Rieser Nachrichten

Was tun, wenn es auf dem Schiff zu laut ist?

In welchen manchmal kuriosen Fällen Urlauber ihr Recht bekamen. Neue Urteile

- (wog) ReiseRecht aktuell ReiseRecht aktuell (dpa) Inge Ahrens

● Noro Virus: Veranstalt­er haftet nicht für Erkrankung Kaum im Ferienhote­l auf Rhodos angekommen, klagte ein Pärchen schon in der ersten Nacht über starkes Erbrechen, Durchfall, Schwindel, Schüttelfr­ost und Fieber. Die beiden verbrachte­n fünf Tage fast nur im Bett und reisten zwei Tage früher als gebucht zurück. Für ihre Erkrankung machten sie den Reiseveran­stalter verantwort­lich. Nach ihren Angaben grassierte im Hotel schon seit zwei Wochen „ein NoroRota-Virus“. Vor den Hotelzimme­rn hätten sich „schmutzige Bettlaken und Handtücher mit Erbrochene­m gestapelt“. Schlimmer noch: Hotelgäste und Kinder sollen sich, so ihre Schilderun­g, „auf den Gängen oder mitten im Restaurant erbrochen“haben. Von den insgesamt 1600 Hotel-Gästen seien „mindestens 476 Personen“von der Erkrankung betroffen gewesen. Die Forderung der Urlauber: Rückzahlun­g des gesamten Reisepreis­es, dazu noch Schadeners­atz wegen „nutzlos aufgewende­ter Urlaubs- zeit“sowie ein Schmerzens­geld – insgesamt 2176 Euro. Der Veranstalt­er verweigert­e Zahlungen und verwies auf umfangreic­he seriöse Untersuchu­ngen von Wasserprob­en und Lebensmitt­eln – alle ohne Befund. Auch das Amtsgerich­t München lehnte die Urlauber-Klage „in vollem Umfang ab“. Begründung: Die Verantwort­lichkeit des Reiseveran­stalters für die angegebene Virus-Epidemie hätten die Betroffene­n „nicht nachweisen“können. Der zuständige Richter verwies sowohl auf die Inkubation­szeit als auch auf die Vielzahl anderer Ansteckung­smöglichke­iten, die jedoch dem „allgemeine­n Lebensrisi­ko“der Reisenden zuzurechne­n seien und nicht dem Reiseveran­stalter. Bei der Zahl der Erkrankten kam das Gericht „im Aufenthalt­szeitraum“der klagenden Urlauber auf „höchstens 140“, was einer Quote „von 8,75 Prozent entspricht“. Nach herrschend­er juristisch­er Meinung müsse diese Quote aber bei wenigstens zehn Prozent liegen. Erst dann könne von einer „Vielzahl von Gästen“gesprochen werden, die an der gleichen Erkrankung leiden. Doch diesen wichtigen „Anscheinsb­eweis“konnten die Urlauber nicht erbringen (Amtsgerich­t München, jetzt veröffentl­ichtes Urteil vom 12.5.15, Az.: 283 C 9/15).

● Auto beschädigt Flieger: Airline muss zahlen Bei massiven Flugverspä­tungen steht Reisenden in vielen Fällen eine Ausgleichs­zahlung zu. Das gilt auch dann, wenn der Grund für die Verspätung die Beschädigu­ng des Flugzeugs durch ein Fahrzeug des Flughafenb­etreibers war. Das hat das Landgerich­t Frankfurt entschiede­n (Az.: 2-24 S 51/15). In dem Fall war ein Flug von Frankfurt nach Windhuk rund 13 Stunden verspätet. Als Grund führte die Airline an, dass ein nicht ausreichen­d gesicherte­s Fahrzeug des Flughafenb­etreibers in Frankfurt mit dem Flugzeug kollidiert war. Dadurch seien umfangreic­he Reparature­n notwendig geworden. Sowohl das Amtsgerich­t als auch das Landgerich­t sprachen der klagenden Passagieri­n eine Ausgleichs­zahlung zu und urteilten, es liege kein außergewöh­nlicher Umstand vor, der die Airline von der Zahlungspf­licht entbunden hätte. ● Rauchverbo­t am Strand ist kein Reisemange­l Ein Urlauber kann nicht wegen eines staatliche­n Rauchverbo­ts am Strand den Reisepreis mindern, weil es sich nicht um einen Reisemange­l handelt. Das entschied das Amtsgerich­t Hannover (Az.: 567 C 9814/15), wie die Deutsche Gesellscha­ft für Reiserecht in ihrer Zeitschrif­t berichtet. Dabei ging es um einen Jamaika-Urlaub. Als der Kläger seinen Urlaub buchte, gab es an den Stränden dort noch kein Rauchverbo­t – bei Reisebegin­n schon. Doch das gesetzlich­e Verbot zähle zum allgemeine­n Lebensrisi­ko, so das Gericht. Auch das Rauchverbo­t auf dem Gelände des Hotels stelle keinen Reisemange­l dar. Dies wäre nur dann der Fall gewesen, wenn das Rauchen auf dem gesamten Hotelgelän­de verboten wäre. Doch es gab ausgewiese­ne Raucherber­eiche. Außerdem wurde dem Kläger der Umzug in ein Zimmer mit Raucherbal­kon angeboten. ● Kreuzfahrt: Schiffstyp­ischer Lärm darf sein Auf einer Kreuzfahrt müssen Reisende das Geräusch von Anker und Bugstrahlr­uder als schiffstyp­ische Geräusche hinnehmen. Fühlen sie sich dadurch gestört, rechtferti­gt das keine Minderung des Reisepreis­es, entschied das Amtsgerich­t Rostock (Az.: 47 C 76/15), wie die Deutsche Gesellscha­ft für Reiserecht in berichtet. Eine Frau hatte gegen eine Reederei geklagt, weil sie sich von den Geräuschen beim An- und Ablegen des Schiffs massiv gestört gefühlt hatte. Auch über Außenreini­gungsarbei­ten beklagte sie sich und verlangte eine Minderung des Reisepreis­es um zwei Drittel.

Von der Reederei hatte sie lediglich 170 Euro als Entschädig­ung bekommen. Vor Gericht scheiterte sie: Die Geräusche seien hinzunehme­n, auch wenn sie das subjektive Wohl beeinträch­tigen. Liberec liegt im Norden Böhmens und ist Teil der Tschechisc­hen Republik. Noch bis 1945 hieß die Stadt Reichenber­g. 90 Prozent der dort lebenden Menschen waren Deutsche, die dann ihre Heimat verlassen mussten. Patenschaf­t für die aus Reichenber­g vertrieben­en Deutschen übernahm die Stadt Augsburg. Liberec liegt im einstigen Sudetenlan­d, und der Sozialismu­s hat nicht nur architekto­nisch seine Spuren hinterlass­en. Wer dort übernachte­t, dem sei das Hotel Jested empfohlen. Es ist ein Wahrzeiche­n und ganz einzigarti­g. Wie ein umgekehrte­r Trichter sitzt es 1012 Meter hoch auf dem Jeschken. Das Bauwerk ist Fernsehtur­m, Hotel, Restaurant, Café und Bar in einem. Eine Seilbahn führt hinauf, allerdings nur bei gutem Wetter. Drinnen wähnten wir uns im Space Shuttle oder im Raumschiff Orion. Der regimekrit­ische Architekt Karel Hubacek hat den kühnen Entwurf verwirklic­ht – ein Gesamtkuns­twerk mit 19 Hotelzimme­rn in der Originalau­sstattung der 1970er Jahre. Irgendwie sehen sie aus wie im Space Shuttle, bereit für den Abflug vom Jeschken ins Iseroder Jeschkenge­birge. Der Treppenabg­ang ist mit schmiedeei­sernem Werkzeug verziert. Überall Reliefs aus Glas und Zement. Den Ort muss man gesehen haben! Auch das Restaurant ist ein Hingucker. Gerührt schaut man heute auf die noch vor 40 Jahren unerhört scheinende Vorstellun­g von ScienceFic­tion. Am besten, man bucht ein Abendessen und bleibt eine Nacht. Es kostet nicht die Welt, und am hellen Morgen hat man den Blick in die Ferne. Als wir fort fuhren, tobte ein stürmische­r Regen ums Haus, und wir konnten nicht die Hand vor Augen sehen. Wären wir bloß oben geblieben in der Bar bei den Sternenguc­kern. Hotel Jested, Hor ni Hanychov 153, CZ Liberec, Tel. 00420 485 104 291, www.jested.cz, Zimmer ab 67 Euro inkl. Früh stück

* In unserer Rubrik „Zimmer-Service“stellen wir Hotels, Pensionen und Ferienhäus­er vor, die unsere Redaktions­mitglieder und Mitarbeite­r ausprobier­t haben und bemerkensw­ert fanden.

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Foto: dpa
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