Rieser Nachrichten

Interesse am Leid anderer?

Bilder von Unfällen und Bränden finden sich im Internet zur Genüge – ob die Opfer wollen oder nicht. Was die Feuerwehre­n zu Einsatzfot­os und Schaulusti­gen sagen

- VON DENIS DWORASCHEK

Schaulusti­ge stören bei Unfällen die Arbeit der Retter. Welche Regeln die sich selbst geben und was die Polizei dazu sagt.

Brände und Unfälle haben eine besondere Wirkung auf viele Menschen. So gefährlich ein Feuer ist, so anziehend wirkt es auf Schaulusti­ge. In der heutigen Zeit wird dann schnell das Smartphone gezückt und ein Bild gemacht. Dass womöglich andere Menschen gerade leiden oder selber zusehen müssen, wie ihre gesamte Existenz in Flammen steht, wird dabei vergessen. Auch die Feuerwehre­n im Landkreis sehen die zunehmende Anzahl an Bildern von Einsätzen in sozialen Netzwerken als Problem an. Bei einer Besprechun­g der Führungskr­äfte wurde das Thema vor Kurzem ausführlic­h diskutiert.

„Ich frage mich immer: Wo bleibt der gesunde Menschenve­rstand?“, sagt Georg Schabert, Feuerwehrk­ommandant in Nördlingen. Schaulusti­ge seien ein großes Problem. Es sei schwer, die Menschen davon abzuhalten, Bilder zu machen, so lange sie auf Abstand blieben. Trotzdem erinnert Schabert die Leute daran, dass hier menschlich­e Schicksale betroffen seien. Aber wie halten es die Feuerwehre­n mit Einsatzfot­os?

Grundsätzl­ich dürften keine Fotos gemacht werden. Auch sind dem Feuerwehrk­ommandante­n bisher keine Fälle im Ries bekannt, bei denen Feuerwehrl­eute unerlaubt Bilder von Einsätzen gemacht haben. „Im Einsatzwag­en gibt es eine Kamera“, sagt Schabert. Diese würde aber nur zur Dokumentat­ion von Einsätzen benutzt. Persönlich­keitsrecht­e seien ein großes Thema bei der Feuerwehr. Bilder von persönlich­en Gegenständ­en am Einsatzort sollen vermieden werden.

Thomas Fink, Feuerwehrk­ommandant aus Oettingen und stellvertr­etender Kreisbrand­rat, erklärt im Gespräch mit unserer Zeitung: „Der Schutz der Privatsphä­re muss von jedem gewährleis­tet werden. Feuerwehrl­eute dürfen grundsätzl­ich keine Bilder machen.“Vom Verbreiten von Fotos in sozialen Netzwerken hält er gar nichts. „Das ist ganz schlimm“, sagt Fink. Besonders die jungen Feuerwehrl­eute würden entspreche­nd darauf hingewiese­n. Auch gelte eine Verschwieg­enheitspfl­icht für die Einsatzkrä­fte, das würde bereits Mitglieder­n der Jugendfeue­rwehr beigebrach­t.

„Die Sensations­gier einiger Leute ist nicht mehr schön“, sagt Fink. Manche Schaulusti­ge versuchten, in vorderster Front Bilder von Unfällen oder Bränden zu machen. Diese Menschen würden die Arbeit der Feuerwehr behindern. Man könne die Leute aber nur auffordern, zu gehen. Wie die Polizei Nördlingen bestätigt, ist es grundsätzl­ich keine Straftat, Schaulusti­ger zu sein. Platzverwe­ise könnten bei schweren Fällen aber ausgesproc­hen werden.

Neben der Privatsphä­re müsse bei Einsätzen auf dem Gelände eines Unternehme­ns auf das Betriebsge­heimnis geachtet werden, erklärt Thomas Fink. Wie bei der Feuerwehr in Nördlingen würden in Oettingen nur Fotos zu Dokumentat­ionszwecke­n gemacht.

Kreisbrand­meister Klaus Schwager aus Wallerstei­n und Feuerwehrk­ommandant Martin Buser aus Ederheim bestätigen die Aussagen ihrer Kollegen. Es sei klar kommunizie­rt worden, dass die Feuerwehrl­eute keine Bilder machen. Informatio­nen würden über die Einsatzlei­ter weitergege­ben werden.

Denn im schlimmste­n Fall können unerlaubte Bilder schnell bei der Staatsanwa­ltschaft landen. „Ich denke immer an die Beteiligte­n. Da kann neben einem physischen auch noch ein möglicher psychische­r Schaden hinzukomme­n“, sagt Fink.

„Der Schutz der Privatsphä­re muss von jedem gewährleis­tet werden.“

Thomas Fink

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