Ein ganz seltener Anblick
In Wallerstein wurde ein Wiedehopf gesichtet. Der Vogel steht auf der Roten Liste. Wo das Tier eigentlich beheimatet ist und wieso die Chancen gut stehen, dass es im Ries brütet
Neben einem Gebüsch sitzt ein kleiner Vogel. Er hat einen langen spitzen Schnabel und schwarz-weiß gestreifte Flügel. Das Federkleid ist beige, leicht rötlich. Am Kopf trägt er eine lange Federhaube. Ein Wiedehopf. Nicht schlecht staunte Richard Köstenbauer, als er am Ortsrand von Wallerstein aus seinem Auto blickte und genau so einen Vogel sah.
„Ich habe sie im Urlaub in der Toskana schon oft gesehen, aber noch nie im Ries“, sagt Köstenbauer, der Mitglied bei den Vogelfreunden Nördlingen ist. Seit seiner Entdeckung vor vier Wochen hat er den drosselgroßen Vogel schon öfters bei der Nahrungssuche gesehen. Den genauen Fundort möchte er geheim halten, das hat einen speziellen Grund. Der Wallersteiner geht davon aus, dass der Wiedehopf brütet. „Schaulustige, die den Vogel sehen wollen, könnten ihn eventuell stören“, erklärt der 54-Jährige.
Der Wiedehopf kommt ursprünglich aus dem Mittelmeerraum. „In Deutschland gibt es keine 100 Paare mehr, womöglich sogar noch weniger“, sagt Jürgen Scupin vom Landesbund für Vogelschutz (LBV). In Unterfranken und Ostdeutschland gebe es noch einige Brutpaare. Dem Vogel fehlen die Libellen oder Mistkäfer. Das Tier ernährt sich ausschließlich von großen Insekten, die er mit seinem sechs bis sieben Zentimeter langen Schnabel vom Boden aufpickt. Bei Gefahr oder in der Balzzeit stellt der Vogel seine Federhaube auf. Auch Scupin hat in Spanien bereits einen Wiedehopf gesehen. „Die Vögel sind nicht scheu, nur eben sehr selten in Deutschland“, sagt er. Im Ries soll es angeblich in den 1960er ein oder zwei Brutpaare gegeben haben.
„Normalerweise ist diese Art, wie viele andere Vögel, nur auf der Durchreise.“Im vergangenen Jahr wurde ein Sichler im Ries gesehen, dieser reiherähnliche Vogel sei „ein bisschen fehl am Platz“gewesen. Ab und zu würden Zwergohreulen oder Zwergsumpfhühner gesichtet oder gehört. Gelegentlich könnten Winde Zugvögel vom üblichen Kurs abbringen. Vor einigen Jahren seien Schwalben aus Spanien da gewesen, als es in den Wochen davor starke Stürme aus Südwesten gab. „Solche Vögel dann zu sehen, ist wie das Salz in der Suppe eines jeden Ornithologen“, sagt Scupin.
Zu den seltenen Brutvögeln in der Region gehören unter anderem Wanderfalken, Uhus oder Bekassine. Letztere stehen ebenfalls auf der Roten Liste. „Der Grauammer war früher weitverbreitet im Landkreis, heute sieht man ihn nur noch selten“, sagt Scupin. Dagegen könnten Schwarzkehlchen wieder häufiger angetroffen werden, die langsam aus dem Süden zurückkehren.
Das aktuelle Wetter sei für viele Arten schlecht. „Es kann kritisch werden für die Insekten fressenden Vögel“, sagt Scupin. Bei dem kalten und nassen Wetter fehlen die Insekten. Die Vögel seien dann geschwächt. Die heimischen Arten wie Amsel oder Spatz dagegen störe das weniger. Sie ernähren sich von Körnern.
Interessant für Hobby-Ornithologen und Gartenbesitzer ist die kommende Vogelzählung, die vom 12. bis 14. Mai vom LBV und Naturschutzbund Deutschland (NABU) deutschlandweit stattfindet. Hierbei soll die maximale Anzahl einer Vogelart, die man innerhalb einer Stunde im eigenen Garten gleichzeitig zählt, an den LBV und NABU gemeldet werden. Die Verbände wollen sich damit einen Überblick über die Vogelbestände in den Städten und Dörfern verschaffen.
Ob dabei ein Wiedehopf gezählt wird, ist eher unwahrscheinlich. Richard Köstenbauer hat den seltenen Vogel seit einigen Tagen jedenfalls nicht mehr gesehen. Aktiv nach ihm suchen möchte er aber auch nicht, um den Vogel nicht beim Brüten zu stören.
„Aber ich bin immer noch froh ihn gesehen zu haben, besonders wenn man sich vorstellt, wie selten er in Deutschland ist.“