Das Biber Dilemma
In Schmähingen gibt es mindestens 30 Nager, sagt Ortssprecher Heinrich Burger. Warum er sich so über die Tiere ärgert und was der Kreisobmann des Bauernverbandes fordert
Am Schmähinger Badeweiher lässt es sich im Sommer gut aushalten. Wenn die Sonne vom Himmel herunter brennt, kann man dort auf der Wiese faulenzen, hin und wieder in den Weiher steigen, weiter faulenzen. Jetzt, im Vorfrühling, macht sich der Mensch rar, der tierische Fan des Weihers, der Biber, dagegen nicht. Sehr zum Missfallen von Ortssprecher Heinrich Burger. Er hat sein Auto unweit des Badegewässers abgestellt, läuft zu einer großen rot-weißen Absperrung. Links und rechts davon ist ein Bach zu sehen, der aus seinem Lauf ausgebrochen ist. „Das war alles wunderschön mit Sträuchern und Büschen bewachsen, jetzt ist alles weg“, ärgert sich Burger und deutet nach rechts in Richtung Kiosk. Bis zum Quellgebiet weiter links zählt er vier Biberdämme. Im gesamten Gebiet des Nördlinger Stadtteils gibt es noch weit mehr. Mindestens 30 Nager leben in Schmähingen, schätzt der Ortssprecher. Mitten im Dorf habe eine Bürgerin sogar schon einen Biber auf der Straße fotografiert. „Es ist nicht so, dass ich was gegen die Tiere habe. Aber es sind einfach zu viele.“
Der Kreisobmann des Bayerischen Bauernverbandes, Karlheinz Götz, wählt deutlichere Worte: Die Biber müssten „enorm dezimiert“werden. Allein im Ries gebe es mittlerweile rund 1000 Tiere, schimpft der Landwirt. Seine Forderung untermauert er mit diesen Argumenten: Die Biber stauten mit ihren Dämmen die Bäche auf. Deshalb könnten die Dränagen unter den Feldern nicht richtig arbeiten, die Wiesen und Äcker würden nass. Andere Grundstücke würden komplett überflutet, weil das Wasser in den Bächen nicht ablaufen könne. Zudem sei mehr Dreck in den Flüssen – weil der Biber die Uferbefestigungen abfresse. Nicht zuletzt seien die unterirdischen Biberburgen meterlang, teils auch unter Straßen. Was, wenn die einmal durchbrechen würden, fragt Götz: „Ich hab da große Angst, dass etwas passiert.“Das Landratsamt unternehme zu wenig, ärgert sich der Kreisobmann, deshalb könne sich der Biber derart vermehren. „Wir müssen jetzt eine schnelle Lösung finden.“
Das Problem ist: Der Biber ist ein besonders streng geschütztes Tier. Volker Geiß, Leiter der Naturschutzbehörde am Landratsamt, sagt, er müsse sich an die Gesetze halten. Die geben nun einmal vor, dass das Tier grundsätzlich nicht gefangen, verletzt oder getötet werden dürfe. Nur in Ausnahmefällen habe das Landratsamt bereits entsprechende Genehmigungen erteilt – allerdings nicht in Schmähingen. Doch dort gebe es für Gebiet beim Badeweiher eine Genehmigung, wonach unter gewissen Voraussetzungen Biberdämme entfernt werden könnten. Die Gesetze sähen keine „Obergrenze“oder „Quote“für Biber vor, so Geiß. Allerdings habe der Nager ein starkes Revierverhalten. Eine Burg werde nur von höchstens vier Tieren bewohnt – einem Elternpaar und zwei Jungen. Komme der nächste Nachwuchs, müsse der ältere gehen. Gegen andere Artgenossen werde das Revier vehement verteidigt. Geiß kann die Landwirte verstehen, verweist auf die Ausgleichszahlungen, die ihnen zustünden. Im Gegensatz übrigens zum Gartenfreund. Werde dessen Kirschbaum vom Biber gefällt, bekomme er kein Geld aus dem Biberfonds, so Geiß.
Einen ganz anderen Blick auf das Thema hat Heiner Holl vom Bund Naturschutz: „Die Menschen denken nur an ihren egoistischen Profit.“Man könne doch mit den Bibern wirklich auskommen. Zum einen, weil die Tiere sich nicht unendlich vermehren und sogar gegenseitig vertreiben würden. Zum anderen, weil es ja im Zweifel Entschädigungszahlungen gebe. Und bei einer echten Beeinträchtigung könne man sich an den Bibermanager wenden und eine Lösung finden. Beispielsweise die, dass man ein langes Rohr durch den Biberdamm bohrt, über dass das Wasser abfließen kann.