Prophetische Liedzeilen
Da standen sie also, Warren Beatty und Faye Dunaway, Bonnie und Clyde, noch mal zusammen im Rampenlicht, 32 Millionen Menschen schauen zu, es geht um die wichtigste Kategorie bei den Oscars … und sie verbocken es. Auch wenn sie dafür gar nichts konnten, sondern irgendein armer Wicht Schuld war, der weder Bonnie noch Clyde ist, und die Umschläge vertauscht hat. Die falschen Sieger haben sie präsentiert! Moonlight wär’s gewesen, nicht La La Land!
Eigentlich sind sie ja bei den Oscars auf jede Eventualität vorbereitet. Dankt jemand zu lange seiner Mutter, fängt die Band einfach an zu spielen. Sagt jemand was Obszönes, kann die Regie das wegschneiden fürs zartbesaitete Publikum, denn es wird um einige Sekunden zeitversetzt gesendet. Dachte ich immer. Aber wenn jemand den falschen Sieger vorliest für den besten Film, gibt es offensichtlich keine Sicherheitsvorkehrungen. Die Kamera hält minutenlang unbarmherzig drauf. Die vermeintlichen Sieger halten Dankesreden. Müssen den Preis wieder abgeben. Tragen es mit Fassung. Ging ja nur um einen Oscar. Was ein Drama.
Und dann fährt man am Morgen zur Arbeit, und im Radio dudelt „Bonnie und Clyde“von Sarah Connor und Henning Wehland, und der banale Song bekommt plötzlich neue Bedeutung. Wenn der Himmel über dir zerreißt/ Und die ganze Welt dich nur bescheißt/ Steh’n wir zusamm’ / Wie Bonnie und Clyde. Als hätten sie’s gewusst.
Was bleibt denn auch anderes übrig nach so einem Moment? Zusammenstehen, auch wenn der Himmel zerreißt. Wie Bonnie und Clyde. Oder zumindest so ähnlich, denn Bonnie und Clyde starben am Ende im Kugelhagel, das muss ja auch nicht sein. Vielleicht gemeinsam ein Bier trinken, um runterzukommen, das schon eher. Und wenn dein Herz weint / Dann geh’n wir ein’ trinken und ich leih dir meins.
Genau! Da kann man schon mal „weint“auf „meins“reimen, wenn man solche prophetische Gaben besitzt. Doch plötzlich steht die Welt in Flamm’/ Und der Moment wird zur Ewigkeit. Auch das könnte ungefähr hinkommen.