Wenn das Gedenken zur Gefahr wird
Nach tödlichen Unfällen entstehen an den Straßen oft Orte der Anteilnahme und der Trauer. Nun sieht sich das Staatliche Bauamt aber zum Handeln gezwungen
Stirbt ein Mensch bei einem Verkehrsunfall, wird die Unglücksstelle für die Hinterbliebenen und Freunde oft zu einem Ort, an dem sie ihre Trauer und ihr Mitgefühl zum Ausdruck bringen wollen. Es werden Kreuze, Bilder und Grablichter aufgestellt, Blumen abgelegt und andere Gegenstände der Anteilnahme platziert. Zum Teil erinnern solche Stätten am Straßenrand schon seit Jahrzehnten die Verkehrsteilnehmer an katastrophale Ereignisse.
In der jüngeren Vergangenheit hat sich diese Art der Trauerbewältigung im Donau-Ries-Kreis jedoch in eine Richtung entwickelt, die dem Staatlichen Bauamt weniger gefällt. „Wir beobachten vermehrt, dass massive Kreuze und Gedenktafeln ohne unsere Zustimmung aufgestellt werden“, berichtete Stefan Greineder vom Staatlichen Bauamt Augsburg bei einem Treffen von Verkehrsexperten im Donauwörther Landratsamt. Was den Vertreter der Behörde, die für die Staatsund Bundesstraßen in der Region verantwortlich ist, besonders besorgt: Häufig befinden sich diese Gedenkstätten praktisch direkt neben der Fahrbahn. „Das sind künstlich geschaffene Gefahrenstellen“, sagte Greineder. Man könne diese nicht länger tolerieren.
Ihm sei klar, dass sich die Angehörigen nach dem tödlichen Unglück in einer emotionalen Ausnahmesituation befinden, die Behörde habe jedoch die Pflicht, die Verkehrssicherheit zu gewährleisten. Damit seien inzwischen viele der Gedenkstätten nicht zu vereinbaren. Greineder nannte drei Beispiele. Nahe Holzheim im Lechgebiet stehe ein Stahlkreuz, fest verankert auf einem Betonsockel. An der B 466 zwischen Nördlingen und Oettingen befinde sich direkt neben dem Asphalt ein Blumentrog aus Holz samt Kreuz. An der Staatsstraße zwischen Monheim und Wemding stehe ein „kleiner Grabstein“mit Umrandung – alles aus Marmor. „Wenn da jemand dagegen prallt, gibt es wirklich Probleme“, verdeutlichte Greineder, „Gott sei Dank ist da noch nie ein schwerer Unfall passiert.“
Nicht nur die Aufbauten an sich stellen laut Greineder eine Gefahr dar. Bei der regelmäßigen Pflege hielten sich immer wieder Personen direkt an oder auf der Fahrbahn auf, Autos würden auf freier Strecke geparkt und nachts könnten die Lampen und Kerzen die Verkehrsteilnehmer irritieren.
In der Verordnung stehe klar, dass die Bankette entlang der Straßen von Gefahrenstellen und Hindernissen freizuhalten seien. Man könne deshalb nicht alle der bestehenden Gedenkstätten tolerieren, machte Stefan Greineder klar.
Man werde in den kommenden Wochen jeden einzelnen Standort im Landkreis überprüfen. Wenn ein Risiko bestehe, werde man die Objekte entfernen beziehungsweise mit den Betroffenen nach einem Kompromiss suchen. Tolerierbar wären beispielsweise leichte Holzkreuze. Die Gedenkorte müssten unauffällig gestaltet sein, damit kein Fahrer abgelenkt wird. Der Standort müsse außerhalb der Bankette liegen und über einen Weg abseits der Staatsoder Bundesstraße zugänglich sein. Es müsse deshalb auch mal möglich sein, die Gedenkstätte um 50 Meter zu versetzen.
Die in Donauwörth versammelten Fachleute, darunter Vertreter der Polizei und anderer Behörden, der Automobilklubs und des Fahrlehrerverbands, zeigten Verständnis für den Vorstoß. Es seien in jedem Fall das persönliche Gespräch zu suchen, riet Landrat Stefan Rößle. „Da braucht man viel Fingerspitzengefühl“, merkte ein anderer Teilnehmer an. Zu hören war auch: „Die Trauer sollte schon auf dem Friedhof stattfinden.“