140 Euro für ein Schuljahr in Indien
Der Fremdinger Martin Gambs ist Vorsitzender eines Fördervereins, der Spenden für Indien sammelt. Mit seinen Kindern hat er Anfang März das Land besucht – was er berichten kann
Kinder in verdreckten Kleidern spielen auf einem harten Lehmboden. Abgemagerte Kühe und Hunde laufen umher. Hütten bestehen aus Planen und Brettern. Eine Kloake fließt durch das Dorf. „Die Bilder sprechen für sich“, sagt Martin Gambs. Der Fremdinger hat zusammen mit seinen Kindern Luisa und Julius Anfang März den Nordwesten Indiens besucht. Zusammen mit seiner Schwester und einer Bekannten gründete der 48-Jährige den Förderverein Schwester Modesta Hilfe Indien. Das war 2014. Heute hat der Verein rund 40 Mitglieder. Über Spendengelder unterstützt er mehrere Projekte in Indien.
Doch wie kam es dazu? „Schwester Modesta war die Tante meines Vaters“, sagt Gambs. Im Jahr 1938 ging Maria Bartel, wie die Nonne eigentlich hieß, in das katholische Kloster St.-Josef-Convent nach Shahpur. In den 1970er Jahre konnte sie alle fünf Jahre ihre Heimat Deutschland besuchen. Dabei sammelte sie Spendengelder für das Kloster, das eine Schule mit 1700 Schülern unterhält. Dort wirkte Schwester Modesta bis 2001, wo sie mit 89 Jahren gestorben und beerdigt worden ist. „Wir wollten den Kontakt nicht abbrechen lassen“, sagt Gambs. Über Briefe tauschte man sich mit einer Nonne aus. „Geldgebende Organisationen haben nach und nach das Kloster vergessen“, sagt der 48-Jährige. Bei einer Reise nach Indien vor fünf Jahren kam dann die Idee, einen Verein zu gründen.
Die Schwester Modesta Hilfe Indien unterstützt vor allem Kinder bei deren Ausbildung. „Gute Bildung ist ihre einzige Möglichkeit, ein vernünftiges Leben anzufangen“, sagt der Fremdinger. Da die Schule des Klosters in kirchlicher Hand ist, müssen Schulgebühren erhoben werden. Ein Schuljahr kostet pro Kind rund 140 Euro. Derzeit übernimmt der Verein für 43 Schulkinder die Gebühren sowie Ausgaben für Büchergeld und Schuluniform.
Shahpur liegt rund 60 Kilometer östlich von Patna, der Hauptstadt des Bundesstaates Bahir. Die Gegend ist sehr ländlich geprägt und der Ganges fließt hindurch. Es werden Reis und Weizen angebaut. Viele Tagelöhner arbeiten auf den Feldern. Für ihre Arbeit bekommen sie vier Euro am Tag. „Es ist keine Touristengegend. Die Dörfer sind sehr heruntergekommen“, sagt Gambs. Die Hygiene sei ein großes Problem. Dorfbewohner gingen einfach aufs Feld, um ihre Notdurft zu verrichten.
Eine Nonne aus dem Kloster sucht gezielt in diesen Dörfern nach Mädchen und Jungen aus der untersten Kaste oder sozial benachteiligten Familien. Für die restlichen Kinder gibt es vor Ort Dorfschulen. „Sie haben kein Gebäude. Die Schüler sitzen draußen im Freien auf Planen. Der Lehrer hat nur eine Tafel. Das war es“, erklärt Gambs. Die 15 Euro, die die Lehrer im Monat kosten, übernimmt der Verein. Bis zu 90 Kinder lauschen den Worten des Lehrers. „Sie sind sehr diszipliniert“, sagt Luisa Gambs. Die Schüler würden still und konzentriert ihre Aufgaben machen. „Kein Vergleich zu deutschen Schulen“, sagt die 15-Jährige. Zusammen mit ihrem 13-jährigen Bruder verteilte sie Lollis in den Dorfschulen.
Ein weiteres Projekt, das der Verein unterstützt, ist die Ausbildung junger Frauen zu Schneiderinnen. „Viele werden jung verheiratet und sind von ihren Männern finanziell abhängig“, sagt Martin Gambs. Ein eigener Beruf gebe den Frauen die Möglichkeit auf ein selbstbestimmtes Leben. Rund 100 nehmen jedes Jahr an den Kursen teil, die pro Teilnehmerin 25 Euro kosten. Zurzeit wird der Umbau der Schultoiletten vorangetrieben. Der Verein hat das Projekt angeregt, die Finanzierung übernimmt das Kindermissionswerk der katholischen Kirche.
Neben der Bildung wird die soziale Arbeit in den Dörfern unterstützt. „Viele stecken sich mit Tuberkulose an“, sagt Gambs. Bei ihrem Besuch trafen sie eine Mutter von vier Kindern, die erkrankt war. Ein Arzt hatte erklärt, für die Frau sollten keine Medikamente vergeudet werden. „Sie würde ja sowieso sterben.“Eine Nonne aus dem Kloster versorgte die Mutter, die sich heute wieder selber um ihre Kinder kümmern kann. Die Nonnen bringen den Dorfbewohnern auch grundsätzliche Dinge wie Hygiene oder Verhütung bei.
„An solchen Beispielen sieht man, wie wichtig die Arbeit des Klosters in der Region ist“, sagt Gambs. Bereits kleine Spenden könnten viel bewirken. Im Herbst möchte der Fremdinger in seiner Gemeinde einen Vortrag über die Arbeit des Vereins halten. Auf seiner Reise hat er viele Bilder gemacht, die er zeigen möchte. „Sie erinnern und motivieren mich weiterzumachen.“