Unfall in benebeltem Zustand
Ein 39-Jähriger rammt unter Drogeneinfluss mit seinem Auto einen anderen Wagen. Im Nördlinger Amtsgericht sitzt ein Mann mit großen Problemen auf der Anklagebank
Er hatte einiges im Blut. Tramadol etwa, ein Schmerzmittel, dazu Promethazin, ein Schlaf- und Beruhigungsmittel, außerdem das Substitutionsmedikament Methadon. Autofahren konnte er nicht mehr, einen Führerschein hatte er auch nicht, doch er fuhr trotzdem. Am 9. August des vergangenen Jahres war Peter D.* in Nördlingen unterwegs, er wollte vom Reutheweg auf die Wemdinger Straße abbiegen. Er nahm einem anderen Wagen die Vorfahrt und stieß nahezu ungebremst mit ihm zusammen.
Nun, ein halbes Jahr später, sitzt Peter D. daher in Nördlingen auf der Anklagebank. Er sitzt dort ohne Unterstützung eines Anwalts, obwohl die Vorwürfe der Staatsanwaltschaft gegen ihn nicht ohne sind: fahrlässige Gefährdung des Straßenverkehrs, fahrlässige Körperverletzung, Fahren ohne Fahrerlaubnis, Urkundenfälschung. Es kommt einiges zusammen.
Peter D., ein 39 Jahre alter Mann aus Rheinland-Pfalz, geht es nicht gut, das sieht man auf den ersten Blick. Er ist blass und hat tiefe Ringe unter den Augen. Wenn er im Gerichtssaal spricht, zittert seine Stimme. Seit 16 Jahren sei er in Substitutionsbehandlung, berichtet er stockend. Die Tat räumt er ein, sie tut ihm leid. „Was soll ich sagen?“, fragt er. „Ich weiß, ich habe einen Fehler gemacht.“Richterin Ann Kathrin Ries wird später einen Befund der Hausärztin des Angeklagten verlesen. Dieser sei drogenabhängig, phasenweise depressiv und leide unter Schlafstörungen, heißt es darin. Von einer Gefängnisstrafe rät die Ärztin aus medizinischer Sicht dringend ab. Schon der Gedanke daran verstärke die psychischen Probleme ihres Patienten.
Peter D. hat trotz allem immer gearbeitet, das ist ihm wichtig. Auch in Nördlingen war er wegen der Arbeit, er war auf Montage. Die Distanz von der Heimat tat ihm nicht gut. In ein tiefes Loch sei er gefallen, sagt er. Zeugen des Unfalls schildern, der Angeklagte habe nach der Karambolage orientierungslos gewirkt, sei im Kreis gelaufen. Die Polizei fand in seinem Auto starke Medikamente und gefälschte Rezepte. Solche hatte er bereits in Nördlinger Apotheken genutzt, wegen ihnen ist Peter D. auch wegen Urkundenfälschung angeklagt.
Der Zusammenstoß hätte schlimme Folgen haben können. Mit etwa 50 Sachen sei der Angeklagte mit seinem Auto auf den anderen Wagen gedonnert, schätzt ein Zeuge im Gerichtssaal. Im anderen Fahrzeug saß ein damals 66-jähriger Mann mit seiner Enkeltochter. Doch es ging halbwegs glimpflich aus. Der Mann erlitt leichtere Verletzungen, Prellungen, mehr nicht.
Blieb die Frage, wie die Taten juristisch zu bewerten sind. Peter D. ist mehrfach vorbestraft, was mit seinen Drogenproblemen zusammenhängt. Viele der Taten fallen unter die Kategorie der Beschaffungskriminalität: Diebstahl, Urkundenfälschung wegen gefälschter Rezepte. Ins Gefängnis musste er noch nie, auch dieses Mal verurteilt ihn die Richterin zu einer einjährigen Bewährungsstrafe. Damit blieb sie etwas unter der Forderung der Staatsanwältin Katharina Kling, die auf eine Bewährungsstrafe von eineinhalb Jahren plädiert hatte.
Die Bewährungszeit beträgt vier Jahre, als Auflage muss Peter D. unter anderem eine ambulante Psychotherapie beginnen und 1000 Euro an eine gemeinnützige Einrichtung zahlen. Das Urteil ist bereits rechtskräftig.