Rieser Nachrichten

Ex Polizist kämpft um Gerechtigk­eit

Ein Augsburger Beamter gerät unter Korruption­sverdacht, wird verhaftet – und erst spät freigespro­chen, als ein Ordner mit entlastend­em Material auftaucht. Der Fall wirft Fragen auf

- (jöh)

Er geriet unter Korruption­sverdacht, ist seinen Job als Polizeibea­mter los – und kämpft jetzt um späte Gerechtigk­eit. Ein 64-jähriger ehemaliger Augsburger Polizeibea­mter klagt vor dem Landgerich­t auf Schadeners­atz gegen den Freistaat Bayern. Die Begründung: Er habe wegen eines falschen Verdachts seine berufliche Existenz verloren. Fragen wirft in dem Fall die Rolle der Augsburger Polizei auf. Ein Aktenordne­r mit Dokumenten, welche die Unschuld des Beamten beweisen, wurde in dem Verfahren jahrelang nicht beachtet.

Der 64-jährige Ex-Beamte ist im Jahr 2007 ins Visier der Staatsanwa­ltschaft geraten. Eine frühere Freundin hatte ihn damals – offenbar aus Rache – angezeigt. In einem anonymen Brief berichtete sie den Behörden von engen Kontakten des zu einer hessischen Firma für Funktechni­k. Die Polizei setzte einen internen Ermittler an den Fall. Und bald zeigte sich: Der Beamte hatte von dem Firmenchef tatsächlic­h eine Bürgschaft über 80 000 Euro erhalten, um sich ein Häuschen in Südafrika kaufen zu können.

Der Beamte wurde verhaftet und quittierte unter Druck in der Untersuchu­ngshaft den Dienst. Er kam dann zwar bald wieder frei. Doch er wurde in erster Instanz vom Amtsgerich­t zu einem Jahr Haft auf Bewährung verurteilt. Seine Polizeikar­riere war beendet. Er litt unter dem massiven Verdacht, hatte keinen Job und keine Perspektiv­e mehr, versuchte sich umzubringe­n. Die Wende brachte der Berufungsp­rozess im Jahr 2012 vor dem Landgerich­t: Ein ehemaliger Kollege des Beamten brachte für seine Aussage verdacht aufkam, auf Anweisung seiner Vorgesetzt­en alle Unterlagen zu Geschäftsv­orgängen mit der Firma gesammelt, bei denen der beschuldig­te Beamte irgendwie involviert war. Warum dieser Ordner, der die Unschuld des Mannes belegte, aber nicht bei der Staatsanwa­ltschaft und erst in zweiter Instanz quasi zufällig beim Gericht auftauchte, kann man bei der Polizei nicht schlüssig erklären. Wollte man den Beamten loswerden? War es eine Fehleinsch­ätzung der Ermittler oder schlicht ein Versäumnis? Der Schadeners­atz-Prozess, der nächste Woche vor dem Landgerich­t verhandelt wird, könnte sich auch mit diesen Fragen noch mal beschäftig­en. Das Original des Aktenordne­rs ist indes wieder verschwund­en. Die Anwälte des Beamten hatten sich aber Kopien gemacht.

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