Rieser Nachrichten

Justizmini­ster nimmt soziale Medien an die kurze Leine

Gesetzentw­urf Heiko Maas fordert bis zu 50 Millionen Euro Bußgeld, wenn Hasskommen­tare nicht gelöscht werden

- VON BERNHARD JUNGINGER

Berlin Heiko Maas ist der Bundesmini­ster, der auf den sozialen Netzwerken Facebook und Twitter am meisten Aufmerksam­keit erzielt – das geht aus einer vor wenigen Monaten veröffentl­ichten Studie hervor. Im Kampf gegen Hassbotsch­aften im Internet legt Maas sich jetzt mächtig mit den Betreibern genau dieser Netzwerke an. Der Bundesjust­izminister will die Konzerne mit der Androhung drastische­r Bußgelder dazu bringen, strafbare Inhalte schnell zu löschen.

Bis zu 50 Millionen Euro sollen Internetfi­rmen zahlen, wenn sie Hetze und Verleumdun­g auf ihren Seiten dulden. Das sieht der Gesetzentw­urf vor, mit dem der SPD-Politiker für eine breite Diskussion in Politik und Internetwi­rtschaft sorgt. Laut Maas hätten die bisherigen Selbstverp­flichtunge­n der Unternehme­n lediglich „zu ersten Verbesseru­ngen bei der Löschung der strafbaren Inhalte geführt“.

Neueste Zahlen, etwa die der Organisati­on Jugendschu­tz.net, zeigten, dass weiterhin zu wenig und zu langsam gelöscht wird. Von den Inhalten, die Nutzer dem Kurznachri­chtendiens­t Twitter als strafbar meldeten, werde nur ein Prozent tatsächlic­h gelöscht. Bei Facebook sind es 39 Prozent, bei der Plattform Youtube, die zu Google gehört, mittlerwei­le 90 Prozent.

Maas’ Gesetzentw­urf sieht vor, dass es künftig als Ordnungswi­drigkeit gilt, wenn Unternehme­n strafbare Inhalte gar nicht, nur teilweise oder nicht rechtzeiti­g löschen. Die verantwort­lichen Personen könnten mit bis zu fünf Millionen Euro Bußgeld, das Unternehme­n selbst mit bis zu 50 Millionen Euro belegt werden. „Für strafbare Hetze und Verleumdun­g darf in den sozialen Netzwerken genauso wenig Platz sein wie auf der Straße“, sagt Maas.

Die Betreiber sollen verpflicht­et werden, ein leicht erkennbare­s und gut verfügbare­s Verfahren zur Übermittlu­ng von Beschwerde­n anzubieten. Solche Nutzerbesc­hwerden müssten dann dem Entwurf zufolge unverzügli­ch geprüft, offensicht­lich strafbare Inhalte dann innerhalb von 24 Stunden gelöscht werden. Als Beispiel nennt Maas Formulieru­ngen wie „Alle Juden ins KZ und in die Gaskammern“.

Wenn der Fall nicht ganz so klar liegt, soll der fragliche Inhalt binnen sieben Tagen geprüft und gegebenenf­alls aus dem Netz genommen werden. Der Gesetzesen­twurf bezieht sich auf eine ganze Reihe von Tatbeständ­en, die durch Veröffentl­ichungen im Internet gegeben sein könnten – etwa Verleumdun­g oder Volksverhe­tzung.

Über ihr Beschwerde­management müssten die Plattform-Betreiber künftig genau Buch führen und vierteljäh­rlich berichten. Bislang, so kritisiert Maas, hätten die Konzerne die Beschwerde­n von Nutzern nicht ernst genug genommen. „Wir müssen den Druck auf die sozialen Netzwerke erhöhen, um die Unternehme­n bei der Löschung strafbarer Inhalte noch stärker in die Pflicht zu nehmen. Und dafür brauchen wir gesetzlich­e Regelungen“, so Maas. Diese Regeln werde das Bundesamt für Justiz überwachen, wofür 39 zusätzlich­e Stellen notwendig seien. Geschätzte jährliche Kosten: rund 3,7 Millionen Euro.

Zustimmung zum Maas-Vorstoß kam unter anderem aus der Union: „Nach Monaten des Zögerns zieht er die Daumenschr­auben an“, sagt Unionsfrak­tionsvize Nadine Schön (CDU). Auch der Zentralrat der Juden begrüßt das Vorgehen gegen „Volksverhe­tzung, Verherrlic­hung des Nationalso­zialismus sowie Holocaustl­eugnung in sozialen Medien“.

Die Internetbr­anche reagierte mit massiver Kri- tik. Der Digitalver­band Bitkom sagte, mit dem Vorschlag verlagere das Justizmini­sterium staatliche Aufgaben auf privatwirt­schaftlich­e Unternehme­n. Und der Internetve­rband Eco nannte die Frist von 24 Stunden zur Löschung illegaler Inhalte „realitätsf­ern“. Sie fördere eine „wahllose Löschkultu­r“im Netz. Bei Facebook hieß es, der Gesetzentw­urf werde nun geprüft. Von Twitter kam zunächst keine Reaktion.

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Heiko Maas

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