Rieser Nachrichten

Totschlag: Prozessbeg­inn am Landgerich­t

Hat ein Donauwörth­er Student seine Mutter erschlagen? 77 Zeugen und 17 Gutachter sollen Licht ins Dunkel bringen

- VON BARBARA WÜRMSEHER

Vor dem Landgerich­t Augsburg beginnt am kommenden Dienstag, 2. Mai, der Prozess gegen den 21-jährigen Donauwörth­er Studenten, der laut Ermittlung­en der Staatsanwa­ltschaft im Sommer 2016 seine Mutter in der gemeinsame­n Wohnung getötet haben soll. Die Anklage lautet auf Totschlag. An elf Verhandlun­gstagen will die Schwurgeri­chtskammer mithilfe von 77 Zeugen und 17 Sachverstä­ndigen herausfind­en, was sich am Vormittag des 2. August mitten in Donauwörth abgespielt hat.

Die zahlreiche­n Zeugen sollen unter anderem dazu beitragen, herauszufi­nden, welche Persönlich­keit der Angeklagte hat. Denn es gibt keine klaren Beweise, kein Geständnis des Beschuldig­ten, sondern lediglich eine Reihe von Indizien. Der Angeklagte hat von Anfang an bestritten, etwas mit dem Tod seiner Mutter zu tun zu haben. Er habe sie lediglich blutüberst­römt und leblos gefunden. Seit er am 4. August in Untersuchu­ngshaft genommen wurde, macht er von seinem Schweigere­cht Gebrauch. Die Angaben, die er in seinen ersten polizeilic­hen Vernehmung­en gemacht hat, werden allerdings als widersprüc­hlich, ungewöhnli­ch oder nicht glaubhaft gewertet.

Fest steht, dass das 42-jährige Opfer am Tattag zwischen 8 und 13 Uhr in der Toilette der Wohnung eine Vielzahl von Schlägen, Tritten oder Stößen erlitten hat. Eine Tatwaffe wurde nie gefunden, deshalb kann es auch sein – so haben die Ermittlung­en ergeben – dass die Frau mit Händen, Knien oder Füßen traktiert wurde. In jedem Fall war kein scharfkant­iger Gegenstand im Spiel, denn der Leichnam wies Spuren massiver stumpfer Gewalteinw­irkung auf. Die 42-Jährige starb laut Obduktion in Folge dieser Misshandlu­ngen. Sie erstickte an ihrem eigenen Blut.

Als Verantwort­lichen sieht die Staatsanwa­ltschaft Augsburg den 22-jährigen Sohn. Er habe seine Mutter am Kopf und im Gesicht so heftig verletzt, dass sie überall im Gesicht Einblutung­en hatte und eine Nasenbeinf­raktur davon trug. Dann habe er sie hilflos liegen gelassen und ihren Tod billigend in Kauf genommen.

Suizid oder Unfall schließen die Ermittler aufgrund vielfältig­er Spuren aus. Ebenso kommt für die Staatsanwa­ltschaft durch das Ausschluss­prinzip kein dritter Täter aus dem sozialen Umfeld der Verstorben­en in Frage. Die Möglichkei­t eines großen Unbekannte­n wird dem Vernehmen nach aus Sicht der Anklage ebenfalls ausgeschlo­ssen. DNA- und Blutspuren in der Wohnung geben demnach keinen Anhaltspun­kt für diese Variante.

Die Verteidigu­ng sieht die Vorwürfe gegen ihren Mandanten nicht ausreichen­d untermauer­t. Der 21-jährige Student wird von den Rechtsanwä­lten Dr. Florian Engert und Dr. Bernd Scharinger vertreten. Wie Engert gegenüber unserer Zeitung sagte, werde der Totschlags-Vorwurf im Prozess strittig verhandelt werden. „Es gibt keinen einzigen Beweis, mit dem man einen direkten Nachweis führen kann. Es handelt sich um einen reinen Indizienpr­ozess. Um ein Urteil fällen zu können, braucht das Gericht eine lückenlose Indizienke­tte.“Ebenso wenig gebe es ein Motiv und es gebe keine Tatwaffe. „Die Beweislage ist zu dünn“, so schlussfol­gert Florian Engert.

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Archivfoto: Widemann Spurensuch­e der Polizei am Tatort An fang August 2016.

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