Blickpunkt Auge: „Barrieren in den Köpfen“
Wo sehbehinderte und blinde Menschen Informationen und Hilfe bekommen
„Mein Computer spricht mit mir“, erzählt Alfred Schwegler. Er ist Bezirksgruppenleiter des Bayerischen Blinden- und Sehbehindertenbunds in Schwaben-Augsburg. „Man kann locker mit Kollegen ohne Behinderung mithalten“, sagt er, von Beruf Informatiker. Dass er blind ist, spiele keine Rolle. Es liege vor allem an den „Barrieren in den Köpfen“vieler Menschen, dass trotz aller technischer Errungenschaften noch 70 bis 80 Prozent aller Blinden nicht berufstätig seien.
Anderen blinden Menschen ein eigenständiges Leben zu ermöglichen sei von Anfang an das Ziel der mehr als hundert Jahre alten Blindenverbände gewesen. Alltagsberatung werde immer von Betroffenen angeboten. „Hilfe zur Selbsthilfe“nennt Schwegler das. Mit der Beratung „Blickpunkt Auge“möchte der Verband sein Angebot auch Menschen, die nicht vollständig erblindet sind, zugänglicher machen. Die Hemmschwelle, sich von einem „Blindenverband“beraten zu lassen, sei für Menschen mit Sehbehinderung oft hoch. Es sei wichtig, dass sich Betroffene sowohl von Menschen als auch von technischen Geräten helfen ließen. Die Hilfsmittel seien in den vergangenen Jahren immer besser geworden. Lupen, egal ob elektrisch oder analog, und Bildschirmlesegeräte – sie ermöglichen das Lesen auch mit schlechtem Sehvermögen. Eine Alternative seien Vorlesegeräte. Sie geben mit einer elektronischen Stimme Texte aus. Auch Computer und Smartphones für Blinde gebe es. Schwegler benutzt sie selbst beruflich, erzählt er. Bedient werden sie nicht mit Tasten oder einem Touchscreen, sondern mithilfe der Sprache.
Der technische Fortschritt bringe aber auch Probleme mit sich. Elektroautos seien eine große Gefahr für Blinde, da sie sehr leise sind. Dadurch könne man sie kaum wahrnehmen. Selbst Fahrräder wären lauter, und nicht so gefährlich noch dazu, sagt Schwegler. Die Blindenverbände fordern, dass Elektroautos zusätzliche Geräusche von sich geben müssten. Auch moderne Aufzüge stellen ein Hindernis da. Häufig werden sie mit Touchscreens bedient und haben keine Sprachausgabe mehr. Ohne Hilfe kann er sie nicht benutzen, sagt Schwegler.
Etwa zwei Drittel aller Blinden in Deutschland sind über 60 Jahre alt. Oft führten Krankheiten zur Erblindung. Gerade Menschen, die in einem späteren Teil ihres Lebens erblinden, lernen selten die Blindenschrift, sagt er. Insgesamt beherrschen sie nur etwa zehn Prozent der Blinden. Diese Problematik sei aber durch Vorlesegeräte und -computer etwas entschärft worden.
Dass Blinde besseren hören oder fühlen können, stimme nicht und sei ein Vorurteil, bemängelt Schwegler. Einige hätten zusätzlich ein geschädigtes Hörvermögen. Wenn Blinde etwas besser erspüren können, sei das Übungssache.