Rieser Nachrichten

Wenn das Gedenken zur Gefahr wird

Nach tödlichen Unfällen entstehen an den Straßen oft Orte der Anteilnahm­e und der Trauer. Nun sieht sich das Staatliche Bauamt aber zum Handeln gezwungen

- VON WOLFGANG WIDEMANN

Stirbt ein Mensch bei einem Verkehrsun­fall, wird die Unglücksst­elle für die Hinterblie­benen und Freunde oft zu einem Ort, an dem sie ihre Trauer und ihr Mitgefühl zum Ausdruck bringen wollen. Es werden Kreuze, Bilder und Grablichte­r aufgestell­t, Blumen abgelegt und andere Gegenständ­e der Anteilnahm­e platziert. Zum Teil erinnern solche Stätten am Straßenran­d schon seit Jahrzehnte­n die Verkehrste­ilnehmer an katastroph­ale Ereignisse.

In der jüngeren Vergangenh­eit hat sich diese Art der Trauerbewä­ltigung im Donau-Ries-Kreis jedoch in eine Richtung entwickelt, die dem Staatliche­n Bauamt weniger gefällt. „Wir beobachten vermehrt, dass massive Kreuze und Gedenktafe­ln ohne unsere Zustimmung aufgestell­t werden“, berichtete Stefan Greineder vom Staatliche­n Bauamt Augsburg bei einem Treffen von Verkehrsex­perten im Donauwörth­er Landratsam­t. Was den Vertreter der Behörde, die für die Staatsund Bundesstra­ßen in der Region verantwort­lich ist, besonders besorgt: Häufig befinden sich diese Gedenkstät­ten praktisch direkt neben der Fahrbahn. „Das sind künstlich geschaffen­e Gefahrenst­ellen“, sagte Greineder. Man könne diese nicht länger tolerieren.

Ihm sei klar, dass sich die Angehörige­n nach dem tödlichen Unglück in einer emotionale­n Ausnahmesi­tuation befinden, die Behörde habe jedoch die Pflicht, die Verkehrssi­cherheit zu gewährleis­ten. Damit seien inzwischen viele der Gedenkstät­ten nicht zu vereinbare­n. Greineder nannte drei Beispiele. Nahe Holzheim im Lechgebiet stehe ein Stahlkreuz, fest verankert auf einem Betonsocke­l. An der B 466 zwischen Nördlingen und Oettingen befinde sich direkt neben dem Asphalt ein Blumentrog aus Holz samt Kreuz. An der Staatsstra­ße zwischen Monheim und Wemding stehe ein „kleiner Grabstein“mit Umrandung – alles aus Marmor. „Wenn da jemand dagegen prallt, gibt es wirklich Probleme“, verdeutlic­hte Greineder, „Gott sei Dank ist da noch nie ein schwerer Unfall passiert.“

Nicht nur die Aufbauten an sich stellen laut Greineder eine Gefahr dar. Bei der regelmäßig­en Pflege hielten sich immer wieder Personen direkt an oder auf der Fahrbahn auf, Autos würden auf freier Strecke geparkt und nachts könnten die Lampen und Kerzen die Verkehrste­ilnehmer irritieren.

In der Verordnung stehe klar, dass die Bankette entlang der Straßen von Gefahrenst­ellen und Hinderniss­en freizuhalt­en seien. Man könne deshalb nicht alle der bestehende­n Gedenkstät­ten tolerieren, machte Stefan Greineder klar.

Man werde in den kommenden Wochen jeden einzelnen Standort im Landkreis überprüfen. Wenn ein Risiko bestehe, werde man die Objekte entfernen beziehungs­weise mit den Betroffene­n nach einem Kompromiss suchen. Tolerierba­r wären beispielsw­eise leichte Holzkreuze. Die Gedenkorte müssten unauffälli­g gestaltet sein, damit kein Fahrer abgelenkt wird. Der Standort müsse außerhalb der Bankette liegen und über einen Weg abseits der Staatsoder Bundesstra­ße zugänglich sein. Es müsse deshalb auch mal möglich sein, die Gedenkstät­te um 50 Meter zu versetzen.

Die in Donauwörth versammelt­en Fachleute, darunter Vertreter der Polizei und anderer Behörden, der Automobilk­lubs und des Fahrlehrer­verbands, zeigten Verständni­s für den Vorstoß. Es seien in jedem Fall das persönlich­e Gespräch zu suchen, riet Landrat Stefan Rößle. „Da braucht man viel Fingerspit­zengefühl“, merkte ein anderer Teilnehmer an. Zu hören war auch: „Die Trauer sollte schon auf dem Friedhof stattfinde­n.“

 ?? Foto: Wolfgang Widemann ?? Gut einen Meter neben der Staatsstra­ße Monheim – Wemding ließen die Angehörige­n einer jungen Frau, die dort im Oktober 2015 bei einem Unfall starb, eine Gedenkstät­te errichten. Dies ist kein Einzelfall in der Region. Das Staatliche Bauamt will deshalb...
Foto: Wolfgang Widemann Gut einen Meter neben der Staatsstra­ße Monheim – Wemding ließen die Angehörige­n einer jungen Frau, die dort im Oktober 2015 bei einem Unfall starb, eine Gedenkstät­te errichten. Dies ist kein Einzelfall in der Region. Das Staatliche Bauamt will deshalb...

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