Rieser Nachrichten

Freinacht früher und heute

Woher der Brauch kommt und wie die Polizei heute damit umgeht

- VON PHILIPP WEHRMANN

In der Nacht zum ersten Mai feiert das Ries jährlich die Freinacht. Unklar ist, wo die Wurzeln dieses Brauchs liegen. Eindeutig lässt sich das nicht festlegen, sagt der Nördlinger Stadtarchi­var Wilfried Sponsel: „Wie bei anderen Bräuchen liegen die Wurzeln der Freinacht in verschiede­nen Bereichen.“

Eine Erklärung für den Brauch und seinen Namen sei, dass früher jährlich am ersten Mai die militärisc­he Musterung stattfand. Die letzte Nacht in „Freiheit“, das sei die Freinacht gewesen. Im „Schwäbisch­em Wörterbuch“, das eine verlässlic­he Quelle für Historiker sei, ist außerdem davon die Rede, dass man Nächte ohne Polizeistu­nde Freinacht nannte. Es besagt auch, dass junge Burschen in der Freinacht „mit dem Hexenheer in Bosheiten wetteifern durften“. Der Brauch, an solchen Tagen Nachbarn Streiche zu spielen, sei wahrschein­lich mehrere Jahrhunder­te alt, sagt Sponsel. Ein geschmückt­er Maibaum diene wohl als Symbol der Fruchtbark­eit im Frühjahr.

Heutzutage passiere in der Freinacht nicht so viel, wie man meinen könnte, sagt Jürgen Hurler von der Polizeiins­pektion Nördlingen. Die Polizei müsse etwa so oft ausrücken wie an einem Samstag auf der Nördlinger Mess’, wenn auch auf das ganze Ries verteilt. Glückliche­rweise handle es sich aber größtentei­ls um kleinere Delikte, schwerere Straftaten blieben meist aus. „Sobald jemand eine Anzeige stellt, haben wir die Pflicht zu ermitteln“, sagt Hurler. Vergangene­s Jahr sei im Nordries ein Maibaum gestohlen worden. Die Geschädigt­en hätten erst Anzeige gestellt, sich dann aber privat mit den „Tätern“geeinigt. Man müsse sich der Folgen einer Anzeige bewusst sein – erst eine Anzeige stellen, dann nicht mehr mit der Polizei sprechen – das verschwend­e wichtige Arbeitszei­t.

Meist sei die Grenze zwischen Streich und Straftat fließend: Kritisch werde es, wenn ein „nachhaltig­er Schaden“angerichte­t wurde. Wenn ein Gartentor auf das Grundstück des Nachbarn gelegt wird, könne davon keine Rede sein. Wenn aber ein Briefkaste­n gesprengt wird, dann handle es sich eindeutig um eine Sachbeschä­digung, der man nachgehen müsse, erklärt Hurler.

Die Polizei konzentrie­re sich darauf, dass in der Freinacht die Jugendschu­tzgesetze eingehalte­n werden. „Beim Ausschank von Alkohol sind die Veranstalt­er in der Pflicht“, sagt Hurler. Umherziehe­nde Kinder seien kein großes Problem, schließlic­h seien meist die Eltern nicht weit. Ärger machten meist Jugendlich­e zwischen 14 und 18 Jahren. Nicht selten müssten Polizei und Rettungsdi­enst wegen übermäßige­m Alkoholkon­sum ausrücken.

 ?? Symbolfoto: T. Jordan ?? Die Grenze zwischen Streich und Straftat ist oft fließend. Wenn dauerhafte Schäden angerichte­t werden, ermittelt die Polizei.
Symbolfoto: T. Jordan Die Grenze zwischen Streich und Straftat ist oft fließend. Wenn dauerhafte Schäden angerichte­t werden, ermittelt die Polizei.

Newspapers in German

Newspapers from Germany