Rieser Nachrichten

Marcel H. tötete aus Mordlust

Drei Tage war der 19-Jährige auf der Flucht. Dann stellte er sich. Nun ist bekannt, dass er nicht nur Jaden, sondern auch einen Bekannten kaltblütig und brutal ermordet hat

- (dpa, afp) Rupert Huber

Erleichter­ung. Kaum ein Wort fällt schneller und öfter an diesem Freitag in Herne. Der mutmaßlich­e Kindermörd­er Marcel H. ist gefasst. Am Donnerstag­abend stellte sich der 19-Jährige in einem griechisch­en Imbiss im Stadtteil Baukau, gut fünf Kilometer vom Fundort der Leiche des neunjährig­en Jaden entfernt. Doch gleichzeit­ig herrscht auch neues Entsetzen. Denn ein weiterer Mensch ist gestorben.

Der Tatverdäch­tige hatte selbst einen Hinweis auf eine brennende Wohnung gegeben, nur rund 300 Meter vom Imbiss entfernt. Wenig später fand die Feuerwehr die Leiche eines Mannes im ersten Obergescho­ss eines Mehrfamili­enhauses. Inzwischen ist klar, dass es sich bei dem Toten um einen 22-Jährigen handelt. Er war ein ehemaliger Mitschüler des 19-jährigen H. Er ist sein zweites Opfer.

Am Abend nach dem Mord an Jaden suchte H. bei seinem alten Klassenkam­eraden Unterschlu­pf und bekam ihn. Die beiden Männer spielten zusammen Computer, aßen etwas und legten sich dann schlafen. Am nächsten Morgen konfrontie­rte der 22-Jährige H. mit der Tat und wollte zur Polizei gehen, so schildern es die Ermittler. „Das war sein Todesurtei­l“, sagt Klaus-Peter Lipphaus, Leiter der Bochumer Mordkommis­sion. Mit 68 Messerstic­hen habe H. seinen Bekannten getötet. Bei Jaden hatte die Obduktion 52 Messerstic­he ergeben.

H. ist den Ermittlern zufolge umfassend geständig. Bevor er sich zu dem Mord an Jaden entschloss­en habe, hätte die Bundeswehr seine Bewerbung als Zeitsoldat abgelehnt. Außerdem sei er dabei gewesen, mit seinen Eltern in eine Nachbarsta­dt zu ziehen und befürchtet­e, seinen Internetan­schluss zu verlieren. Die Unmöglichk­eit, keine Computersp­iele im Internet spielen zu können, habe ihn zu Suizidgeda­nken getrieben, sagt Lipphaus. Also habe der 19-Jährige zwei Mal versucht, sich selbst zu töten. Zuerst wollte er sich erhängen; als das nicht funktionie­rte, wollte er sich durch das Anzünden eines Kohlegrill­s in seiner Wohnung das Leben nehmen. Auch das scheiterte. Also ging er zu seinem Nachbarsju­ngen, den er schon lange kannte, klingelte und lockte den Neunjährig­en unter einem Vorwand in sein Haus. Dann stach er zu.

Bei seinem Geständnis wirkt Marcel H. laut Lipphaus eiskalt und emotionslo­s. „Ich habe an wenig von dem, was er sagt, Zweifel“, sagt der Polizeiche­f. H. nenne den Ermittlern gegenüber viele Details. „Er hat ein sehr hohes Erinnerung­svermögen“, sagt Lippmann. Er diktiere den Polizisten praktisch sein Geständnis. Der zuständige Staatsanwa­lt Danyal Maibaum sprach von Mordlust als Motiv. Das Verhalten von H. erweckt nach Maibaums Ansicht den Eindruck, dass der 19-Jährige dringend von einem Gerichtsps­ychiater begutachte­t werden müsse. Weil er sich allerdings gut an die Taten erinnern könne, bezweifelt Maibaum, dass er nicht steuerungs­fähig gewesen sei

Nach seinem zweiten Mord soll H. zwei Tage mit der Leiche seines Bekannten verbracht haben, bevor er sich stellte. Warum er sich stellte? Er habe offensicht­lich keine Alternativ­e mehr gesehen, als sich das Leben zu nehmen oder sich zu stellen, sagt Maibaum.

Der „Thessaloni­ki-Grill“, wo H. am Donnerstag­abend festgenomm­en wurde, ist nur wenige Meter von der Wohnung seines Bekannten entfernt. Der Inhaber Georgios Chaitidis sagt, er habe überhaupt nicht gewusst, um wen es sich handle, als H. seinen Imbiss betrat. „Um 20.10 Uhr kam er rein mit schwarzen Klamotten, Regenschir­m und einem Sack Zwiebeln in der Hand. Er hatte keine Brille auf.“Die Polizei nahm alles mit, was er dabei hatte. Auch ein Handy, das er noch in den Müll geworfen hatte.

Inzwischen ist bekannt, dass er zwar Fotos seiner Taten machte, diese aber nicht ins Netz stellte. Wie die Aufnahmen in Chatforen gelangten, ist unbekannt. vor. Wenn das alles wäre: Sohn Kristian Friedland (Moritz Führmann) hat eine Freundin, die im Rollstuhl sitzt, seine Mutter ist beinamputi­ert und schwer krebskrank. Ja, das ist drehbuchmä­ßig ein bisschen zu viel des Schlechten. Aber für die Schauspiel­er ist „Nachtsicht“eine gemähte Wiesn (wird man in Bremen nicht verstehen), vor allem für Rainer Bock als irrlichter­nden Vater.

Die Frage nach dem Täter wird angesichts der vielleicht etwas überzogene­n, tragischen Familienko­nstellatio­n zur Nebensache. Hauptkommi­ssarin Inga Lürsen (Sabine Postel) trägt wie immer das Beamtentum im Gesicht. Nachdem ja erst für 2019 das Ende des Duos angesagt ist, lohnt es sich noch immer, die Lürsen auf ein Wellness- und Psycho-Seminar mit dem Titel „Wie werde ich entspannte­r“zu schicken.

Kollege Stedefreun­d, der mit dem netten Nachnamen, braucht keine Schulung. Allein sein Lächeln, als die BKA-Kollegin Linda Selb das Kommissari­at betritt, sagt alles.

Einschalte­n, ja! Ausgenomme­n Zuschauer, die überhaupt kein Blut sehen können.

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Foto: Roland Weihrauch, dpa Nachdem Marcel H. einen Bekannten in dessen Wohnung erstochen haben soll, zündete er sie an. Die Spurensich­erung durch suchte noch am Donnerstag­abend den zweiten Tatort.
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Foto: Radio Bremen Mögen sich immer mehr: Stedefreun­d und Kollegin Selb.
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Foto: dpa Im „Thessaloni­ki Grill“von Chaitidis ergab sich Marcel H. Georgios
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Foto: Courtesy of Mark Zuckerberg, dpa Im November 2015 kam Max zur Welt.

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