Rieser Nachrichten

Einst Scheune, heute Festsaal

Der Vogelbauer-Hof in der Ortsmitte von Balgheim war ab 1720 im Besitz der Familie Metzger. Heute wird er nicht nur von Vereinen genutzt

- VON ANNE SÖLLNER

Als vorbildlic­h saniertes Bauobjekt und kulturelle­r Mittelpunk­t des Dorfes präsentier­t sich heute der Vogelbauer-Hof in der Ortsmitte von Balgheim. Ursprüngli­ch zählte er wohl zu den elf Urhöfen. Wer sich den Giebel genauer anschaut, kann ganz oben in der Spitze ein Wappen entdecken, das den Reichsadle­r zeigt und auf die einstige Grundherrs­chaft verweist, zu der der Hof gehörte. Dies war bis 1806 die „Geistliche Stipendiat­enstiftung“der Freien Reichsstad­t Nördlingen.

Auch der Hausname könnte sich auf diesen Vogel beziehen, vielleicht aber auch auf die Familie Vogelgsang, die im 17. Jahrhunder­t im Besitz des Anwesens war. Ab 1720 wurde es bis in die jüngste Zeit in der Familie Metzger weitervere­rbt. Maria Metzger war die letzte Bewohnerin des Hauses. Nachdem ihr Mann Kaspar Metzger 1965 gestorben war, wurde nicht nur die Landwirtsc­haft aufgegeben und die alten Stallungen blieben so von Modernisie­rungen verschont. Auch im Haus war viele Jahrzehnte die Zeit stehengebl­ieben und so hinterließ Maria Metzger, die ihre letzten Lebensjahr­e bei ihrer Nichte verbrachte, nach ihrem Tod 1998 ein Anwesen mit schon musealem Charakter.

Nicht von ungefähr gab es deshalb auch Pläne, den Hof abzubauen und ins Schwäbisch­e Bauernhofm­useum Illerbeure­n zu verlagern. Ähnliche Überlegung­en hegte zuvor auch schon der Rieser Bauernmuse­umsund Mühlenvere­in für Maihingen. Er hatte den Hof gekauft, um ihn für die Nachwelt zu erhalten. Mit dem Erwerb durch die Dorfstiftu­ng Balgheim 2008 konnte schließlic­h doch eine Nutzung vor Ort angestrebt werden. Unumstritt­en war dieses Großprojek­t auch hier nicht und Helmut Wiedemann, 2. Vorsitzend­er der Dorfstiftu­ng zieht rückblicke­nd Bilanz: „Nur durch die Einbettung in das Gesamtkonz­ept der Dorferneue­rung mit verschiede­nen Zuschussge­bern und nicht zuletzt durch über 9300 freiwillig­e Arbeitsstu­nden konnte die Sanierung realisiert werden.“Drei Mieter schaffen auch heute eine solide finanziell­e Basis: Vom ehemaligen Kuhstall wurde ein Raum abgetrennt, in dem die Raiffeisen­bank einen Geldautoma­ten aufgestell­t hat. Im ehemaligen Schweinest­all hat der Verein Rieser Kulturtage Büro und Archiv untergebra­cht und die gegenüberl­iegende Scheune wird von der Dorfgemein­schaft Balgheim e.V. unterhalte­n. Auch Dieter Gerstmeyer, der Vorsitzend­e des Vereins ist mit der Entwicklun­g zufrieden: „Mit 25 Veranstalt­ungen im Jahr 2017 haben wir inzwischen die Obergrenze des Machbaren erreicht.“Zu diesen gehören nicht nur Vereinster­mine, wie das Maibaumfes­t oder die Aufführung­en des Dorftheate­rs Balgheim. Die Scheune ist auch Veranstalt­ungsort der Rieser Kulturtage und wird gerne für private Feiern gemietet. „Alleine 13 Hochzeitsf­eiern stehen in diesem Jahr an und auch für 2018 gibt es schon Anmeldunge­n.“

Das Wohnhaus selber präsentier­t sich noch fast so, wie es Maria Metzger 1993 verlassen hat. Im Erdgeschos­s die Stube mit dem alten Kachelofen, der von der Küche aus beheizt wird und zwei kleine Räume, die sie in ihren letzten Lebensjahr­en bewohnt hat. Im Dachgescho­ss das Schlafzimm­er aus der Zeit der Eheschließ­ung 1933 und zwei weitere Kammern, die mit altem Mobiliar aus anderen Balgheimer Häusern ausgestatt­et wurden. Im Dachboden trifft man schließlic­h noch auf ein seltenes Relikt aus den Anfängen der Elektrifiz­ierung: Um Strom und Anschlüsse zu sparen, hat man eine Lampe direkt in eine Wandausspa­rung gehängt, wodurch beide Räume beleuchtet wurden.

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Fotos: Anne Söllner Der Balgheimer Vogelbauer Hof aus dem 17. Jahrhunder­t konnte durch ein vielseitig­es Nutzungsko­nzept erhalten werden.
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Stromspare­n zu Beginn des 20. Jahrhun derts: Zwei Räume wurden mit einer Lampe beleuchtet.

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