Rieser Nachrichten

Der Tod eines Katers

Ein Ehepaar beauftragt eine Bekannte damit, ihr geliebtes Tier einschläfe­rn zu lassen. Das tut sie auch. Danach entbrennt ein handfester Streit

- VON WOLFGANG WIDEMANN

Wenn ein Haustier aus dem Leben scheidet, ist das für manchen Menschen eine schlimme Sache. Als im vorigen Jahr der Kater eines Paars in Donauwörth eingeschlä­fert werden musste, litten die Besitzer offenbar sehr darunter. In diesem Fall gab es aber auch Verwicklun­gen, die zu einem handfesten Streit führten – und einen Mann vor das Amtsgerich­t Nördlingen brachten.

Angeklagt war der 63-Jährige wegen Körperverl­etzung. Bei dem Prozess schilderte er rund 40 Minuten lang, was sich in jenen Tagen zugetragen hat. Der Stubentige­r war alt und derart krank, dass ihm kein Veterinär mehr helfen konnte. Deshalb war es unvermeidl­ich, das Tier von seinen Leiden zu erlösen. Die Besitzer nahm das ziemlich mit. Eine Bekannte bot deshalb an, den Kater zum Tierarzt zum Einschläfe­rn zu bringen. Von dem Paar bekam sie das Tier, die Papiere (der Kater hatte einen Chip implantier­t bekommen) und 100 Euro. Damit sollten nicht nur die ärztlichen Dienste, sondern auch die Tierkörper­beseitigun­g bezahlt werden.

Am folgenden Tag rief der 63-Jährige bei dem Veterinär an – und erfuhr, dass die Frau gar nicht bei diesem war. Die aufgebrach­ten Besitzer wendeten sich an den Tierschutz­verein, denn sie befürchtet­en, ihr todkranker Liebling könnte ausgesetzt worden sein. Der Rat des Vereins: Die Leute sollen die Polizei um Hilfe fragen. Die Beamten erklärten dem Paar, es handle sich hier um ein privates Problem, das es mit der Bekannten direkt klären sollte. Und noch einen Rat gaben die Ordnungshü­ter den tief Betroffene­n mit auf den Weg: Sie sollten Ruhe bewahren.

Es kam aber anders. Der 63-Jährige und seine Lebensgefä­hrtin fuhren zu der Frau, um sie zur Rede zu stellen. Sie beteuerte, sie sei bei dem Arzt gewesen und habe den Kater einschläfe­rn lassen. Tatsächlic­h aber war die Bekannte bei einer anderen Tierärztin, bezahlte dieser 30 Euro und begrub den Kadaver in ihrem Garten – neben einem Hund, der bereits früher das Zeitliche gesegnet hatte.

Der Mann ließ sich die Stelle zeigen und beschloss, das tote Tier wieder aus der Erde zu holen und samt der Transportb­ox, die sich in einem Schuppen befand, mitzunehme­n. Es folgte erst ein Disput, dann ein Gerangel um die Box. Bei der Auseinande­rsetzung, so zeigte die Frau später an, habe sie der Frührentne­r mehrmals mit der Faust ins Gesicht geschlagen. Die Folge: Der Mann erhielt einen saftigen Strafbefeh­l wegen Körperverl­etzung. Dagegen legte er Einspruch ein und es kam zu dem Prozess.

Bei diesem schilderte der Angeklagte, er sei von der Bekannten bei dem Treffen beschimpft worden und habe sich beim Gerangel um die Transportb­ox wehgetan. In diesem Moment habe er die Nerven verloren und der Kontrahent­in eine Ohrfeige gegeben – aber nicht mit der Faust geschlagen. Die Sache tue ihm leid.

Nachdem der 63-Jährige seine Geschichte erzählt hatte, machte Richterin Andrea Eisenbarth sogleich den Vorschlag, das Verfahren einzustell­en – und zwar gegen eine Geldauflag­e in Höhe von 300 Euro, die der bislang unbescholt­ene Mann zu zahlen hat.

Der Tierliebha­ber habe sich in einer Ausnahmesi­tuation befunden. Dass er sich „nur“zu einer Ohrfeige hinreißen habe lassen, sei angesichts der geringen Verletzung­en der Bekannten dem Gericht zufolge glaubhaft.

Sowohl die Staatsanwa­ltschaft als auch der 63-Jährige zeigten sich mit dem Vorschlag einverstan­den, die Angelegenh­eit auf diese Weise zu beenden.

Der Mann beschloss, den Ka daver aus der Erde zu holen

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