Von Hochbegabten und Verhaltensoriginellen
Han’s Klaffl begeistert im Nördlinger Klösterle mit einem satirischen Rückblick auf sein Leben als Musiklehrer – womöglich zum letzten Mal
Es gibt wohl kaum ein Fachgebiet, bei dem wirklich jeder so kompetent mitreden zu können glaubt, wie beim Thema Schule. Schließlich haben wir alle mal die Schulbank gedrückt oder sind unmittelbar tangiert – sei es als Schüler, als Eltern oder gar als Lehrer. Folgerichtig begrüßte der Kabarettist und ehemalige Musikpädagoge Han’s Klaffl das anwesende „Fachpublikum“im seit Monaten ausverkauften Nördlinger Klösterle zu seinem aktuellen Programm „SchulAufgabe: Ein schöner Abgang ziert die Übung“.
Der Titel ist durchaus wörtlich zu nehmen, denn Klaffl ist inzwischen pensioniert und startet folgerichtig mit „Ich habs geschafft“, dem umgewidmeten Gloria-Gaynor-Song „I Will Survive“, in den Abend. Unter dem Motto „Es gibt ein Leben nach dem Gong“blickt er zunächst auf seine Verabschiedung am „LukasPodolski-Gymnasium“und die Würdigung durch Kollegen zurück, die man bereits aus den früheren Auftritten kennt: Der Altphilologe Gregorius („Jokus minimalis“) hält seine Rede natürlich auf Latein, und Oberstudienrätin Gmeinwieser glänzt wie immer durch Formulierungskunst: „Die Lücke, die du hinterlässt, wird dich voll ersetzen.“
Klaffl weiß aus langjähriger Erfahrung genau, wie Pädagogik und Didaktik in verschiedenen Altersklassen funktionieren. Kann man den Unterstufenschülern mit dem Lied „Sex Bomb“noch relativ leicht die Kleine Terz vermitteln, so heißt es in der Mittelstufe verstärkt „Jugend forscht – und zwar vor allem auf sexuellem Gebiet!“
In „pädagogisch tiefem Geläuf“bewegt sich der Lehrer dann in der Oberstufe, wenn die Pubertät einer im Unterricht ausgelebten Lethargie weicht und sich die zahlreichen „Hochbegabten zu Hochgelangweilten und schließlich zu Verhaltensoriginellen“entwickeln. Sanktionen besitzen dabei häufig den Charakter von „paradoxen Interventionen“, etwa wenn notorische Schwänzer mit einem Unterrichtsausschluss („Schüler-Jargon: Mallorca“) bestraft werden.
Von einem Lacher zum nächsten treibt Han’s Klaffl das Publikum auch im zweiten Programmteil, wenn er den Blick auf sein Leben als Pensionär richtet. Wobei der Alltag zwischen To-Do-Listen, Wartezimmern und Baumärkten ganz schön stressig sein kann, vor allem, wenn man dem Arzt oder dem ObiBerater in puncto Fachkompetenz klar überlegen ist. Zum Glück gibt es noch Refugien wie die ansonsten menschenleere „Pinakothek der Moderne“, wo die Lehrer-Ruheständler unter sich sind.
Witzig und unterhaltsam, kurzweilig und leichtfüßig präsentiert Han’s Klaffl sein zweistündiges Programm, gewürzt mit umgetexteten Hits („Come Together“), zu denen er sich mit Flügel oder Kontrabass begleitet. Lediglich beim Thema G 8 merkt man dem Kabarettisten an,
Klaffl spricht über ein „Leben nach dem Gong“ Ritalin für die Hyperaktiven im Kultusministerium
wie es noch immer in ihm brodelt. Hier musste er ohnmächtig erleben, wie durch Unfähigkeit der Politik „eine ganze Generation verblödete“, weil im Paragrafendschungel keiner mehr durchblickte: „Gegen dieses Chaos läuft am Berliner Flughafen alles planmäßig!“Um das nunmehr „15-jährige Drama“abzumildern, empfiehlt Klaffl „eine Anstaltspackung Ritalin für die Hyperaktiven im Kultusministerium.“
Auch mit seinen ersten beiden Programmen war Han’s Klaffl vor Jahren in Nördlingen zu Gast und wurde vom Publikum bejubelt. Dennoch ist festzustellen, dass er sich als Kabarettist weiterentwickelt hat: dicht an dicht und zündend die Pointen, fließend die Übergänge, keine Sekunde Leerlauf. Die Kabarett-Besucher gehen begeistert mit und spenden immer wieder Szenenapplaus. So darf man „Schul-Aufgabe“getrost als den gelungensten, aber leider letzten Teil der Programm-Trilogie bezeichnen. Doch ein Hintertürchen hält sich Han’s Klaffl augenzwinkernd offen: „Warum soll – angesichts des ganzen Alltags-Wahnsinns – eine Trilogie nicht auch mal vier Teile haben?“Gerne, wir wären wieder dabei!