Neues Zuhause Steinhügel
Im Zuge der Bauarbeiten am Wemdinger Tunnel wurden Ersatzlebensräume für Zauneidechsen angelegt. Warum es noch dauern kann, bis diese besiedelt sind
Vielleicht hat sich der ein oder andere schon mal auf dem Weg zur Arbeitsstelle oder in die Altstadt gefragt, was es mit diesen Steinhaufen auf sich hat. Die, die man sieht, wenn man von der Hochwegbrücke Richtung Innenstadt schaut. Diese Steinhügel dienen einem ganz besonderen Zweck. Es sind sogenannte Reptilienhügel. Das Areal an der Hochwegbrücke, zwischen den Eisenbahnschienen und dem Spielplatz im Wohngebiet am Hohen Weg und ein zweiter Komplex etwas außerhalb an der Bundesstraße 25 Richtung Möttingen sind Lebensräume für Zauneidechsen.
Der zuständige Umwelt- und Landschaftsplaner des Projekts, Dr. Ulrich Schliebe, erklärt: „Im Vorfeld zu den Baumaßnahmen am Wemdinger Tunnel hat die Regierung von Schwaben zu Recht Ersatzlebensräume für Zauneidechsen gefordert.“Die Tiere bevorzugen offene Schotterflächen zum Sonnen, sagt Schliebe. Oft sind die Böschungen an Eisenbahngleisen gemäht und die Vegetation ist niedrig. Damit bieten sich dort optimale Lebensbedingungen für Zauneidechsen. Doch wenn der Bahnbereich zum Baugebiet wird, bedeutet das, dass für die Reptilien Ausweichmöglichkeiten gesucht werden müssen.
Vergangenen Sommer wurde das Baufeld am Wemdinger Tunnel abgezäunt und die Eidechsen wurden abgesammelt, sagt Schliebe. Die Zauneidechsen, die sich im Baufeld befanden, leben jetzt in einem Ersatzlebensraum an der Nürnberger Straße. „Die beiden neuen Komplexe jedoch sind keine Zielbiotope für Umsiedlungsmaßnahmen aufgrund der Baustelle am Wemdinger Tunnel“, sagt der Umweltplaner, „sondern Kompensationsflächen, um den eventuellen Verlust der Population aufzufangen.“Denn wenn es einen guten Lebensraum für eine gewisse Tierart gebe, gibt es auch einen Überschuss, die Tiere breiten sich weiter aus und suchen sich neue Lebensräume.
Mit den Biotopen wurde den Zauneidechsen, die eine streng geschützte Art sind, genau das ermöglicht. Wer die Eidechsen in ihren neuen Lebensräumen sehen will, muss sich noch etwas gedulden. Die Zauneidechsen suchen nicht gezielt nach ihren neuen Biotopen und brauchen Zeit, bis sie sie finden. „Es ist eine langfristige Sache und kann über mehrere Jahre dauern, bis die Biotope besiedelt sind“, sagt Ulrich Schliebe.
Jedoch ist gerade Paarungszeit bei den Zauneidechsen, die bereits wieder aus ihrer Winterstarre erwacht sind. In ein paar Wochen werden die Weibchen ihre Eier ablegen, die indirekt von der Sonne ausgebrütet werden. Wenn alles gut verläuft, schlüpfen dann im Sommer die Jungtiere. „Dann sind sie etwa so groß wie ein Streichholz“, erklärt Schliebe. Doch in einem geeigneten Lebensraum können die Reptilien dann fressen, wachsen und gedeihen. Reptilien sind Räuber und fressen Insekten, Spinnen oder Würmer. „Außerdem sind sie recht scheue Tiere“, sagt der Umweltplaner.
Wer sich also auf die Lauer legen will, um die Zauneidechsen zu beobachten, muss geduldig sein und sollte einen Blick für die kleinen Tierchen haben. Vielleicht hat der eine oder andere, der im Bahngebiet bei der Hochwegbrücke wohnt, schon einmal eine Eidechse in seinem Garten oder auf dem Spielplatz bei der Richard-Strauß-Straße erwischt.
„Es ist eine langfristige Sache und kann Jahre dauern, bis die Biotope besiedelt sind.“
Ulrich Schliebe