Ein Anbau für die Grundschule Mitte
Gleich eine neue Schule für Nördlingen zu bauen, lehnt die Mehrheit ab. Genauso wie eine Erweiterung für die Mittelschule. Wo die Kinder aus Dürrenzimmern, Pfäfflingen und Löpsingen künftig unterrichtet werden könnten
Als die öffentliche Sitzung des Stadtrates vorbei war, standen die Schulleiter noch im Foyer zusammen. Und so recht wollten die Pädagogen offensichtlich nicht glauben, was sie in den vergangenen eineinhalb Stunden im Sitzungssaal gehört hatten. Für Marga Riedelsheimer, die Leiterin der Mittelschule, waren die Entscheidungen des Gremiums nicht nachvollziehbar: „Für mich ist das nicht verständlich.“Ja, ein Rückschritt sei dieser Beschluss des Stadtrates, meinte sie. Und auch Leiter der Grundschulen in Nördlingens Kernstadt waren ganz offensichtlich nicht gerade glücklich mit dem Ergebnis dieser Sitzung.
Die hatte zunächst damit begonnen, dass Oberbürgermeister Hermann Faul den Räten vorschlug, dass keine neue Grundschule im Nördlinger Stadtgebiet gebaut werden sollte. Der Leiter des Liegenschaftsamtes, Karl Stempfle, zählte dafür gleich mehrere Gründe auf. Unter anderem verwies er auf die hohen Baukosten von rund 13,5 Millionen Euro, die dann überzähligen Zimmer im Schulgebäude an der Squindostraße und die längeren Schulwege für einen Teil der Kinder. Die Stadtverwaltung favorisierte stattdessen einen Erweiterungsbau an der Grundschule Mitte. Der werde rund 1,85 Millionen Euro kosten, sagte Faul, die Stadt bekomme zudem einen Zuschuss von circa 608 000 Euro.
Einen Anbau unterstützten auch CSU und Stadtteilliste. Doch sowohl Maximiliane Böckh (CSU) als auch Gudrun Gebert-Löfflad (Stadtteilliste) forderten, dass die Möglichkeit, sich doch noch für einen Neubau zu entscheiden, offen gehalten werden müsse. Und zwar dann, wenn die Kosten für den Anbau deutlich steigen würden. Beide verwiesen auf den Brandschutz. Stadtbaumeister Hans-Georg Sigel und Stempfle konterten, der Brandschutz an der Grundschule Mitte sei in Ordnung. PWG-Fraktionsvorsitzender Helmut Beyschlag konnte das Argument der anderen Fraktionen nicht nachvollziehen. Wenn es tatsächlich Probleme mit dem Brandschutz gebe, müsse man sofort handeln – und könne nicht warten, bis eine neue Schule gebaut werde. Wolfgang Goschenhofer (Grüne/ Frauenliste) schimpfte, dass man bei dem Projekt schon viel Zeit vertrö- delt habe, er pochte auf eine Fertigstellung 2019. SPD-Fraktionsvorsitzende Rita Ortler wunderte sich über CSU und Stadtteilliste. Die beiden Fraktionen hatten nämlich am Tag vor der Sitzung erst einen Antrag zum Thema Schulen eingereicht. Das sollte später zu heftigen Debatten führen – doch zunächst entschied das Gremium, das Geld für den Anbau an der Grundschule Mitte in den Haushalt einzustellen. Dass die Überlegungen für einen Neubau nicht weiter verfolgt werden, lehnte die Mehrheit mit 10:14 Stimmen ab. Der Rat beschloss außerdem, dass der Bauausschuss regelmäßig über das Projekt informiert werden müsse.
Was beim ersten Tagesordnungspunkt noch für ein kleineres Strohfeuer gesorgt hatte – der späte Antrag von CSU und Stadtteilliste – entwickelte sich beim Thema Mit- telschule zum Großbrand. Wie berichtet, fehlen der Bildungseinrichtung laut Stadtverwaltung sechs Klassenzimmer. Energisch setzte sich Stempfle im Rat deshalb für einen Anbau ein. Der würde rund 2,43 Millionen Euro kosten und sei laut Kämmerer Bernhard Kugler gleichzeitig zum Anbau Grundschule machbar. Auch, weil man satte 1,2 Millionen Euro Zuschuss erwarte und alle Gemeinden, die ihre Kinder in diese Schule schicken, über die entsprechende Umlage ihren Teil beitragen.
CSU und Stadtteilliste lehnten es ab, 2017 für dieses Projekt Geld zur Verfügung zu stellen. Priorität habe jetzt die Grundschule Mitte. Die Prognosen zu den Schülerzahlen an der Mittelschule seien nicht verlässlich zu erstellen. Beide Fraktionen verwiesen darauf, dass derzeit die Hausmeisterwohnung umgebaut werde, um den Druck zu mindern. Zudem forderten sie, dass die Kinder aus Dürrenzimmern, Päfflingen und Löpsingen künftig an die Mittelschule Deiningen gehen sollen.
Stempfle konterte: Nur 22 Kinder aus diesen Ortsteilen besuchten den normalen Zug der Mittelschule, damit sei das Platzproblem nicht gelöst. Die Hausmeisterwohnung habe nicht die Höhe, die für Klassenzimmer benötigt werde. Dort entstünden Beratungsräume und ein Büro. Er rechnete den Räten die Kosten vor: Für jeden Schüler müsse man an den Deininger Schulverband zahlen. Bei 100 Schüler sind das pro Jahr laut seinen Angaben rund 200 000 Euro. Dazu kämen noch die Buskosten.
Beyschlag bezeichnete den kurzfristigen Antrag von CSU und Stadtteilliste nun als „Handstreich“und „No-Go“. Die Lösung der anderen Fraktionen sei unter dem Strich teurer als der Anbau, die Schule in ihrer Gesamtheit nur an einem Standort möglich. Zunächst wollte er über den Punkt gar nicht mehr abstimmen, sich erst mit seiner Fraktion beraten. Doch nach einer kurzen Sitzungspause wollte auch Beyschlag das Thema offensichtlich abschließen. Wolfgang Goschenhofer (Grüne/Frauenliste) verwies auf die Gewerbesteuer. Würde man die erhöhen, sei der Anbau möglich. Der Vorschlag von CSU und Stadtteilliste richte sich „gegen Eltern und Kinder“. Auch SPD-Fraktionsvorsitzende Rita Ortler nannte ihn „fast unverantwortlich“. Die Mittelschule Nördlingen werde so doch geschwächt.
Am Ende setzten sich CSU und Stadtteilliste knapp mit 11:13 Stimmen durch. Der Anbau kommt damit vorerst nicht.