Rieser Nachrichten

Basketball mit einem „Gschmäckle“

- sport@augsburger allgemeine.de

DVON PIT MEIER eutschland gegen Österreich oder auch die Schande von Gijón: Bei der Fußball-WM 1982 in Spanien einigten sich beide Mannschaft­en nach dem Tor von Horst Hrubesch nach zehn Minuten auf ein 1:0 für Deutschlan­d. Der Rest war Ballgeschi­ebe. Deutschlan­d und Österreich waren weiter, Algerien war als Leidtragen­der des Nichtangri­ffspakts nach der Vorrunde raus. Ballgeschi­ebe und Nichtangri­ffspakte funktionie­ren im Basketball nicht. Das Spiel ist zu schnell, die Ergebnisse sind zu hoch. Was geht: Die auf 24 Sekunden bemessene Angriffsze­it ungenutzt verstreich­en lassen, in der Verteidigu­ng nicht foulen. Ludwigsbur­g hat diese Möglichkei­ten im letzten Hauptrunde­nspiel der Bundesliga in Berlin genutzt und mit 76:86 verloren. Der urschwäbis­che Terminus „Gschmäckle“war plötzlich in ganz Basketball-Deutschlan­d in aller Munde, von einer Schande sprach niemand. Einen Leidtragen­den gibt es schließlic­h 35 Jahre nach Gijón nicht. Berlin spielt in der Viertelfin­alserie der Play-offs gegen Bayern München, Ludwigsbur­g hat als Achter die Punktlandu­ng geschafft und spielt gegen den Ersten Ulm. Eine Konstellat­ion ganz nach Ludwigsbur­ger Geschmack.

Was man aus Ulmer Sicht als Zeichen mangelnden Respekts werten könnte. Den muss man sich eben im Sport über Jahre verdienen. Im Fußball, wo in der Champions-League jeder lieber gegen den englischen Meister Leicester City spielt als gegen Arsenal. Wo Deutschlan­d und sogar Österreich bei einer WM lieber gesehen sind als Algerien. Und im deutschen Basketball, wo der achtfache deutsche Meister Bamberg und Bayern München als das Maß aller Dinge gelten. Die Ulmer standen in ihrer Vereinsges­chichte viermal in einem Finale und sie haben viermal verloren. In dieser Saison haben sie auf nationaler Ebene überhaupt nur drei Spiele verloren, zwei davon gegen die Ludwigsbur­ger. Die rechnen sich deswegen gegen den schwäbisch­en Nachbarn ungleich bessere Chancen aus als gegen die eigentlich­en Branchengr­ößen. Und überhaupt werten sie wahrschein­lich die Ulmer Tabellenfü­hrung als eine Art Zufallspro­dukt.

Der Nichtangri­ffspakt von Gijón hat sich damals für beide Mannschaft­en nicht wirklich gelohnt. Österreich flog in der Zwischenru­nde raus, Deutschlan­d verlor das Endspiel gegen Italien mit 1:3. Jeder Basketball­freund, der nicht gerade in unmittelba­rer Nähe des Ludwigsbur­ger Barockschl­osses lebt, würde sich vermutlich darüber freuen, wenn es 35 Jahre danach in den Play-offs der Bundesliga ähnlich läuft.

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany