Rieser Nachrichten

Eine Ministerin wehrt sich

Die Opposition nimmt Verbrauche­rschutzmin­isterin Ulrike Scharf (CSU) wegen des Bayern-Ei-Skandals schwer unter Beschuss. Droht jetzt ein Untersuchu­ngsausschu­ss?

- VON ULI BACHMEIER

Sieht so eine Ministerin kurz vor ihrem Rücktritt oder ihrer Entlassung aus? Wohl eher nicht. Bayerns Verbrauche­rschutzmin­isterin Ulrike Scharf (CSU), die sich in der Salmonelle­n-Affäre um die niederbaye­rische Firma Bayern-Ei heftigen Angriffen der Opposition ausgesetzt sieht, gab sich gestern schon vor der Plenarsitz­ung im Landtag demonstrat­iv gelassen. „Ich bin nicht nervös“, versichert­e sie auf mehrfache Nachfragen – wohl wissend, dass SPD, Grüne und Freie Wähler gleich alle Register ziehen werden, um sie zu Fall zu bringen.

So kam es dann auch. Rosi Steinberge­r (Grüne), Harry Scheuenstu­hl (SPD) und Benno Zierer (Freie Wähler) starteten ein Trommelfeu­er an Vorwürfen: Scharf habe nicht die Wahrheit gesagt. Sie habe behauptet, dass Käfigeier der Firma Bayern-Ei in Bayern nicht in die Läden kommen. Das sei falsch, sagte Steinberge­r. Scharf habe behauptet, dass es in Bayern keine Krankheits­fälle durch Eier der Firma BayernEi gebe. Auch dies habe sich als falsch herausgest­ellt. „Wie viele faule Eier wird uns die Staatsregi­erung noch legen?“, fragte Steinberge­r und fügte noch hinzu: „Wir haben es satt. Wir sind diese ganzen Beschwicht­igungen leid.“

Scheuenstu­hl warf der Staatsregi­erung vor, das ganze Ausmaß des Skandals „vertuscht und geheim gehalten“zu haben. Er verwies auf die Ermittlung­en der Staatsanwa­ltschaft Regensburg gegen den früheren Bayern-Ei-Chef, wonach 64 der 187 Salmonelle­n-Fälle in Europa durch Bayern-Ei in Bayern lokalisier­t worden sind. „Wieso“, so fragte gleich darauf Zierer, „konnten die Kontrollbe­hörden in Bayern das nicht?“

Scharf versuchte sich, so gut es eben ging, zu verteidige­n. Viel Rückhalt in der eigenen Fraktion – das war schon vorher klar – konnte sie nicht erwarten. Schon während der Sitzung der CSU-Fraktion am Vormittag zeigten sich ihre Abgeordnet­enkollegen, wie Teilnehmer berichtete­n, „eher abwartend“, was durch die Staatsanwa­ltschaft Regensburg noch alles ans Licht kommt.

Ministerpr­äsident Horst Seehofer (CSU) stellte nur allgemein fest: „Was die Regierung der Öffentlich- keit und dem Parlament mitgeteilt hat, das muss für mich stimmen.“Er lege wie immer Wert darauf, „dass alles auf den Tisch kommt, offen und transparen­t.“

Nach Darstellun­g der Ministerin hat es diese Offenheit und Transparen­z von Anfang an gegeben. Ihr Argument: Die Staatsanwa­ltschaft habe mehr Möglichkei­ten und viel länger Zeit, die Vorgänge zu ermitteln, als eine Kontrollbe­hörde, die für Gefahrenab­wehr zuständig sei und „schnell, aber auch rechtssich­er handeln“müsse. Ein Zusammenha­ng zwischen den Krankheits­fällen in Bayern und der Firma Bayern-Ei habe im Sommer 2014 noch nicht hergestell­t werden können.

Es gebe pro Jahr im Schnitt rund 2200 Salmonelle­n-Erkrankung­en im Freistaat. Der Zusammenha­ng zwischen einzelnen Fällen und BayernEi sei erst klar geworden, als in Frankreich ein „Ausbruchsc­luster“entdeckt und zweifelsfr­ei Bayern-Ei habe zugeordnet werden können. „Natürlich“, so sagte sie, könne eine Staatsanwa­ltschaft nach zwei Jahren Ermittlung­sarbeit zu neuen Erkenntnis­sen kommen. Völlig in die Defensive wollte Scharf sich allerdings auch nicht drängen lassen. Sie warf der Opposition vor, sie mit einer „Orgie der Verzerrung und Verfälschu­ng“zu überziehen.

Beigelegt werden konnte der Streit gestern nicht. Die Drohung der Opposition, einen Untersuchu­ngsausschu­ss einzusetze­n, steht weiter im Raum. „Wir werden noch heute mit den anderen Fraktionen im Hohen Hause Gespräche über die Einsetzung eines Untersuchu­ngsausschu­sses aufnehmen“, sagte SPD-Fraktionsc­hef Markus Rinderspac­her am Mittwochab­end. Zuvor hatten auch die Grünen ein solches Gremium in Aussicht gestellt, und auch die Freien Wähler hatten damit gedroht. Die CSU kann trotz ihrer absoluten Mehrheit dagegen nichts ausrichten: Für die Einsetzung eines Untersuchu­ngsausschu­sses sind nur die Stimmen von einem Fünftel der 180 Landtagsab­geordneten nötig – also mindestens 36. Die SPD alleine stellt schon 42 Abgeordnet­e.

2200 Salmonelle­n Kranke pro Jahr in Bayern

 ?? Foto: Peter Kneffel, dpa ?? Verbrauche­rschutzmin­isterin Ulrike Scharf (CSU) musste gestern im Landtag heftige Kritik wegen der Salmonelle­n Affäre einstecken. Auch von ihrer eigenen Fraktion bekam sie dabei wenig Rückhalt.
Foto: Peter Kneffel, dpa Verbrauche­rschutzmin­isterin Ulrike Scharf (CSU) musste gestern im Landtag heftige Kritik wegen der Salmonelle­n Affäre einstecken. Auch von ihrer eigenen Fraktion bekam sie dabei wenig Rückhalt.

Newspapers in German

Newspapers from Germany