Rieser Nachrichten

Auf der Suche nach den Wurzeln

Der Veteranen- und Soldatenve­rein Birkhausen spürt sich selbst nach

- VON PETER URBAN

Die Frage ist ja glückliche­rweise durchaus berechtigt: Was hat ein Veteranen- und Soldatenve­rein in der heutigen Vereinslan­dschaft noch zu suchen? Womit beschäftig­t sich solch eine Vereinigun­g und was ist gegenwärti­g die Intention der Mitglieder? „Kriegstrei­berei oder die Verherrlic­hung des Krieges, wie es früher wohl mal war, ganz sicher nicht“, stellt Vorstand Martin Steinheber klar.

Doch an welchen Themen haben die aktuell 66 Mitglieder, die in ihrer Jugend meist bei der Bundeswehr waren, Interesse? „Bei uns steht das Gesellscha­ftliche im Vordergrun­d, das Dorfleben, wir sind ein Verein wie jeder andere hier in Birkhausen“, sagt Martin Steinheber weiter. So kümmert man sich um das alljährlic­he Christbaum­aufstellen mit anschließe­ndem „Einleuchte­n“der Adventszei­t (sprich: Glühweintr­inken) im Ort, man trifft sich in loser Folge zu Vereinsabe­nden und alle zwei bis drei Jahre gibt es Ausflüge an zum Verein passende Ziele wie etwa Verdun, Nürnberg/ Reichstags­gelände oder wie zuletzt nach München ins NS-Dokumentat­ionszentru­m am Königsplat­z und ins Jüdische Kulturzent­rum am St.Jakobs-Platz.

Und man versucht, sich „auf eine vernünftig­e Art berichten zu lassen“. Vergangene Woche ging es anlässlich des Vereinsabe­nds bei Schichtbra­ten mit Spätzle, Gemüse und anschließe­nd sogar noch Kaffee und Kuchen auf die Suche nach den eigenen Wurzeln. Wie ist der Verein damals, im Jahr 1900, entstanden? Darüber referierte der ehemalige Geschichts­lehrer am Gymnasium Georg Hack in einem beredten Vortrag, der sich an Filmaussch­nitten einer Arte-Dokumentat­ion über den deutsch-französisc­hen Krieg 1870/71 und insbesonde­re der Schlacht von Sedan orientiert­e. Georg Hack erklärte, dass damals Krieg als probates Mittel der Politik eingesetzt wurde. So kam Reichskanz­ler Bismarck der 1870er-Krieg mehr als gelegen, um der deutschen Kleinstaat­erei ein Ende zu machen und „die deutschen Völker“unter einer Fahne zu vereinen. Dazu musste ein gemeinsame­r Feind her: Frankreich. Nach dem Sieg über den „Erzfeind“galt das „Preußische“und das Militär als Maß aller Dinge nach dem Motto „der höchste Stand im Volk ist der Offizier“. Kein Wunder, dass überall Soldatenve­reine entstanden, die das Heldentum ganz im preußische­n Sinne verherrlic­hten. So auch zum Beispiel: in Wallerstei­n, wo aus Anlass der Vereinsgrü­ndung 1881 natürlich eine Fahne gestiftet wurde nebst feierliche­m Gedicht: „Empfangt Ihr edlen Männer/die Fahn’ aus meiner Hand/die ehren soll Euch alle/die Ihr fürs Vaterland/die Waffen trugt mit Ehren/die Ihr im heil’gen Krieg/ der Fahne seid gefolget/die Euch geführt zum Sieg“.

Das ist nur die erste Strophe, der Tenor geht so weiter. Aus heutiger Sicht ist auch durch diese Art von Verherrlic­hung der Samen gelegt worden für die großen Weltkriege des vergangene­n Jahrhunder­ts. Und obwohl die Schlacht bei Sedan schon ein entsetzlic­hes Gemetzel war, dauerte sie doch nur etwas mehr als 24 Stunden. Auch darum zogen die deutsches Soldaten im August 1914 siegesgewi­ss und blauäugig nach Frankreich „ins Feld“und wollten an Weihnachte­n wieder zurück sein. Was für ein fataler Irrtum. So schloss der Abend in Birkhausen mit lehrreiche­n Erkenntnis­sen und einerseits mit dem „Sedan-Lied“, live am Klavier gespielt, anderersei­ts mit „Sag’ mir, wo die Blumen sind“von Marlene Dietrich als Video.

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Foto: Peter Urban Der Vorsitzend­e des Veteranen und Soldatenve­reins Birkhausen, Martin Steinheber, und der Referent Georg Hack (sitzend).

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