Vorfreude auf ein Stück Brot
Nach dem Krieg war das Essen knapp. Kleinigkeiten waren viel wert
Vor allem über die kleinen Überraschungen freuten sich die Kinder in der Nachkriegszeit sehr. So warteten Rosa Neumann und ihre fünf Geschwister mit Vorfreude darauf, dass ihr Vater von seiner Arbeit bei der Eisenbahn nach Hause zurückkehrte. Häufig brachte dieser ihnen dann etwas zu essen mit, etwa ein Stück Brot oder Wurst. Dann haben die Kinder in seiner Jackentasche danach gesucht, denn das Essen zuhause war immer sehr knapp.
Die 82-Jährige ist in Kleinerdlingen geboren und wohnte in Nördlingen zuerst in der Henkersgasse und danach im Wemdinger Viertel. Es war eine kleine Wohnung, in der sich die Kinder ein Zimmer teilen mussten.
„Da hat man es heute schon oft schöner“, erwähnt Frau Neumann rückblickend. Mit sechs Mädchen hatte die Mutter alle Hände voll zu tun. Neumanns Vater war im Krieg, als sie noch klein war, sodass die Mutter allein zuhause blieb.
Folglich wurden auch der gesamte Alltag und das Familienleben stark von der Nachkriegszeit geprägt. Die Kinder mussten viel im Haushalt mithelfen. Die Freizeitaktivitäten fielen dementsprechend eher knapper aus. Aber trotzdem fanden die Mädchen immer noch Zeit für gemeinsame Spiele wie „Mensch ärgere dich nicht“. Und auch wie heutzutage noch gab es zwischen den Geschwistern Streit, wenn einer verloren hatte.
Mit einem Funkeln in den Augen berichtet sie, wie sie damals von ihrer Mutter zum Getränke holen in ein ortsansässiges Gasthaus geschickt wurde. Mit einem Krug in der Hand trat sie den Weg an. Auf dem Heimweg haben sie und ihre Schwestern dann heimlich etwas aus dem Krug getrunken.
Damit dieser Streich nicht sofort aufflog, wurde der Krug daheim vorsorglich wieder mit Wasser aufgefüllt. Die Mutter sollte es bloß nicht bemerken, denn sonst gab es Ärger. Aber natürlich hat diese ihre Kinder sofort durchschaut. „Das war immer eine Gaudi“, erzählt Neumann mit einem Lächeln im Gesicht. Bei den Geschwistern spielte das Teilen untereinander eine sehr wichtige Rolle. Die Besitzgüter der Älteren wurden an die Jüngeren weitervererbt, da so einiges an Geld gespart werden konnte. Natürlich haben sich dabei die Kleineren auch immer wieder beschwert, wieso sie denn nichts Neues zum anziehen bekämen, die Großen aber schon.
Gerade wegen des Geldmangels und der schlechten Bedingungen durch den Krieg war der Familienzusammenhalt umso wichtiger und die Schwestern schätzten die eher kleineren Aufmerksamkeiten mehr, als es heutzutage vielleicht der Fall ist.