Rieser Nachrichten

Neuer Jazzclub auf dem Keller

Das „H2F.Trio“und „Concerto Latino“geben in Nördlingen ein Doppelkonz­ert

- VON PETER URBAN

Das wäre erst noch eine Idee: aus dem Rotochsenk­eller zusätzlich zur Schauspiel­manufaktur einen Jazzclub machen! Was zunächst eher wie ein zufälliges Event daherkam, entpuppte sich an diesem Abend als Glücksfall für alle, die da waren. Das Haus: voll wie noch nie, wohl über 140 Zuhörer waren gekommen. Sie waren wild durcheinan­der platziert, manche an Tischchen, manche in Reihenbest­uhlung, etliche standen ganz hinten an Stehtische­n. Das tat der Stimmung aber keinen Abbruch, im Gegenteil. Schnell kam wirklich Jazz-KellerStim­mung auf.

Das lag freilich zum großen Teil an Bernd Fischer, Christoph Heinrich und Tom Höpfner, die mit ihrem Trio „H2F“den ersten Teil des Doppelkonz­ertes bestritten und ein- drucksvoll bewiesen, welch ein Juwel da im Ries herangewac­hsen ist. Nu Jazz in aller Edelpracht, schon allein ihre Interpreta­tion des Brother Wind March von Jan Garbarek wäre das Eintrittsg­eld wert gewesen. Aber auch die anderen Stücke von Jazzgrößen wie Tord Gustavson (On Every Corner), Lars Danielsson (Liberetto) und Triosense überzeugte­n restlos. Nur der Gassenhaue­r Revelation von den Yellow Jackets als geplanter Schlussakk­ord passte nicht so ganz in die tolle Vorstellun­g. Aber da hatte das Publikum längst Lunte gerochen und erklatscht­e sich hartnäckig schon vor der Pause eine Zugabe – „Go For It“, wieder von Triosense.

Dass es „Concerto Latino“danach, zumindest anfangs, schwer haben würde, war klar. Vielleicht lag es auch an den etwas zu launigen Ansagen des Bassisten, dessen rusti- kaler Humor nicht recht zum Repertoire passen wollte. Und es schien so, als ob sich die Musiker nicht zwischen populär und Jazz entscheide­n könnten. Ab der dritten Nummer allerdings, „Primavera Portena“von Astor Piazzolla, packten sie ihr Können richtig aus und legten eine atemberaub­ende Version hin. Besonders das Zusammensp­iel zwischen Sonja Lorenz an der Querflöte und dem Bandleader und Arrangeur Christian Kämpfer am Vibraphon erzeugte Gänsehautm­omente, vor allem auch beim ChickCorea-Stück „Spain“.

Die Dillinger waren vorher noch nie im Ries zu hören

Auch Agata Englert an der Gitarre, Franz Heim am Kontrabass und Gerhard Kling (Percussion Piano) wussten zu überzeugen. Kaum zu glauben, dass die Dillinger vorher noch nie im Ries zu hören waren. Warum allerdings der Ungarische Tanz von Johannes Brahms als letztes Stück so zurückhalt­end gespielt wurde, blieb den Zuhörern verborgen, hätte es doch vor allem für den Vibraphoni­sten einen glänzenden Rahmen geboten, mal so richtig aus sich raus gehen zu können.

Sei’s drum, das Doppelkonz­ert war klasse, der Rahmen war dem ebenbürtig und die gemeinsame­n Zugaben der beiden Formatione­n wurden folgericht­ig gefeiert. Es bleibt zu hoffen, dass dieser Abend kein Solitär bleibt im Nördlinger Eventkalen­der. Und zu wünschen, dass die Schauspiel­manufaktur den Erfolg vielleicht zum Anlass nimmt, über ein wie auch immer geartetes Rotochsen-Jazz-Club-Engagement nachzudenk­en.

Wie gesagt: Wäre doch mal eine Idee.

 ?? Foto: Peter Urban ?? Auf dem Nördlinger Rotochsenk­eller spielten „H2F. Trio“und „Concerto Latino“und standen bei der Zugabe gemeinsam auf der Bühne.
Foto: Peter Urban Auf dem Nördlinger Rotochsenk­eller spielten „H2F. Trio“und „Concerto Latino“und standen bei der Zugabe gemeinsam auf der Bühne.

Newspapers in German

Newspapers from Germany