Rieser Nachrichten

Was ist eigentlich Respekt?

- VON STEFAN REINBOLD Political correctnes­s redaktion@rieser nachrichte­n.de

Wir leben scheinbar in einer Zeit, in der ganz allgemein der Respekt verloren geht. Sei es im Straßenver­kehr, im Umgang mit staatliche­n Behörden, vor Gericht oder gegenüber der Polizei, in der Schule und sogar in den Familien – überall wird mangelnder Respekt beklagt. Auch in unserer Zeitung bieten wir der Diskussion zu diesem Thema eine Bühne. Aber was ist eigentlich Respekt?

Wenn man vom reinen Wortsinn ausgeht, dem lateinisch­en respectare,

dann bedeutet es nichts anderes als „zurückscha­uen, hinter sich blicken“. In unserem Wortschatz hat sich der Begriff noch um eine symbolisch­e Komponente erweitert, in dem Sinne, dass man nicht nur sich selbst und seine eigenen Interessen im Blick behält, sondern auch die der anderen. Interessan­terweise beschweren sich viele, die lauthals Respekt für sich und ihre Sache fordern, über die angeblich überborden­de „political correctnes­s“.

In manchen Kreisen ist das Wort zum Kampfbegri­ff geworden, mit dem die liberale Gesellscha­ftsordnung attackiert wird. Man muss es mit der „political correctnes­s“sicher nicht übertreibe­n. Wir verwenden in unseren Texten auch keine Gender-Sternchen und schreiben in der Regel den männlichen Plural aufs Papier, selbst dann, wenn wir die Gesamtheit etwa der Bürger oder der Schüler meinen. Und man darf durchaus in diesem Land Ausländer und Asylbewerb­er für Fehlverhal­ten kritisiere­n, ohne in die berühmte rechte Ecke gestellt zu werden.

Es ist nicht verkehrt, im Umgang mit anderen Menschen eine gewisse Korrekthei­t und Höflichkei­t an den Tag zu legen.

Im Grunde beschreibt „political correctnes­s“ja nichts anderes als Respekt gegenüber den Anliegen und Befindlich­keiten von Minderheit­en und Andersdenk­enden. Das muss nicht zur Selbstaufg­abe führen, ist in seinem Prinzip aber die Voraussetz­ung für ein friedliche­s Zusammenle­ben.

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