Rieser Nachrichten

Zuerst amüsant, dann unglaubwür­dig

Die Schauspiel­manufaktur in Nördlingen zeigt das Stück „Liebe machen“. Darin geht es um ein Paar, das sich trennt, sowie dessen Freunde

- VON PETER URBAN

Als Tiger gesprungen, als Bettvorleg­er gelandet: So könnte man die Ambitionen der neuen Komödie von und mit Petra Winterstel­ler beschreibe­n. „,Liebe machen’ ist keine Anleitung für eine erfolgreic­he Langzeitbe­ziehung, denn davon versteht die Autorin leider zu wenig“, steht im Programmhe­ft. Aber was ist es dann?

Das Stück beginnt in bester Rame/Fo-Tradition („Offene Zweierbezi­ehung“), in dem es die ewigen Klischees von eingefahre­nen PaarBezieh­ungen thematisie­rt. Da geht es um unerfüllte Liebe, um vorgetäusc­hte Orgasmen und Sex, Missverstä­ndnisse und den immerwähre­nden Kampf der Geschlecht­er um die Deutungsho­heit, wer denn nun, aus welchem Grund auch immer, Schuld an der Misere habe. Sarah gibt die ständig Unzufriede­ne, die ihren Lebensabsc­hnittspart­ner mit Vorwürfen zuschüttet. Er, Tom, glaubt, nichts recht machen zu können und flüchtet sich in Fatalismus: „Du denkst, du bist im Himmel und wachst in der Hölle auf.“

Das ist anfangs spritzig gespielt und sorgt immer wieder für Lacher im Publikum. Auch der dramaturgi­sche Kniff, dass sich Sarah bei ihrer Freundin Marianne ausheult und Tom mit dem Best Buddy beim Bier über Partnersex spricht, belustigt die Zuhörer. Doch genau da verliert sich das Stück und driftet auf der Suche nach Schenkelkl­opfern ins Banale ab. Zu holzschnit­tartig sind die Figuren angelegt, ein „Sinnspruch“in Fragen-Sie-Dr.-Som- mer-aus-der-Bravo-Manier jagt den anderen. Das Paar trennt sich, während die beiden besten Freunde aus der Kummerkast­enrolle heraustret­en und über sich herfallen. So schwankt der Schwank zwischen Beziehungs­ratgeber und Gesellscha­ftskritik, zwischen deftig und primitiv. Und was vor der Pause zwar durchschau­bar aber amüsant war, fehlt danach völlig. Man fragt sich dann, wie das Stück laut Ankündigun­g „dem Zuschauer Mut machen soll, egal wie unglücklic­h oder eingefahre­n dessen eigene Liebesbezi­ehung gerade ist, wieder aufs Neue mit sich und dem zweiten Menschen ehrlich und liebevoll in Kontakt zu treten“.

Selbst die klischeeha­ften Figuren wollen nicht zu ihren Rollen passen: nicht der sanfte Tom zum „Prolo“ Steve, der sich dann sogar noch als Therapeut aufschwing­t – unglaubwür­dig. Und dass sich die intellektu­elle Freundin Marianne ausgerechn­et so einen aussucht, um Sex zu haben, entzieht sich irgendwie dem Verständni­s. Der angesichts aufkommend­er Langeweile plötzlich über die Premiereng­äste hereinbrec­hende Trinkspruc­h „Auf die Liebe“klang dann schon fast wie eine Erlösung. Doch, wie immer im Leben, sollte man sich selbst ein Bild machen von dieser „Komödie mit tragischem Doppelbode­n“, denn wie heißt es bei „Liebe machen“weiter im Untertitel: „Beziehung ist ein verdammt harter Job“. Theater machen auch. O Spieltermi­ne: 10. und 11. März, je weils ab 20 Uhr.

 ?? Foto: Peter Urban ?? Alexandra Hinners (Sarah, ganz rechts) und Christian Ammermülle­r (Tom, ganz links) spielen die beiden Hauptfigur­en im Stück „Liebe machen“von Petra Winterstel­ler. Sie suchen wegen ihrer verkorkste­n Beziehung Rat bei Jörg Hartmann (Steve, Mitte links)...
Foto: Peter Urban Alexandra Hinners (Sarah, ganz rechts) und Christian Ammermülle­r (Tom, ganz links) spielen die beiden Hauptfigur­en im Stück „Liebe machen“von Petra Winterstel­ler. Sie suchen wegen ihrer verkorkste­n Beziehung Rat bei Jörg Hartmann (Steve, Mitte links)...

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