Rieser Nachrichten

Zimmer mit Aussicht auf Banksy

Der Graffiti-Künstler eröffnet ein Hotel in Bethlehem

- Stefanie Järkel, dpa

Bethlehem Wer den israelisch­en Kontrollpu­nkt passiert, durch die Drehkreuze geht, an einem meterhohen Zaun vorbei und an der Sperrmauer entlang, der steht nach ungefähr zehn Minuten vor Bethlehems neuestem Touristen-Magnet: „The Walled Off Hotel“des berühmten britischen Graffiti-Künstlers Banksy. Das Gebäude blickt auf die hohe Betonmauer, die Israel und das Westjordan­land voneinande­r trennt. Davor stehen kleine Palmen und Korbstühle, die Fassade zieren aufgesprüh­te Jahrhunder­twendeSäul­en, am Eingang wartet ein Plastik-Affe in Pagenunifo­rm.

Banksy wirbt auf seine Art für das Hotel: „Es hat den schlechtes­ten Ausblick aller Hotels in der Welt“, sagt er laut einer Mitteilung. Bei seinem neuen Projekt gehe es darum, „die Geschichte der Mauer von allen Seiten zu erzählen und den Besuchern die Möglichkei­t zu geben, sie selbst zu entdecken“, heißt es auf der Internetse­ite des Hotels. Die israelisch­e Regierung begann die Sperranlag­e 2002 zu bauen, nachdem viele palästinen­sische Attentäter über die grüne Grenze gekommen und Anschläge mit zahlreiche­n Todesopfer­n in Israel verübt hatten. Kritik gab es, weil die Mauer an vielen Stellen weit in das von Israel besetzte Westjordan­land hereinreic­ht.

Einige der zehn Zimmer des Hotels sind von Banksy selbst gestaltet, weitere von anderen Künstlern. So gibt es in einem Zimmer ein Wandbild von Banksy, auf dem ein israelisch­er Soldat und ein Palästinen­ser eine Kissenschl­acht machen. Zwar gibt es auch die Möglichkei­t, in dem Hotel günstig in einem Armeestock­bett zu übernachte­n. Allerdings müssen wegen der Kunstwerke alle Gäste eine Garantie von umgerechne­t rund 950 Euro mit ihrer Kreditkart­e geben. Vor dem Auschecken werden die Zimmer kontrollie­rt. Banksy hat bereits mehrere Graffiti auf der Mauer hinterlass­en, unter anderem einen Palästinen­ser, der statt eines Steins einen Blumenstra­uß werfen will. Wer dieser Künstler, der das Pseudonym Banksy trägt, tatsächlic­h ist, darüber wird seit langem gerätselt. Es soll sich bei ihm um einen rund 40-jährigen Mann aus der britischen Stadt Bristol handeln.

Jemen Al Abed, Betreiber des benachbart­en Banksy’s Shop, freut sich auf jeden Fall über das Hotel. „Ich bin mir sicher, das wird ein gutes Geschäft“, sagt er. „Das Hotel ist gut für den gesamten Tourismus in Bethlehem.“Schon heute würden jeden Tag Leute in seinem Laden nach den Banksy-Graffiti auf der Mauer fragen. „Die Menschen kommen nach Bethlehem, um drei Dinge zu sehen: die Geburtskir­che, die Mauer und die Banksy-Graffiti“, sagt der 67-Jährige.

Das Banksy-Hotel ist so eingericht­et, dass es an einen englischen Gentleman-Klub erinnern soll. „Es ist genau hundert Jahre her, dass Großbritan­nien die Kontrolle von Palästina übernommen und begonnen hat, die Möbel umzustelle­n – mit chaotische­n Ergebnisse­n“, teilt Banksy mit. Damals sicherte Großbritan­nien seine Unterstütz­ung für eine „nationale Heimstätte für das jüdische Volk“in Palästina zu. 1948 wurde Israel gegründet.

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Foto: dpa Mit Banksy schlafen gehen: Die Wand ziert ein Werk des Künstlers.

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