Unterwegs für die Sicherheit
Die Nördlinger Sicherheitswacht zieht durch die Stadt im Auftrag von Recht und Ordnung. Nicht alle Bürger sehen das positiv. Die Polizei schon – und sucht deshalb Verstärkung
Ein undankbarer Tag. Regen, Wind, kalte Luft. Die meisten Menschen würden sich an so einem Abend auf ihr Sofa unter eine dicke Wolldecke kuscheln. Nicht Waltraud und Maria.
Die beiden Frauen sind im Auftrag der Sicherheitswacht auf den Straßen unterwegs. Meistens in Nördlingen, manchmal in Oettingen. Sie sind das Auge der Polizei auf den Straßen. Sie kontrollieren, sie beobachten. Heute steht eine Routinetour an. Das heißt: Durch die Stadt laufen und nach möglichen Verbrechen und Ordnungswidrigkeiten Ausschau halten. Nach einer kurzen Besprechung mit den Beamten in der Nördlinger Dienststelle ziehen Waltraud und Maria los.
Der Himmel verdunkelt sich, als die Frauen aufbrechen. Es wird Zeit. Heute gab es von der Polizei keine bestimmten Wünsche oder Hinweise, verraten die beiden. Den Weg durch die Stadt dürfen sie sich also selbst suchen. Von der Polizeiinspektion aus geht es über den Schäfflesmarkt in Richtung Daniel. „Sieht alles ruhig aus“, sagt Maria. Waltraud gibt den weiteren Weg vor.
Ihren vollen Namen wollen die Frauen lieber nicht in der Zeitung lesen. Denn nicht alle Bürger freuen sich, wenn ihnen die Mitglieder der Sicherheitswacht auf den Straßen begegnen. „Manche Leute halten uns für Politessen“, erzählt Maria, die seit zehn Jahren dabei ist. „Und niemand will gerne einen Strafzettel.“
Es geht vorbei an der Sparkasse – es könnte sich ja jemand an den Bankautomaten zu schaffen machen – hin zum Innenhof der Stadtbibliothek, einem der „Brennpunkte“, wie die Frauen ihn nennen. Häufig würden hier Alkoholabhängige sitzen und trinken, obwohl das dort verboten ist. Heute aber nicht, die Bänke sind nass. „Die Toiletten“, sagt Waltraud und gibt ein Zeichen zu folgen. Wenn es draußen kalt sei, würden sich dort oft Menschen aufhalten und trinken. Normale Toilettengänger würde das verschrecken. Waltraud öffnet jede Kabinentür. „Nichts“, sagt sie. Es kann weiter gehen.
Etwa zehn Stunden im Monat sind die Mitglieder der Sicherheitswacht unterwegs. Immer zu zweit, aber stets in anderer Zusammensetzung. Rund zwei Stunden Zeit nehmen sich die Polizei-Helfer für eine Tour durch die Stadt. Dafür werden sie mit einer Aufwandsentschädigung von acht Euro pro Stunde entlohnt.
Doch darum geht es Waltraud und Maria nicht. Sie wollen helfen. Die Menschen sollen sich auf den Straßen sicher fühlen, wenn sie nachts alleine unterwegs sind. Und die Frauen wollen verhindern, dass Vandalen die Stadt beschmutzen oder Sachen zerstören. Konflikte zu lösen, sei dabei nicht die Aufgabe der Sicherheitswacht, erzählt Maria, während der Weg der beiden durch die Baldinger Straße in Richtung Bäumlesgraben führt. Wenn es brenzlig wird, können die Frauen jederzeit über ein Funkgerät eine Streife der Polizei zur Unterstützung rufen. Angegriffen wurden sie zum Glück noch nie, doch kritische Situationen hätten sie schon erlebt. Einmal, erinnert sich Maria, habe es einen schlimmen Streit mehrerer Männer gegeben. Die hätten mit Flaschen geworfen und wären aufeinander losgegangen. Da könne die Sicherheitswacht nicht eingreifen. „Wir sind ja keine Bürgerwehr“, meint Maria. Zum Eigenschutz tragen die Frauen lediglich Pfefferspray bei sich.
Die Sonne ist mittlerweile untergegangen. Mit einer Taschenlampe erleuchtet Waltraud den Weg. Einer der weiteren Brennpunkte sind die Parkhäuser der Stadt, sagen die Frauen. Vor allem am Berger Tor würden sich gerne die Jugendlichen treffen und feiern, deshalb machen die Wächterinnen auf ihrer heutigen Runde einen Abstecher weg von der Stadtmauer. Ob sie keine Angst haben, alleine durch das dunkle, verwaiste Parkhaus zu laufen? „Wer Angst hat, ist bei der Sicherheitswacht falsch“, sagt Waltraud. Im Parkhaus ist es ruhig. Die Frauen sind glücklich. Man merke, dass die ständige Präsenz Wirkung zeige.
Auch bei der Nördlinger Polizei ist man zufrieden mit der Arbeit der Freiwilligen. „Das ist gelebte Zivilcourage“, sagt Polizeichef Walter Beck, der deshalb nun nach Verstärkung für die Sicherheitswacht sucht. Schließlich würden die Helfer durch ihre Kontrollgänge nicht nur Einbrecher und andere Kriminelle abschrecken, sondern sie wären auch eine Art Bindeglied zwischen der Polizei und den Bürgern. „Viele Leute kommen mit ihren Anliegen zu uns, wenn wir unterwegs sind“, bestätigt Maria, während sie mit Waltraud den Weg zum Bahnhof einschlägt. Die Leute, an denen die Frauen vorbeikommen, grüßen freundlich. „Wir werden von fast jedem respektiert“, sagt Waltraud. „Auch von Jugendlichen.“Dass es bald mehr Unterstützung für die Sicherheitswacht geben soll, freut die beiden, deren Runde sich langsam dem Ende nähert. Heute gab es nichts zu beanstanden – eigentlich eine gute Sache. Doch etwas spannender ist es schon, wenn etwas passiert, geben Waltraud und Maria zu.