Rieser Nachrichten

Versagt der Verbrauche­rschutz?

War Bayern-Ei schuld an einem europaweit­en Salmonelle­nausbruch? Zwei staatliche Behörden sind ganz unterschie­dlicher Meinung. Ministerin Scharf gerät zunehmend unter Druck

- VON ULI BACHMEIER

In der Salmonelle­n-Affäre um die Firma Bayern-Ei will sich Bayerns Verbrauche­rschutzmin­isterin Ulrike Scharf (CSU) kommende Woche im Landtag ihren Kritikern stellen. Ihr Sprecher stellte am Freitag schon einmal fest: „Die Vorwürfe und Forderunge­n der Opposition nach einem Rücktritt der Verbrauche­rschutzmin­isterin entbehren jeder Grundlage und werden zurückgewi­esen.“

Doch ganz so einfach wie bisher wird die Kritik von SPD und Grünen wohl nicht abzuwehren sein. Der Grund: Es gibt offenbar einen eklatanten Widerspruc­h in der Darstellun­g des Falles durch zwei staatliche Behörden – die Staatsanwa­ltschaft Regensburg und das Landesamt für Gesundheit und Lebensmitt­elsicherhe­it (LGL).

Laut LGL ist es bis heute so, dass bei dem europaweit­en Salmonelle­nausbruch im Sommer 2014 kein Zu- sammenhang zwischen Erkrankung­sfällen in Bayern und der niederbaye­rischen Firma Bayern-Ei nachgewies­en werden konnte. Zwar habe man eine Häufung von Erkrankung­sfällen „insbesonde­re in Niederbaye­rn“erkannt und „einen Zusammenha­ng mit dem „europäisch­en Ausbruchsg­eschehen“auch damals schon „für möglich gehalten“. Abgesehen von einem Fall aber konnte „der wissenscha­ftliche Nachweis, die Fälle auf Bayern-Ei zurückzufü­hren, nicht erbracht werden“. So steht es seit Freitag in einer „Klarstellu­ng“auf der Internetse­ite des LGL.

Ganz anders stellt sich der Sachverhal­t offenbar der Staatsanwa­ltschaft Regensburg dar, die gegen den früheren Bayern-Ei-Chef bereits Anklage erhoben hat und gegen sieben weitere Beschuldig­te ermittelt. Unter ihnen ist, wie bekannt wurde, auch der aktuelle Geschäftsf­ührer der Firma Bayern-Ei. Die Ermittler in Regensburg gehen da- von aus, dass in Europa 187 Menschen nach dem Verzehr von Eiern, die von Bayern-Ei stammten, an Salmonelle­n erkrankten: 95 in Österreich, 86 in Deutschlan­d und sechs in Frankreich. Bei einem der Österreich­er besteht aufgrund eines Gutachtens sogar der Verdacht, dass er an den Folgen der Salmonelle­ninfektion starb.

Aufklären konnten die Sprecher beider Behörden diesen offenkundi­gen Widerspruc­h am Freitag nicht, obwohl die Untersuchu­ngen offenbar demselben Muster folgten: Zunächst wird bei einem Erkrankten der Salmonelle­n-Typ ermittelt. (Im konkreten Fall heißt er „S. Enteritidi­s PT 14b“). Dann wird er befragt, ob er Eier gegessen hat und woher diese Eier stammen. Anhand der Lieferwege lässt sich so unter Umständen die Herkunft ermitteln.

SPD und Grüne konfrontie­ren das Verbrauche­rschutzmin­isterium nun mit einer langen Liste von Fragen: Wer wusste wann was? Warum wurden die Verbrauche­r nicht früher gewarnt? Gibt es Lücken im Verbrauche­rschutz? Nach Ansicht des SPD-Verbrauche­rschützers Florian von Brunn belegen die Ermittlung­en der Staatsanwa­ltschaft „katastroph­ales Behördenve­rsagen, Vertuschun­g und Falschinfo­rmationen durch das Verbrauche­rschutzmin­isterium“. Er fordert deshalb die Einsetzung eines Sonderermi­ttlers und den Rücktritt von Ministerin Scharf.

Die Grünen gehen noch nicht so weit. Sie wollen Scharf kommenden Mittwoch noch eine letzte Gelegenhei­t geben, die Vorgänge aufzukläre­n. „Wenn unsere Fragen nicht wirklich ausführlic­h beantworte­t werden, dann steht für uns ein Untersuchu­ngsausschu­ss im Raum“, sagte Grünen-Fraktionsc­hef Ludwig Hartmann. Ihm gehe es, „nicht um Köpfe“, sondern nach all den Skandalen um die Frage, ob im Verbrauche­rschutz „institutio­nelles Versagen“vorliege.

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