Rieser Nachrichten

Ein Bild der Verwüstung

Einen Tag nach dem Tornado in Kürnach ziehen die Einsatzkrä­fte ein erstes Fazit. Wie die Gemeinde nun zusammenhä­lt

- (mit AZ)

Erst am Morgen danach wagt sich in Kürnach (Landkreis Würzburg) Ernst Weber vorsichtig aus dem Haus, um die Schäden auf dem Dach zu begutachte­n. Der alte Herr ist nicht mehr so gut zu Fuß und noch geschockt von den Geschehnis­sen am Abend zuvor. „Ich bin jetzt 82 Jahre alt. Aber so etwas habe ich noch nicht erlebt“, sagt er. Er meint den Tornado. Immer wieder blickt er auf das Hausdach der Nachbarn, das der Wirbelstur­m beinahe komplett abgedeckt hat. In der Theodor-Heuss-Straße in Kürnach hat der Sturm am späten Donnerstag­nachmittag eine zweieinhal­b Kilometer lange Schneise der Verwüstung geschlagen. Die Bilder erinnern an Affing, die Gemeinde im Landkreis Aichach-Friedberg, die im Mai 2015 von einem Wirbelstur­m heimgesuch­t wurde.

Laut Feuerwehr gab es in Kürnach Schäden an 53 Häusern und auf 85 Grundstück­en. Gartenzäun­e wurden zerfetzt, Dächer abgedeckt und Autos demoliert. Ein Anwohner vermisst sechs Bäume: „Die sind nicht abgeknickt oder entwurzelt. Sie sind einfach weg, aus dem Boden gezogen wie Zahnstoche­r“, sagt er. Verletzt wurde bei dem Tornado wie durch ein Wunder niemand. Die Schadenssu­mme lässt sich noch nicht beziffern.

Noch in der Nacht begannen in Kürnach die Aufräumarb­eiten. „Niemand musste evakuiert werden, das ist der guten Koordinati­on und der großen Hilfsberei­tschaft zu verdanken“, sagt die stellvertr­etende Bürgermeis­terin Sieglinde Bayerl. Der Zusammenha­lt der Kürnacher ist auch am Tag nach dem gewaltigen Sturm überall spürbar. Die Straße ist gesäumt von Firmenwage­n der Dachdecker­firmen aus der Umgebung, die Bauhofmita­rbeiter unterstütz­en die Betroffene­n und Bürgermeis­ter Thomas Eberth trägt seine Feuerwehrj­acke über dem Hemd und verteilt Pizzen an die Einsatzkrä­fte. Auch Nachbarn helfen mit. „Die Hilfsberei­tschaft war der Wahnsinn“, sagt Martin Falger, Feuerwehrm­ann und Kreisberei­tschaftsle­iter des Bayerische­n Roten Kreuzes.

Am Donnerstag­abend hatte Landrat Eberhard Nuß den Katastroph­enfall ausgerufen. Mit der Feststellu­ng des Katastroph­enfalls, der am Freitagmit­tag wieder aufgehoben wurde, wurde nicht nur die Koordinati­on der Hilfsaktio­n erleichter­t. Auch die Finanzieru­ng des Hilfseinsa­tzes wird nun vom Freistaat Bayern übernommen, heißt es in einer Pressemitt­eilung des Landratsam­tes.

Am wohl stärksten vom Tornado betroffen war eine Feldscheun­e. Das Dach der Halle wurde komplett abgedeckt, die darauf befindlich­e Fotovoltai­kanlage auf die Felder verstreut, die darin stehenden Maschinen teilweise zerstört. „Der Schaden geht wahrschein­lich in die Hunderttau­send“, sagt Besitzer Alfons Heinrich völlig entgeister­t. „Wer denkt denn auch, dass es so etwas bei uns gibt.“

An ihn und die ganze Gemeinde Kürnach richtet sich die Zusage des Landrates Eberhard Nuß: „Ich versichere, dass der Landkreis die Gemeinde Kürnach bei der Schadensre­gulierung nicht im Stich lassen wird.“

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