Die Erste
Im Gesangverein Mönchsdeggingen sangen bis 1977 nur Männer. Als erste Frau hat jetzt die 29 Jahre alte Anna Mack das Amt der Vorsitzenden übernommen
15 Jahre war Rolf Mühlböck alt, als er das erste Mal mit seinem Vater zur Probe des Gesangvereins Mönchsdeggingen mitging. 1973 war das. Damals war vieles anders als heute, ein Mann musste seiner Frau noch erlauben, arbeiten zu gehen, so stand es zumindest im Gesetz. Und in Mönchsdeggingen trafen sich nur die Männer zum Singen. Nicht nur Mühlböck trat dem Verein bei, viele seiner Freunde taten es ihm gleich. Er erzählt, dass es damals durchaus Neid gegeben habe, weil so viele junge Männer im Chor mitgesungen hätten.
Doch es sollte nur bis zum Jahr 1977 dauern, bis der Sängerschwund auch die Mönchsdegginger traf: „Der Chor war damals am Rande der Singfähigkeit.“Und so erweiterte man ihn – um die Frauen. Jetzt, 40 Jahre später, ist mit Anna Mack erstmals eine Frau auch Vorsitzende des Gesangvereins Mönchsdeggingen. Das Amt hat sie von Mühlböck übernommen. Der blickt mit einem Schmunzeln gerne auf die Zeit zurück, als die ersten Sängerinnen zur Probe kamen: „Wir jungen Kerle waren davon natürlich voll begeistert. Das waren ja die Mädels aus unserem Bekanntenkreis.“An Liebschaften mag sich Mühlböck nicht erinnern, nur an ein Ehepaar, das ja schon vorher zusammen gewesen sei.
Seine Familie war nun vierstimmig vertreten – der Papa, der Tenor, die Mama, die Altstimme, die Schwester, der Sopran, und er selbst, der Bass. Der Vater war auch 36 Jahre lang erster Vorsitzender des Vereins. Als ein Nachfolger gesucht wurde, fiel der Blick auf den Filius. „Ich hab das damals erst einmal abgelehnt. Aber dann habe ich mich doch zur Verfügung gestellt. Dieser Chor ist es wert, dass man sich engagiert.“
Das sieht auch Anna Mack so. Zum Gesangverein ist sie durch ihre Schwester Stefanie Beck gekommen, die dort schon länger aktiv war. Anna Mack sang zwar schon immer gerne – aber eher unter der Dusche oder im Auto. Erst 2013 ging sie dann zu einer Probe mit: „Für mich hat sich seitdem einiges geändert. Ich bin in der Gemeinschaft angekommen.“Zudem fühle sie sich schlicht besser, denn: „Singen macht glücklich.“Das sei mittlerweile sogar wissenschaftlich bewiesen, unterstreicht Mühlböck: Singen steigere das Wohlbefinden und die Gesundheit – es mache Spaß und verbinde über Generationen hinweg.
Nun ist der Job eines Vorsitzenden allerdings nicht immer nur spaßig. Formulare müssen ausgefüllt, ja schlicht Schreibkram erledigt werden. „Die Verwaltungsarbeit ist im Lauf der Jahre immer mehr geworden“, sagt Mühlböck. Zudem wirke der Vorsitzende des Gesangvereins musikalisch mit – obwohl der Chorleiter das letzte Wort habe. Auftritte müssen organisiert, vorbereitet und abgewickelt werden. Der Vereinsvorsitzende steht da durchaus auch einmal im Rampenlicht. Für Mühlböck kein Problem: „Ich habe da keine Hemmschwelle, vor Menschen zu reden.“Die 29 Jahre alte Anna Mack fühlte sich dagegen zunächst nicht ganz so wohl in dieser Rolle. Vor der ersten Ansprache vor dem rund 30-köpfigen Chor sei sie ein wenig nervös gewesen. „Doch wenn man so viel Positives zurückbekommt, ist es nicht so schlimm.“
Mühlböck sagt, er sei in den vergangenen Wochen öfter gefragt worden: „Warum hörst Du denn schon auf?“Acht Jahre lang habe er auf diesem Posten Vollgas gegeben, jetzt sei es Zeit für eine junge Nachfolgerin – die erste Frau auf diesem Posten. Anna Mack sei zudem schon länger als Schriftführerin in die Arbeit des Vorstands eingebunden gewesen, auf den Posten der Vorsitzenden vorbereitet worden.
„Er hat mich sehr gut überredet“, meint die junge Frau schmunzelnd. Eine erste kleine Herausforderung steht für sie im Juni an: Bis dahin will die Serenade organisiert sein. Sie findet am Samstag, 17. Juni, um 19 Uhr im Rosengarten in Mönchsdeggingen statt. O
Info: Der Gesangverein Mönchsdeg gingen trifft sich jeden Donnerstag um 20 Uhr im örtlichen Gasthaus Zur Rose zur Probe.