Trump feiert „unglaublichen Sieg“
Repräsentantenhaus stimmt für Abschaffung von „Obamacare“. Aber es gibt einen Haken
US-Präsident Donald Trump und die Republikaner haben einen wichtigen Etappensieg bei der Abschaffung von „Obamacare“errungen – und das trotz bleibender Hürden entsprechend gefeiert. Zwar stimmte das Repräsentantenhaus am Donnerstag für einen Gesetzesentwurf, der die historische Krankenversicherung in Teilen abschaffen soll. Und auch Trump sprach schon von einem „unglaublichen Sieg“. Das Ende von „Obamacare“ist mit dem Schritt aber noch nicht besiegelt. Zunächst müsste noch der Senat dem Entwurf zustimmen – und das gilt in der jetzigen Form als unwahrscheinlich.
Im Repräsentantenhaus stimmten die Republikaner mit einer hauchdünnen Mehrheit von 217 zu 213 Abgeordneten für das Gesetz. Kritiker sagen, es bringe Kranken in den USA gravierende Nachteile und habe mit einer Versicherung nichts mehr zu tun. Mit dem ersten Vorstoß für eine Gesundheitsreform hatte Trump Ende März eine schwere Niederlage erlitten.
Die Abschaffung von „Obamacare“ist eines der zentralen Wahlkampfversprechen Trumps. Seit sieben Jahren laufen die Republikaner Sturm gegen diese Versicherung, die nach Trumps Vorgänger Barack Obama benannt ist. Das positive Votum vom Donnerstag ist ein Erfolg für Trump: Es ist das erste bedeutende Gesetzeswerk, auf das sich seine Partei einigen konnte. Der Präsident und republikanische Abgeordnete versammelten sich nach dem Votum kurzfristig im Rosengarten des Weißen Hauses, um den Erfolg zu feiern.
Die Konservativen wollten das Gesetz in der jetzigen Phase vor allem schlicht vom Hof haben, um Handlungsfähigkeit zu demonstrieren. Alle in Interviews befragten Abgeordneten sagten, sie hätten den Text wegen des Zeitdrucks gar nicht lesen können. Auch die genauen finanziellen Folgen sind nicht bekannt. Das könnte sich für die Republikaner noch als verhängnisvoll erweisen.
Ein zentraler Punkt ist die Versicherung von Menschen mit Vorerkrankungen. Der republikanische Mehrheitsführer Kevin McCarthy sagte, sie würden weiter versichert. Das wird aber bezweifelt, weil auch lange nicht mehr so viele Vorerkrankungen anerkannt würden.
Gegen den neuen Entwurf gibt es geharnischten Protest von Ärzteverbänden, Sozialverbänden, Patientenschützern und den Demokraten. Alle verweisen darauf, dass Kranken künftig schwere Einbußen drohten.
Die führenden Demokraten Charles Schumer und Nancy Pelosi sagten, das Gesetz sei wie Hustensaft für einen Krebspatienten im vierten Stadium. Pelosi sagte, es sei ein tödlicher Witz.
Für Europäer bleibt es ein Rätsel, warum in den USA die Krankenversicherung für alle einen so schlechten Ruf hat. Gutverdiener können sich dort seit jeher mühelos versichern – doch sie wollen nicht für schlechtergestellte Mitbürger solidarisch mitzahlen. Mit „Obamacare“wurde nachgeholt, was in Deutschland im Prinzip seit Bismarck gilt.
Für die „Obamacare“-Gegner muss der Donnerstag ein Festtag gewesen sein. Und die fast kindliche Freude von Präsident Trump über seinen ersten wichtigen Erfolg im Kongress mag die Fans entzücken.