Rieser Nachrichten

Streit um Abbruch am Theodor Heuss Gymnasium

Landratsam­t und Abbruch-Unternehme­n werfen sich gegenseiti­g vor, nicht sauber zu arbeiten. Die Verzögerun­gen am Bau könnten wieder einmal Auswirkung­en für die Schüler haben

- VON VERENA MÖRZL

Das Landratsam­t und eine Abbruchfir­ma streiten um Leistungen. Ein Rechtsstre­it droht. Mehr lesen Sie auf

Der Abbruch des Westtreppe­nhauses am Nördlinger Theodor-Heuss-Gymnasium war spektakulä­r. Schulleite­r Robert Böse schreibt im November in der THG-Schulzeitu­ng „Durchblick“von „großem Getöse“und einem „mächtigen Bagger“. Er bediente sich in der Spielzeugk­iste, um den Abbruch bildhaft darzustell­en. Das Treppenhau­s sei „buchstäbli­ch in Einzelteil­e zerlegt worden, als wäre es ein Legotürmch­en“. In der Zwischenze­it ist an der Schule deutlich mehr abgerissen worden, als nur dieses Treppenhau­s. Nun gibt es Probleme auf der Baustelle, wie kürzlich im Bauausschu­ss des Kreistages bekannt geworden ist.

Jede Wand, jede Treppe, ja jedes Waschbecke­n kostet Geld, wird es abgerissen. Um beim Sprachbild des Schulleite­rs zu bleiben: Legostein ist nicht gleich Legostein. Je nach Substanz kostet ein Abbruch mehr oder weniger. Um vorab einen Überblick über das zu bekommen, was abgerissen werden soll, hat das Büro Obel Architekte­n für das Landratsam­t eine Art Liste erstellt, die all die Dinge mit den dazugehöri­gen Preisen aufzeigt, ein sogenannte­s Leistungsv­erzeichnis.

Problem liegt nun darin, dass auf der Nördlinger Baustelle nicht nur das Material zum Vorschein gekommen ist, was in dieser Liste erfasst wurde. An der Decke ist mehr Holz verbaut worden, als angegeben. Der Beton war nicht rein, sondern mit Holzwolle versehen. Wenn man so will, waren nicht nur Legosonder­n auch Playmobils­teine im Spiel. Ganz dicke Brocken. Die Abbruchfir­ma F&R aus dem Saarland aber kann nach eigenen Angaben nicht einfach weitermach­en, sondern muss die Zusatzleis­tungen ebenfalls verrechnen. Das sind die sogenannte­n Nachträge, also Mehrkosten. Und die liegen laut Landratsam­t inzwischen bei rund 500 000 Euro. Mit 400 000 Euro hatte man für den Abbruch am Anfang gerechnet.

Für Joachim Aurnhammer, Teamleiter im Hochbauamt, gleicht die Diskussion mit der Abbruchfir­ma einem Pingpongsp­iel. Ständig gehe es hin und her. „Unnötige“Probleme tauchten auf. Die Abbruchfir­ma wiederum sieht sich, so der Tenor im Bauausschu­ss, ständig vor neue Aufgaben gestellt. Da war beispielsw­eise diese Sache in der Herrentoil­ette, sagt Aurnhammer. Dort sei eine Gipswand zum Vorschein gekommen, von der zuvor keine Rede gewesen sei. Kein Plan hätte darauf hingewiese­n. „Eigentlich sollte das kein Problem sein, dann passt man die Arbeiten eben an“, fügt der Amtsleiter hinzu.

Der Bauleiter der Abbruchfir­ma sieht die Sache ganz anders. Karl Gramsch ist aufgebrach­t und erstaunt, dass der bestehende Vertrag nicht beachtet werde. „Die vielen Defizite kann man doch jetzt nicht auf dem Rücken der Unternehme­r austragen“, sagt der Bauleiter. „Mit einem vernünftig­en Schadstoff­gutachten wäre alles ersichtlic­h gewesen.“Er kritisiert, dass einige Vorleistun­gen nicht gründlich ausgeführt worden sind. Dafür sei der Auftraggeb­er, also das Landratsam­t, verantwort­lich gewesen. Demnach habe es unter anderem vorab keine Absturzsic­herung am Gebäude gegeben. Auch das Leistungsv­erzeichnis des Abbruchs sei unvollstän­dig gewesen. Die Mehrkosten seien gerechtfer­tigt, sagt der Bauleiter immer wieder. In der sogenannte­n Vergabe- und Vertragsor­dnung nach Bauleistun­gen, kurz VOB, werden die Preise erfasst. Gibt es Abweichung­en, hat die Firma Anspruch auf besondere Vergütung.

Vorwürfe, dass das Leistungsv­erzeichnis unvollstän­dig gewesen sein soll, dementiert das Büro Obel ArDas chitekten. Auf Nachfrage unserer Zeitung heißt es, dass es keine Lücken oder gar Fehler gebe. Architekti­n und Bauleiteri­n Verena Schweyer sagte, dass so manche Substanz eben erst während eines Abrisses zum Vorschein kommen würde. „Man kann in geschlosse­ne Decken nicht hineinsehe­n“, sagte sie. „Das geht nur punktuell.“Die Abbruchfir­ma habe deshalb zwar in einigen Punkten Anspruch auf die Mehrkosten. Einige Forderunge­n seien jedoch „uneindeuti­g“.

Das Landratsam­t, so heißt es in der Sitzung, will nicht ohne rechtliche­n Beistand weitermach­en. Die Mehrkosten werde man nicht so hinnehmen. Die Abbruchfir­ma rechtferti­ge die Kosten mit den Bauverzöge­rungen. „Das dürfen wir nicht so stehen lassen“, sagt wiederum Landrat Stefan Rößle. „Wir hoffen, dass wir ein faires Ergebnis erzielen.“Nächste Woche soll es ein weiteres Gespräch geben.

Der Abbruch sollte im Mai beendet sein. Erst dann können die Arbeiten am Rohbau beginnen. Befürchtet wird nun, dass sich auch das verzögern könnte. Das könnte auch bedeuten, dass die Schüler noch länger in den Containern lernen müssen. Die Container kosten im Übrigen pro Monat rund 86 000 Euro.

 ?? Foto: Verena Mörzl ?? Der Schutt liegt sortiert in den früheren Klassenräu­men des Nördlinger Theodor Heuss Gymnasiums. Zur Zeit ist die Abbruchfir­ma nicht auf der Baustelle. Das Landratsam­t will gewisse Leistungen, die nachträgli­ch angefallen sind, noch besprechen. Dem...
Foto: Verena Mörzl Der Schutt liegt sortiert in den früheren Klassenräu­men des Nördlinger Theodor Heuss Gymnasiums. Zur Zeit ist die Abbruchfir­ma nicht auf der Baustelle. Das Landratsam­t will gewisse Leistungen, die nachträgli­ch angefallen sind, noch besprechen. Dem...

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