Wolfgang Goschenhofer fordert höhere Gewerbesteuer
Fraktionsvorsitzender Wolfgang Goschenhofer fordert nicht nur eine Apotheke für Baldingen und das Wemdinger Viertel. Er will auch das Hallenbad anpacken
Herr Goschenhofer, blicken Sie optimistisch oder pessimistisch auf das kommende Jahr?
Bezogen auf die politischen Weichenstellungen: Für mich steht und fällt 2017 mit den Finanzen. Wir von der Fraktion Grüne/Frauenliste haben gefordert, dass der Hebesatz für die Gewerbesteuer angepasst wird. Seit 40 Jahren ist er unverändert. Wir dürfen nicht vergessen: 2008 hatte die Stadt noch ein Plus von acht Millionen Euro auf dem Konto. Am Ende dieser Wahlperiode wird Nördlingen rund 20 Millionen Euro Schulden haben.
Was versprechen Sie sich von der Anhebung der Gewerbesteuer?
Wenn wir den Hebesatz von 340 Punkte auf 390 Punkte anheben, dann macht das pro Jahr rund zwei Millionen Euro mehr für die Stadt aus. Damit können wir Spielräume schaffen. Und wir dürfen nicht vergessen: Nur ein Viertel der Gewerbetreibenden in Nördlingen bezahlt überhaupt Gewerbesteuer.
Nun wurde gerade erst das KathreinGelände verkauft, Ritter Immobilien aus Aalen will dort einen Gewerbepark errichten. Kommt die GewerbesteuerErhöhung da nicht zur Unzeit?
Nein, ich glaube nicht, dass diese Entscheidung kontraproduktiv ist. Unser Oberbürgermeister Hermann Faul hat zuletzt betont, dass Unternehmen sich nicht nach dem Hebesatz für die Gewerbesteuer erkundigen, wenn sie über eine Ansiedlung in Nördlingen entscheiden. Die interessieren viel mehr die Grundstückspreise, im Vergleich mit anderen Kommunen. Wichtig ist auch, dass die Stadtverwaltung schnell auf Bauanträge reagiert, dass man zum Beispiel in wenigen Tagen Baugenehmigungen bekommt. Das ist ein starker Vorteil unserer Stadtverwaltung, dass es bei uns kurze Wege gibt.
Es gibt zwei Gründe dafür, dass die Finanzlage in Nördlingen heuer so angespannt ist. Die Stadt muss mit der Sanierung des Bahnhofs und dem Umbau des Wemdinger Tunnels zwei Mammutprojekte stemmen. Zumindest eines davon haben Sie stets abgelehnt.
Goschenhofer: Ja, den Bahnhof. Und hinter vorgehaltener Hand sagen mittlerweile auch andere Kollegen im Stadtrat, dass das eine der schlechtesten Entscheidungen war. Wenn Sie alles zusammen rechnen, vom Kauf des Bahnhofs bis zu den Sanierungskosten, sind Sie schnell bei fünf Millionen Euro. Ich denke, das ist sogar noch zuwenig. Aber es gibt noch andere Projekte, für die man meiner Meinung nach unsinnig Geld ausgegeben hat. Wenn man so in den Miesen ist wie Nördlingen, dann sollte man nicht ein Haus in der Lederergasse kaufen. Alles in allem reden wir hier über sieben Millionen Euro – und mit dieser Summe hätte man andere viel wichtigere Projekte stemmen können.
Gesprächsthema in Nördlingen ist derzeit ein zweiter Drogeriemarkt - der Besitzer des EGM-Centers, Simon Schenavsky, hat mit der Kette Dm bereits einen Mietvertrag ausgehandelt. Doch nach den aktuellen Regeln darf solch ein Markt nur in der Altstadt angesiedelt werden. Wie stehen Sie dazu?
Es geht ja nicht nur um einen Drogeriemarkt, sondern auch um eine Apotheke – die will Herr Schenavsky ja ebenfalls im EGM-Center ansiedeln. Vor etlichen Jahren ging es bereits um die gleiche Frage. Damals war unsere Fraktion die einzige, die das befürwortet hat. Aus meiner Sicht ist es klar, dass wir auch außerhalb der Altstadt Apotheken brauchen, zum Beispiel im Wemdinger Viertel. Wer krank ist, der kommt nicht zum Einkaufen in die Stadt, der geht keinen Kaffee trinken, der braucht nur seine Medikamente. Deshalb brauchen wir sowohl in Baldingen als auch im Wemdinger Viertel eine Apotheke. In Sachen Drogerie ist der politische Weg klar: Wir warten das Einzelhandelskonzept ab, das die Stadt in Auftrag gegeben hat. Und wir würden jede Möglichkeit ergreifen, die dieses Konzept bietet, um einen Drogeriemarkt anzusiedeln.
Manch einer sagt, der Stadtrat verstecke sich hinter diesem Gutachten …
Wir müssen uns ja nach irgendetwas richten, das sind die Spielregeln. Aber wenn sich die Tür durch das Gutachten auch nur ein stückweit öffnet, dann werden wir die Chance ergreifen.
Nicht nur den Drogeriemarkt wünschen sich viele Bürger, auch ein Hallenbad.
Ich kann da nur für meine Fraktion sprechen – und unsere Prioritäten lagen sowohl beim Hallenbad, als auch jetzt beim Drogeriemarkt. Wir suchen immer noch nach Mitteln und Wegen, ein solches Bad anzusiedeln. Doch der wesentliche Punkt ist: Wo kommt das Geld dafür her? Die Mehrheit des Stadtrates hat sich nun einmal für den Bahnhof entschieden, die anderen Parteien hatten also andere Prioritäten. Wenn wir zwei Millionen Euro mehr mit der Gewerbesteuer einnehmen würden, dann hätten wir auch wieder mehr Spielraum für ein Hallenbad.
Naja, aber für zwei Millionen Euro bekommen Sie doch auch nicht das Bad, was sich die Nördlinger wünschen.
Wir sprechen von zwei Millionen Euro pro Jahr. Im derzeitigen Hallenbad gibt es einen großen Investitionsstau. Wir müssen da erst einmal ein bis eineinhalb Millionen Euro für die technische Sanierung reinstecken. Dies könn- ten wir besser für Synergien bei einer Erweiterung nutzen. Lassen Sie uns das derzeitige Bad ausbauen, neue Becken anbauen.
Ihre Fraktion ist in der Vergangenheit immer wieder von den anderen Parteien und Gruppierungen im Stadtrat massiv kritisiert worden – etwa, weil sie öffentlichkeitswirksame Anträge formuliert haben. Ärgert Sie das?
Schauen Sie sich das Beispiel sozialer Wohnungsbau an. PWG-Fraktionsvorsitzender Helmut Beyschlag hat im Interview mit Ihnen vergangenes Jahr gesagt, die Forderung danach sei „populistisch“. Wir haben zunächst den Antrag gestellt, dann ist der Oberbürgermeister nachgezogen und die PWG hat schließlich unseren Antrag unterstützt. Was war denn an unserer Idee populistisch? Diesen Vorwurf weise ich weit von mir.
Was hat sich Ihre Fraktion für das Jahr 2017 vorgenommen?
Der Anbau an die Grundschule Mitte soll bis 2019 fertig sein. Wir wollen die Energieeinsparung voranbringen und ein Radkonzept für die Altstadt entwickeln. Wenn das Radeln in Nördlingen bequemer wird, dann nutzen weniger Leute ihr Auto und wir haben mehr Parkplätze.