Wenn Hose und Bluse nicht passen
Es ist ein Wirrwarr: Hier sitzt die 38 perfekt, während dort nicht mal mehr der Knopf zugeht. Aber ist auf Konfektionsgrößen wirklich so wenig Verlass? Und: Könnten wir dann nicht alle etwas gelassener sein?
Augsburg Vorgaben, genauer: Die europäische Norm EN-13402 die exakt regelt, welche Größe, zu welchen Maßen gehört. Der Haken an der Sache: Kaum ein Hersteller hält sich daran.
Es ist ein Problem, das für viele Frauen schon fast zum Einkauf dazugehört, so wie enge Umkleidekabinen oder Schlangen vor der Kasse. Wer in der kleinen Boutique in eine 36 passt, muss eben bei Zara oder Mango vielleicht schon zur Bluse in Größe L greifen. Und wer bei H&M einen Pulli in Größe 42 braucht, schlüpft bei C&A trotzdem ohne Probleme in eine S hinein.
Manche Frauen aber sind nicht bereit, das zu akzeptieren. Ruth Clemens zum Beispiel. Die britische Studentin hat im vergangenen Jahr den Kampf mit H&M aufgenommen. Clemens ist 1,80 Meter groß und schlank, normalerweise trägt sie Kleidergröße 42. Als sie bei H&M eine Jeans in Größe 44, der größten Größe im Laden, nicht einmal ansatzweise zubekam, machte sie ein Foto davon und stellte es auf Facebook. „Bin ich zu fett für eure Alltagskleidung?“, fragte die Studentin. „Soll ich einfach akzeptieren, dass im normalen Handel verfügbare, günstige und modische Kleidung nicht für Menschen wie mich gemacht wird?“Fast 100 000 Menschen haben bis heute auf den Beitrag reagiert, es scheint, als hätte Clemens einen Nerv getroffen. Auch H&M reagierte, wenn auch eher nüchtern-distanziert. Die schwedische Modekette entschuldigte sich bei der Studentin und versicherte, alle Kunden „mit einem gesunden Selbstbewusstsein nach Hause“schicken zu wollen.
Wer sehen will, wie unterschiedlich viele Marken die Größen interpretieren, muss nur einen Blick in ihre Größentabellen werfen: Während Esprit für eine Jeans in Größe 38 eine Taillenbreite von 72 Zentimetern zugrunde legt, näht der spanische Modekonzern Zara seine Hosen von vorneherein zwei Zentimeter enger. Die Erklärung ist relativ einfach: Mode wird nicht nur für Mitteleuropäer gemacht. Die Hersteller richten sich vielfach nach den Durchschnittsmaßen in ihren Herkunftsländern. In Spanien, dem Heimatland von Zara, orientiert man sich also an eher zierlichen Frauen. In Skandinavien, wo die Menschen meist größer sind, fällt die Mode dementsprechend aus.
Gudrun Allstädt plädiert deshalb für mehr Gelassenheit und Flexibilität. „Eine Konfektionsgröße“, sagt sie, „ist keine DIN-Norm“. Allstädt ist Redakteurin beim Fachblatt
sie beobachtet die Branche seit Jahren. „Jedes Unternehmen hat seine eigene Formensprache“, betont die Expertin. Das ließe sich mit Standardgrößen gar nicht immer abbilden. Manch ein Schnitt sei eben eher für eine Frau mit einem androgynen Körper gemacht, ein anderer sehe dagegen vor allem an einer kurvigen Frau gut aus. „Die Menschen sind ja nicht identisch“, sagt Allstädt. Warum also sollte es die Mode sein? ● Frauen mit einer A Figur haben meist einen zierlichen Ober und einen ausladenderen Unterkörper. „Die Schultern sind schmaler als die Hüften“, erläutert Stilexpertin Lisa Zim mermann. Um den Oberkörper zu betonen, können große Ketten oder Ohrringe helfen. Taillierte Kleidung steht dem A Typ besonders gut. ● Beim H Typ sind Schul tern und Hüften in etwa gleich breit. Die Taille verläuft relativ gerade oder ist nur sanft ge schwungen. Puffärmeln, Schulterriegeln oder Brustta schen können Schultern, De kolleté und Brust optisch vergrö ßert werden. Auch Mit
Und dennoch gibt es Menschen, die bei Diana Dietrich, der Verkäuferin aus Buchloe, eine gut sitzende Hose nicht kaufen, weil sie normalerweise eine kleinere Größe tragen. Die verzweifelt sind, wenn ihnen plötzlich die 38 nicht mehr passt. Auch Textilexpertin Allstädt kennt diese Fälle: „Viele Menschen kränkt es regelrecht, wenn sie eine größere Größe brauchen.“Denn Mode, Kleidung, Äußerlichkeiten – das geht auch immer einher mit den großen Fragen: Bin ich schön? Finden mich andere schön? Und vor allem: Was, wenn nicht? Glaubt man Forschern der Universität Bielefeld, dann fühlt sich jede zweite junge Frau in Deutschland zu dick – auch dann, wenn sie objektiv gesehen nicht übergewichtig ist. Eine Kleidergröße zu viel ist dann nicht nur eine andere Zahl, ein anderer Buchstabe, sondern eine Niederlage. Gepaart mit der Angst, weniger wert zu sein als der Rest der Gesellschaft. Denn Dicksein wird hierzulande noch immer als Stigma gesehen. Einer Studie der Krankenkasse DAK zufolge empfinden viele Menschen Übergewichtige als faul und träge. Schlanke gelten dagegen meist als kontrolliert und leistungsstark, als Vorbilder in einer Gesellschaft, die Disziplin und Perfektion zu Leitsätzen erhoben hat. Dabei spielt es kaum eine Rolle, dass der Großteil der Gesellschaft alles andere als perfekt ist. Dass die deutsche Durchschnittsfrau Kleidung
Welche Kleidung bei welchem Figurtyp passt
leicht ausgestellte Röcke oder Hosen sorgen für eine femininere Linie. ● Frauen, die zum O Typ gehören, haben ihren Körper Schwerpunkt in der Mitte, bei Busen, Bauch und Taille. Die schmalste Stelle des Körpers liegt etwas oberhalb der Taille, direkt unterhalb des Bu sens. O Typen sollten laut Stilberaterin Cornelia Gumm zu dünneren Stoffen greifen, um nicht eine Größe größer zu wirken. ● Schultern und Hüften sind beim X Typ, auch Sanduhr Typ genannt, in etwa gleich groß, die Taille ist sehr schmal und stark geschwun gen. Das sollten Frauen für sich nutzen: Gürtel oder Kleidungsstücke mit Tail len Abnähern betonen Expertin Zim mermann zufolge die frauliche Figur. ● Beim Y Typ ist der Ober körper kräftiger als der Unterkörper und die Schultern breiter als die Hüften. Deshalb sollte zusätzliches Volumen im Schulterbe reich ver mieden wer den. Lange Knopfleisten, Ketten oder Schals lenken den Blick auf den Unterkör per. (dpa)