Straßenwärter um das Sorgenkind im Landkreis – die Schellenbergbrücke in Donauwörth. Das Stahlbauwerk ist besonders rutschig, deshalb wird täglich Salz gestreut. Auch sonst ist es für die insgesamt 23 Mitarbeiter derzeit wenig gemütlich. „Wir müssen halt mit den Temperaturen leben, aber es ist schon eisig“, sagt Opel. Derzeit ebenfalls einen härteren Arbeitstag als sonst haben die Forst- arbeiter. „Wir haben natürlich Thermowäsche und Schutzkleidung“, erzählt Karl Stumpf, stellvertretender Forstbetriebsleiter der Staatsforsten Kaisheim, deren Gebiet sich zwischen Marxheim und Buchdorf erstreckt. 22 Angestellte sind derzeit im Wald und schlagen Holz. Beschwert habe sich noch keiner, aber natürlich sei es bei zweistelligen Minusgraden nicht so angenehm den ganzen Tag draußen zu sein. Die Forstarbeit behindere es aber nicht. Bis Minus 20 Grad sei die Waldarbeit kein Problem, so Stumpf. „Erst dann wird die Arbeit gefährlich, weil die Bäume dann einfrieren.“Wem es während der Arbeit zu kalt wird, könne sich in Schutzwägen mit Gasheizung aufwärmen. „Allerdings arbeiten die Forstarbeiter ja auch körperlich, da wird es einem nicht so schnell kalt“, sagt Stumpf.
Gutes Wetter herrscht dagegen für den Winterdienst im Landkreis. „Die Straßen sind ja trocken“, sagt Gerhard Schappin, Fachbereichsleiter Tiefbau und für den Winterdienst auf den Kreisstraßen verantwortlich. 310 Kilometer Straße haben er und seine Teams von Nördlingen und Monheim aus zu versorgen. „Probleme haben wir aktuell nur da, wo Raureif von den Bäumen auf die Straße fällt. Denn das friert sofort hin“, sagt er. Deshalb gäbe es derzeit viele Kontrollfahrten. „Salz haben wir noch genug in den Lagern. Die sind zu 70 Prozent gefüllt“, so Schappin. 4000 Tonnen waren zu Beginn des Winters eingelagert worden. „Das langt auf alle Fälle.“