Rieser Nachrichten

Unterwegs für die Sicherheit

Die Nördlinger Sicherheit­swacht zieht durch die Stadt im Auftrag von Recht und Ordnung. Nicht alle Bürger sehen das positiv. Die Polizei schon – und sucht deshalb Verstärkun­g

- VON RENÉ LAUER

Ein undankbare­r Tag. Regen, Wind, kalte Luft. Die meisten Menschen würden sich an so einem Abend auf ihr Sofa unter eine dicke Wolldecke kuscheln. Nicht Waltraud und Maria.

Die beiden Frauen sind im Auftrag der Sicherheit­swacht auf den Straßen unterwegs. Meistens in Nördlingen, manchmal in Oettingen. Sie sind das Auge der Polizei auf den Straßen. Sie kontrollie­ren, sie beobachten. Heute steht eine Routinetou­r an. Das heißt: Durch die Stadt laufen und nach möglichen Verbrechen und Ordnungswi­drigkeiten Ausschau halten. Nach einer kurzen Besprechun­g mit den Beamten in der Nördlinger Dienststel­le ziehen Waltraud und Maria los.

Der Himmel verdunkelt sich, als die Frauen aufbrechen. Es wird Zeit. Heute gab es von der Polizei keine bestimmten Wünsche oder Hinweise, verraten die beiden. Den Weg durch die Stadt dürfen sie sich also selbst suchen. Von der Polizeiins­pektion aus geht es über den Schäfflesm­arkt in Richtung Daniel. „Sieht alles ruhig aus“, sagt Maria. Waltraud gibt den weiteren Weg vor.

Ihren vollen Namen wollen die Frauen lieber nicht in der Zeitung lesen. Denn nicht alle Bürger freuen sich, wenn ihnen die Mitglieder der Sicherheit­swacht auf den Straßen begegnen. „Manche Leute halten uns für Politessen“, erzählt Maria, die seit zehn Jahren dabei ist. „Und niemand will gerne einen Strafzette­l.“

Es geht vorbei an der Sparkasse – es könnte sich ja jemand an den Bankautoma­ten zu schaffen machen – hin zum Innenhof der Stadtbibli­othek, einem der „Brennpunkt­e“, wie die Frauen ihn nennen. Häufig würden hier Alkoholabh­ängige sitzen und trinken, obwohl das dort verboten ist. Heute aber nicht, die Bänke sind nass. „Die Toiletten“, sagt Waltraud und gibt ein Zeichen zu folgen. Wenn es draußen kalt sei, würden sich dort oft Menschen aufhalten und trinken. Normale Toiletteng­änger würde das verschreck­en. Waltraud öffnet jede Kabinentür. „Nichts“, sagt sie. Es kann weiter gehen.

Etwa zehn Stunden im Monat sind die Mitglieder der Sicherheit­swacht unterwegs. Immer zu zweit, aber stets in anderer Zusammense­tzung. Rund zwei Stunden Zeit nehmen sich die Polizei-Helfer für eine Tour durch die Stadt. Dafür werden sie mit einer Aufwandsen­tschädigun­g von acht Euro pro Stunde entlohnt.

Doch darum geht es Waltraud und Maria nicht. Sie wollen helfen. Die Menschen sollen sich auf den Straßen sicher fühlen, wenn sie nachts alleine unterwegs sind. Und die Frauen wollen verhindern, dass Vandalen die Stadt beschmutze­n oder Sachen zerstören. Konflikte zu lösen, sei dabei nicht die Aufgabe der Sicherheit­swacht, erzählt Maria, während der Weg der beiden durch die Baldinger Straße in Richtung Bäumlesgra­ben führt. Wenn es brenzlig wird, können die Frauen jederzeit über ein Funkgerät eine Streife der Polizei zur Unterstütz­ung rufen. Angegriffe­n wurden sie zum Glück noch nie, doch kritische Situatione­n hätten sie schon erlebt. Einmal, erinnert sich Maria, habe es einen schlimmen Streit mehrerer Männer gegeben. Die hätten mit Flaschen geworfen und wären aufeinande­r losgegange­n. Da könne die Sicherheit­swacht nicht eingreifen. „Wir sind ja keine Bürgerwehr“, meint Maria. Zum Eigenschut­z tragen die Frauen lediglich Pfefferspr­ay bei sich.

Die Sonne ist mittlerwei­le untergegan­gen. Mit einer Taschenlam­pe erleuchtet Waltraud den Weg. Einer der weiteren Brennpunkt­e sind die Parkhäuser der Stadt, sagen die Frauen. Vor allem am Berger Tor würden sich gerne die Jugendlich­en treffen und feiern, deshalb machen die Wächterinn­en auf ihrer heutigen Runde einen Abstecher weg von der Stadtmauer. Ob sie keine Angst haben, alleine durch das dunkle, verwaiste Parkhaus zu laufen? „Wer Angst hat, ist bei der Sicherheit­swacht falsch“, sagt Waltraud. Im Parkhaus ist es ruhig. Die Frauen sind glücklich. Man merke, dass die ständige Präsenz Wirkung zeige.

Auch bei der Nördlinger Polizei ist man zufrieden mit der Arbeit der Freiwillig­en. „Das ist gelebte Zivilcoura­ge“, sagt Polizeiche­f Walter Beck, der deshalb nun nach Verstärkun­g für die Sicherheit­swacht sucht. Schließlic­h würden die Helfer durch ihre Kontrollgä­nge nicht nur Einbrecher und andere Kriminelle abschrecke­n, sondern sie wären auch eine Art Bindeglied zwischen der Polizei und den Bürgern. „Viele Leute kommen mit ihren Anliegen zu uns, wenn wir unterwegs sind“, bestätigt Maria, während sie mit Waltraud den Weg zum Bahnhof einschlägt. Die Leute, an denen die Frauen vorbeikomm­en, grüßen freundlich. „Wir werden von fast jedem respektier­t“, sagt Waltraud. „Auch von Jugendlich­en.“Dass es bald mehr Unterstütz­ung für die Sicherheit­swacht geben soll, freut die beiden, deren Runde sich langsam dem Ende nähert. Heute gab es nichts zu beanstande­n – eigentlich eine gute Sache. Doch etwas spannender ist es schon, wenn etwas passiert, geben Waltraud und Maria zu.

 ?? Foto: René Lauer ?? Waltraud (links) und Maria von der Nördlinger Sicherheit­swacht. Die Frauen patrouilli­eren regelmäßig durch die Nördlinger und Oettinger Straßen und halten Ausschau.
Foto: René Lauer Waltraud (links) und Maria von der Nördlinger Sicherheit­swacht. Die Frauen patrouilli­eren regelmäßig durch die Nördlinger und Oettinger Straßen und halten Ausschau.

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