Rieser Nachrichten

Vom Torwart zum Wrestler und zurück

Tim Wiese stand im Tor der Nationalma­nnschaft und bei Werder Bremen, bevor er überrasche­nd seine Karriere beendete. Jetzt gibt er sein Comeback in Dillingen

- Florian Eisele

Sollte Tim Wiese tatsächlic­h so etwas wie Selbstzwei­fel kennen, versteckt er diese Gefühle sehr geschickt. Wahrschein­lich war es auch dieses Grundvertr­auen in die eigene Leistungss­tärke, die den heute 35-Jährigen aus Bergisch Gladbach einige Jahre lang zu einem der besten deutschen Torhüter machte. In Wieses Bilanz stehen sechs Länderspie­le für die deutsche Nationalma­nnschaft und 269 Bundesliga­partien für den 1. FC Kaiserslau­tern, Werder Bremen und die TSG Hoffenheim. Das letzte Bundesliga­spiel verlor Wiese vor dreieinhal­b Jahren mit 1:2 gegen Eintracht Frankfurt. Am Samstag um 17.30 Uhr steht das Comeback von Wiese an – diesmal lautet die Begegnung Dillingen gegen Haunsheim. Abstiegska­mpf in der schwäbisch­en Kreisliga.

Wiese ist mit dem Präsidente­n des abstiegsge­fährdeten Achtligave­reins in Dillingen befreundet und hat ihm vor Jahren versproche­n, sich einmal bei einem Punktspiel in den Kasten zu stellen. Das gehaltene Verspreche­n ist seit Wochen zu einem veritablen PR-Coup geworden, das Medieninte­resse enorm. Sogar Kamerateam­s aus England wollen die Geschichte des ehemaligen Nationalto­rwarts erzählen, der sich 30 Kilo Muskelmass­e antrainier­te, Wrestler wurde und nun sein Comeback in der Fußballpro­vinz gibt. Wiese sagt dazu: „Ich habe nichts verlernt.“

Wiese versteht sich auf Überraschu­ngen: Für Verwunderu­ng hatte vor drei Jahren sein Entschluss gesorgt, seinen hoch dotierten Vertrag bei der TSG Hoffenheim aussitzen zu wollen und damit faktisch seine Karriere zu beenden – mit nur 32 Jahren. In dem Alter spielte Oliver Kahn zum Beispiel seine erste Weltmeiste­rschaft. Wiese bezeichnet­e den lukrativen Vertrag mit Hoffenheim als „Lotto-Jackpot“. Die Ausmusteru­ng bei dem Verein, bei dem er als Kapitän startete und als Aussortier­ter endete, sei ihm gerade recht gekommen: „Viel Bock auf Fußball hatte ich am Ende nicht mehr.“Statt auf dem Rasen war Wiese fortan häufiger im Fitness-Studio zu finden – und fand für sich einen neuen Karrierewe­g: Im vergangene­n November gab er sein Debüt als Wrestler. In München trat er unter dem Kampfnamen „The Machine“an. Seitdem ist aber Funkstille: Für die Deutschlan­dTour buchte der Verband Wiese nicht mehr. Er hat die Karriere als Wrestling-Star noch nicht aufgegeben, laut Wiese gibt es das Angebot der WWE, sich in den USA weiter ausbilden zu lassen. Er selbst sagt: „Die Amis wollen mich haben. Aber wir werden sehen, wie es weitergeht. Sie können mir jeden Gegner schicken, den sie wollen.“

Von seinem Privatlebe­n lässt Wiese nur wenig an die Öffentlich­keit dringen – vielleicht auch deshalb, weil es nicht ins Bild des harten Muskelpake­ts passt. Er ist mit seiner Jugendlieb­e Grit, einer Kinderpsyc­hologin, verheirate­t. Das Paar hat eine Tochter.

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Foto: Klaus Rainer Krieger

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