Interesse am Leid anderer?
Bilder von Unfällen und Bränden finden sich im Internet zur Genüge – ob die Opfer wollen oder nicht. Was die Feuerwehren zu Einsatzfotos und Schaulustigen sagen
Schaulustige stören bei Unfällen die Arbeit der Retter. Welche Regeln die sich selbst geben und was die Polizei dazu sagt.
Brände und Unfälle haben eine besondere Wirkung auf viele Menschen. So gefährlich ein Feuer ist, so anziehend wirkt es auf Schaulustige. In der heutigen Zeit wird dann schnell das Smartphone gezückt und ein Bild gemacht. Dass womöglich andere Menschen gerade leiden oder selber zusehen müssen, wie ihre gesamte Existenz in Flammen steht, wird dabei vergessen. Auch die Feuerwehren im Landkreis sehen die zunehmende Anzahl an Bildern von Einsätzen in sozialen Netzwerken als Problem an. Bei einer Besprechung der Führungskräfte wurde das Thema vor Kurzem ausführlich diskutiert.
„Ich frage mich immer: Wo bleibt der gesunde Menschenverstand?“, sagt Georg Schabert, Feuerwehrkommandant in Nördlingen. Schaulustige seien ein großes Problem. Es sei schwer, die Menschen davon abzuhalten, Bilder zu machen, so lange sie auf Abstand blieben. Trotzdem erinnert Schabert die Leute daran, dass hier menschliche Schicksale betroffen seien. Aber wie halten es die Feuerwehren mit Einsatzfotos?
Grundsätzlich dürften keine Fotos gemacht werden. Auch sind dem Feuerwehrkommandanten bisher keine Fälle im Ries bekannt, bei denen Feuerwehrleute unerlaubt Bilder von Einsätzen gemacht haben. „Im Einsatzwagen gibt es eine Kamera“, sagt Schabert. Diese würde aber nur zur Dokumentation von Einsätzen benutzt. Persönlichkeitsrechte seien ein großes Thema bei der Feuerwehr. Bilder von persönlichen Gegenständen am Einsatzort sollen vermieden werden.
Thomas Fink, Feuerwehrkommandant aus Oettingen und stellvertretender Kreisbrandrat, erklärt im Gespräch mit unserer Zeitung: „Der Schutz der Privatsphäre muss von jedem gewährleistet werden. Feuerwehrleute dürfen grundsätzlich keine Bilder machen.“Vom Verbreiten von Fotos in sozialen Netzwerken hält er gar nichts. „Das ist ganz schlimm“, sagt Fink. Besonders die jungen Feuerwehrleute würden entsprechend darauf hingewiesen. Auch gelte eine Verschwiegenheitspflicht für die Einsatzkräfte, das würde bereits Mitgliedern der Jugendfeuerwehr beigebracht.
„Die Sensationsgier einiger Leute ist nicht mehr schön“, sagt Fink. Manche Schaulustige versuchten, in vorderster Front Bilder von Unfällen oder Bränden zu machen. Diese Menschen würden die Arbeit der Feuerwehr behindern. Man könne die Leute aber nur auffordern, zu gehen. Wie die Polizei Nördlingen bestätigt, ist es grundsätzlich keine Straftat, Schaulustiger zu sein. Platzverweise könnten bei schweren Fällen aber ausgesprochen werden.
Neben der Privatsphäre müsse bei Einsätzen auf dem Gelände eines Unternehmens auf das Betriebsgeheimnis geachtet werden, erklärt Thomas Fink. Wie bei der Feuerwehr in Nördlingen würden in Oettingen nur Fotos zu Dokumentationszwecken gemacht.
Kreisbrandmeister Klaus Schwager aus Wallerstein und Feuerwehrkommandant Martin Buser aus Ederheim bestätigen die Aussagen ihrer Kollegen. Es sei klar kommuniziert worden, dass die Feuerwehrleute keine Bilder machen. Informationen würden über die Einsatzleiter weitergegeben werden.
Denn im schlimmsten Fall können unerlaubte Bilder schnell bei der Staatsanwaltschaft landen. „Ich denke immer an die Beteiligten. Da kann neben einem physischen auch noch ein möglicher psychischer Schaden hinzukommen“, sagt Fink.
„Der Schutz der Privatsphäre muss von jedem gewährleistet werden.“
Thomas Fink