Ortsgeschichte im Super 8 Format
Hans Herrle bewahrt in seinem Keller die Geschichte Löpsingens auf Band. Am kommenden Sonntag feiert der Filmliebhaber seinen 80. Geburtstag
Im Wohnzimmer von Johann Herrle hängen viele Familienfotos an der Wand. An sich nichts ungewöhnliches, doch an deren Platzierung in Form eines Stammbaumes lässt bereits erahnen, dass dahinter ein Mensch steht, dem die Familiengeschichte, aber auch die Ortsgeschichte am Herzen liegt.
Auf dem Tisch hat der rührige Löpsinger ein Album bereitgelegt, das Fotos aus der Geschichte der Chorgemeinschaft zeigt. Bereits ab 1957 war er hier im Männerchor aktiv und ist auch heute noch Mitglied. Die vielen Urkunden, auf die man in der Wohnung stößt, verraten darüber hinaus das große Engagement im Ort: mehr als 40 Jahre im Posaunenchor, Gründungsmitglied der Landjugend, 25 Jahre Jagdvorsteher und nicht zuletzt die vielen Jahre als Vorsitzender in der Molkereigenossenschaft Löpsingen und später in Möttingen.
kommenden Sonntag wird der kleine, unermüdliche Mann mit den wachen Augen 80 Jahre alt und kann sich zusammen mit seiner Frau auf ein Familienfest im Kreise seiner fünf Kinder und bald elf Enkel freuen. Für seine weiteren Gäste plant er eine Überraschung, die mit einem anderen großen Hobby von ihm zu tun hat, dem Filmen. „Das erste Gerät war ein Leihapparat vom Finck“, erinnert er sich, um damit Familienereignisse festzuhalten.
Gelernt habe er das Filmen vom damaligen Pfarrer Bencker, der bis 1966 die Pfarrstelle in Löpsingen innehatte. „Der erste Film, den wir zusammen gedreht haben, war noch Normal-8,“ein Format, das nach 1965 schnell vom Super-8-Film abgelöst wurde. Schon bald dokumentierte der begeisterte Kameramann neben der Familie auch Vereinsereignisse in Posaunenchor und Chorgemeinschaft, kirchliche Feste, Treibjagden, Brände, Häuser, die längst nicht mehr stehen, bis zum Abbruch der alten Ziegelmühle oder der Einweihung der Umgehungsstraße. Der Lauf der Zeit hat sie inzwischen zu wertvollen Dokumenten der Ortsgeschichte werden lassen. Und auch über das Filmen hinaus, ist dem Geschichtsfreund daran gelegen, dass das Wissen um alte Löpsinger Einwohner und Ereignisse nicht verloren geht.
Im Keller seines Hauses hat er deshalb einen großen Raum eingerichtet, dessen vier Wände unzählige Fotografien zieren. Sie zeigen die Familiengeschichte, aber auch andere Löpsinger Bewohner und Ereignisse. Alle Abbildungen hat der Heimatforscher sorgfältig beschriftet und die abgebildeten Personen namentlich benannt. Dazwischen hängen und stehen ganz unterschiedliche Objekte aus der FamiliAm en- und Ortsgeschichte, vom Harmonium der Großmutter bis zur Butterwasserwaage aus der Molkerei, mit der der Wassergehalt der Butter festgestellt wurde. Für all sein Engagement hat Hans Herrle bereits vor einiger Zeit den Verdienstorden der Bundesregierung erhalten und er hofft, dass jemand das von ihm Begonnene weiterführt.
Für den kommenden Sonntag wünscht er sich eigentlich nur, „dass es ein schönes Gartenfest wird, bei dem sich die Leute gut unterhalten und ein wenig da bleiben.“Und für diesen Fall hat er in seinem „Museum“an der Stirnwand schon eine Leinwand aufgebaut, ein Beamer steht bereit und auf dem Tisch liegen mehrere Kassetten seiner Filme, die alle Interessierten in eine Zeit vor fünfzig Jahren zurückversetzen. „Wenn schönes Wetter ist, kann es sein, dass ich meine Gäste auch mit dem Festwagen herumfahre“, meint er verschmitzt. Das Alter scheint für ihn eigentlich keine Rolle zu spielen.
Er hofft, dass jemand seine Arbeit irgendwann fortführt