Was ist eigentlich Respekt?
Wir leben scheinbar in einer Zeit, in der ganz allgemein der Respekt verloren geht. Sei es im Straßenverkehr, im Umgang mit staatlichen Behörden, vor Gericht oder gegenüber der Polizei, in der Schule und sogar in den Familien – überall wird mangelnder Respekt beklagt. Auch in unserer Zeitung bieten wir der Diskussion zu diesem Thema eine Bühne. Aber was ist eigentlich Respekt?
Wenn man vom reinen Wortsinn ausgeht, dem lateinischen respectare,
dann bedeutet es nichts anderes als „zurückschauen, hinter sich blicken“. In unserem Wortschatz hat sich der Begriff noch um eine symbolische Komponente erweitert, in dem Sinne, dass man nicht nur sich selbst und seine eigenen Interessen im Blick behält, sondern auch die der anderen. Interessanterweise beschweren sich viele, die lauthals Respekt für sich und ihre Sache fordern, über die angeblich überbordende „political correctness“.
In manchen Kreisen ist das Wort zum Kampfbegriff geworden, mit dem die liberale Gesellschaftsordnung attackiert wird. Man muss es mit der „political correctness“sicher nicht übertreiben. Wir verwenden in unseren Texten auch keine Gender-Sternchen und schreiben in der Regel den männlichen Plural aufs Papier, selbst dann, wenn wir die Gesamtheit etwa der Bürger oder der Schüler meinen. Und man darf durchaus in diesem Land Ausländer und Asylbewerber für Fehlverhalten kritisieren, ohne in die berühmte rechte Ecke gestellt zu werden.
Es ist nicht verkehrt, im Umgang mit anderen Menschen eine gewisse Korrektheit und Höflichkeit an den Tag zu legen.
Im Grunde beschreibt „political correctness“ja nichts anderes als Respekt gegenüber den Anliegen und Befindlichkeiten von Minderheiten und Andersdenkenden. Das muss nicht zur Selbstaufgabe führen, ist in seinem Prinzip aber die Voraussetzung für ein friedliches Zusammenleben.