Drogerie: „Moralische Verpflichtung“
Der Fraktionsvorsitzende der Stadtteilliste, Thomas Mittring, positioniert sich zu einem zweiten Markt in Nördlingen. Auch der Biber steht auf seiner Agenda
Herr Mittring, 2017 könnte für die Stadt Nördlingen ein schwieriges Jahr werden. Mit dem Wemdinger Tunnel und dem Bahnhof stehen zwei große Bauprojekte an, der Etat muss wohl mit Schulden ausgeglichen werden. Blicken Sie optimistisch oder pessimistisch auf dieses Jahr?
Mittring: Ich bin optimistisch, und das ist den Erfahrungen aus 2016 geschuldet. Vor zwölf Monaten hieß es auch, dass es kein einfaches Jahr werden würde. Im Nachhinein kam es aber anders, wir hatten eine sehr gute Entwicklung bei den Steuereinnahmen – und das trotz der Schließung von Kathrein. Unsere Betriebe sind breit aufgestellt, die Gewerbesteuer hat sich gut entwickelt.
Sie hatten sich im vergangenen Jahr dafür eingesetzt, den Hebesatz für die Gewerbesteuer zu erhöhen. Die Mehrheit des Stadtrates war damals aber dagegen.
Mittring: Ja, die Gewerbesteuer ist für uns wichtig, um Projekte wie beispielsweise den Umbau des Wemdinger Tunnels zu stemmen. Dieses Großprojekt fängt jetzt an zu laufen und wir müssen dazu stehen und die finanzielle Belastung tragen. Ich hoffe allerdings, dass die Bausumme am Ende nicht überschritten, sondern unterschritten wird und dass die Fördermittel in Höhe von 75 Prozent zügig an uns zurückfließen.
Dennoch waren auch Sie für dieses Projekt, oder?
Mittring: Ja, sicher. Seit 30 Jahren wollen wir das in der Stadt Nördlingen. Alle Parteien hatten bei allen Wahlkämpfen auf ihren Flyern die Verbesserung des Wemdinger Tunnels stehen. Jetzt sind wir in der Lage, die Situation zu bessern. Die Verhandlungen mit der Bahn waren schwierig, aber wir haben auch diese Hürde gemeistert. Da können wir jetzt nicht wieder abspringen. Das zweite Großprojekt für 2017 ist die Sanierung des Nördlinger Bahnhofs. Sie haben einmal in einer Sitzung des Stadtrates festgestellt, dass dieses Projekt immer teurer wird, wenn der Planer ins Gremium kommt. Mittring: Dennoch bin ich mittlerweile optimistisch, dass das Ende der Fahnenstange erreicht ist. Es ist jetzt wichtig, dass der Umbau zügig über die Bühne geht, damit wir das Gebäude an das Landratsamt weitervermieten können, damit auch wieder Geld in die Kasse der Stadt kommt.
Die Gegner des Kaufs bringen immer wieder aufs Tableau, dass sie die Sanierung abgelehnt haben. Man hat manchmal in den Sitzungen den Eindruck, dass Sie sich darüber sehr ärgern.
Mittring: Ja, dieses Nachkarteln stößt mir sehr auf. Die Entscheidung ist mehrheitlich gefallen, dann muss man auch den Blick nach vorne richten. Wenn es anders herum wäre, und eine der anderen Fraktionen etwas durchsetzt, dann müssen wir das doch auch tun.
Gerade die Fraktion aus Grünen und Frauenliste macht immer wieder mit Anträgen öffentlich auf sich aufmerksam. Die Stadtteilliste hält sich da eher zurück.
Mittring: Es ist eben die Frage, ob man einen Antrag nur stellt, um in den Rieser Nachrichten zu stehen. Beispiel digitales Parksystem: Darüber haben wir bereits vor drei Jahren diskutiert. Doch damals sind wir zu dem Ergebnis gekommen, dass es nicht funktioniert. Wir überlegen uns sehr wohl, wie wir Probleme in der Stadt und den Stadtteilen lösen können.
Eine Forderung von vielen Nördlingern ist derzeit die nach einem zweiten Drogeriemarkt. Wie stehen Sie und die Stadtteilliste dazu?
Mittring: Ich bin der Meinung, wir sollten Gott froh über die Lösung mit dem Müller-Markt sein. Alle Drogeriemarkt-Ketten hatten die Chance, im Steingass-Gebäude zu eröffnen. Aber nur Müller hat es auch dort durchgezogen. Die sind da jetzt noch kein halbes Jahr drin. Ich denke, wir haben die moralische Verpflichtung, eine Zeit lang still zu halten. Und egal, was in dem Einzelhandelsgutachten steht, dass die Stadt in Auftrag gegeben hat – mittelfristig ist ein Drogeriemarkt außerhalb der Altstadt sicher auch noch drin. Aber es gibt mehrere Standorte neben dem EGM-Center, wo man so etwas realisieren könnte.
Die Bürger fordern nicht nur einen zweiten Drogeriemarkt, sondern auch ein Hallenbad. Das wurde ihnen vor der Kommunalwahl 2015 auch versprochen. Danach sah die Sache anders aus. Hat sich der Stadtrat gerade von jungen Familien entfernt?
Mittring: Der Drogeriemarkt wird sicher vor allem von jungen Familien gefordert, aber wie gesagt, ich denke, man sollte da noch eine Schonfrist abwarten. Das Hallenbad ist ein Wunsch von vielen. Aber wir Nördlinger können das alleine nicht leisten – höchstens mit anderen Kommunen, mit dem Landkreis zusammen. Außerdem muss es von der staatlichen Seite eine Förderung geben. Denn wenn wir tatsächlich etwas bauen, sollte es zeitgemäß sein, etwa mit einem Kinderbereich.
Mancher schimpft, Nördlingen leiste sich einen Bahnhof aber kein Hallenbad.
Mittring: Ja, aber was wäre denn die Alternative gewesen? Dass ein Privater den Bahnhof kauft, sicher nicht. Der Stadtrat hat den Vorteil, dass er beide Seiten sieht – die Wünsche der Bürger und die Finanzen, die dahinter stecken. Die sehen, wie gesagt, 2017 nicht allzu
rosig aus. Zusätzliche Projekte können nur mit Schulden finanziert werden. Wie sehen Sie die Zukunft Nördlingens?
Mittring: Nun, zum einen sprudeln die Steuereinnahmen doch recht üppig. Zum anderen gibt es ja auch Maßnahmen, die uns jetzt einengen – wie beispielsweise die Sanierung von Sankt Georg oder die der Stadtmauer. Diese Projekte werden ja auch irgendwann abgeschlossen sein, das Geld kann man dann für andere Dinge verwenden.
Für was will sich die Stadtteilliste 2017 einsetzen?
Mittring: Wir haben uns für das neue Feuerwehrhaus in Löpsingen stark gemacht, die Talergasse in Baldingen wird saniert, das Bürgerhaus in Schmähingen auch. Wir sind da auf einem guten Weg. Außerdem ist uns nach wie vor das Thema Biber wichtig. Das muss nicht nur in den Stadtteilen, sondern landkreis- und bayernweit gelöst werden. Man gibt sehr viel Geld dafür aus, dass die Schäden des Bibers beseitigt werden. Und wenn man einen Biberdamm entfernen oder ein Tier abfangen will, muss man zig Leute einbinden. Viele scheuen sich schon, die Schäden zu melden, weil es ein so großer bürokratischer Aufwand ist. Das muss sich in Zukunft ändern.