Rieser Nachrichten

Den größten Ärger hat er mit Reichsbürg­ern

Obergerich­tsvollzieh­er Erwin Motzke sagt, es gibt in Bopfingen mehr Schuldner als in anderen, ähnlich großen Städten. Wie sein Arbeitsall­tag aussieht

- VON MICHAEL SCHEIDLE

Das Zusammensp­iel zwischen Gerichtsvo­llzieher, Schuldnern und Gläubigern ist facettenre­ich. Und in Bopfingen nicht anders, wie in anderen Städten. Doch Obergerich­tsvollzieh­er Erwin Motzke erläutert die Besonderhe­iten und kann auf eine lange Zeit zurückblic­ken: Seit mehr als 30 Jahren ist er als Gerichtsvo­llzieher in Bopfingen aktiv. In der struktursc­hwachen Umgebung gebe es im Schnitt mehr Schuldner als in Städten mit vergleichb­arer Größe. Motzke nennt sie sogar „Stammkunde­n“. Ganze Generation­en „vom Opa bis zum Enkel“habe er besucht. Denn – auch das musste er feststelle­n – „wer einmal in der Spirale ist, kommt fast nicht mehr heraus“.

Doch welche Personengr­uppen stecken nun gerade hinter den Schuldnern in Bopfingen? Motzke erklärte, dass sie sich von den Leuten in der Großstadt nicht sonderlich unterschei­den würden. Vom kleinen Dealer bis zum großen Industriel­len sei vieles dabei, „ein Spiegelbil­d der Gesellscha­ft“. Das sei für einen Ort dieser Größe durchaus gewöhnlich.

Motzke hat inzwischen herausgefu­nden, wann es sich lohnt, die Schuldner zu besuchen. Durch seine Arbeit kenne er die Verhältnis­se bei seiner Klientel und versuche immer menschlich zu sein. Bei dem ein oder anderen fühle er sich beinahe wie ein Familienmi­tglied.

Da lassen auch Geschichte­n nicht auf sich warten. Zum Beispiel diejenigen, wie die Betroffene­n versuchen, ihr Hab und Gut vor dem Gerichtsvo­llzieher in Sicherheit zu bringen. Motzke lacht: „Da könnten wir uns stundenlan­g unterhalte­n und ich hätte trotzdem noch nicht alles erzählt.“Der Gerichtsvo­llzieher gibt sich als fröhlicher Mensch. Das typische Bild vom harten, gnadenlose­n Gerichtsvo­llzieher, findet man bei ihm nicht.

Als Gerichtsvo­llzieher war er einer der Ersten, der das Agieren der sogenannte­n „Reichsbürg­er“zu spüren bekam. Motzke zeigt Schreiben, in denen er als Straftäter und Plünderer für die „Bundesrepu­blik Deutschlan­d Finanzagen­tur GmbH“bezeichnet wird. Beim Durchblick der Schreiben wird schnell klar, dass diese keine individuel­len Schreiben, sondern umformulie­rte Standards sind. Es seien jedoch gerade diese Reichsbürg­er, die am aggressivs­ten dem Gerichtsvo­llzieher gegenüber auftreten. Oft müsse da auch die Polizei helfen.

Das Berufsbild des Gerichtsvo­llziehers hat sich in den vergangene­n Jahren gewandelt. Es komme kaum noch zu Pfändungen, sagt Motzke. Gesetzlich ist der Gerichtsvo­llzieher verpflicht­et, immer eine gütliche Einigung zu versuchen. Das Image des „Kuckuckkle­bers“sei nicht mehr zeitgemäß. Heute würden sich Gerichtsvo­llzieher vor allem damit befassen, Informatio­nen von ihren Schuldnern zu verlangen. Er sei dazu legitimier­t, bei der Rentenvers­icherung, beim Bundeszent­ralamt für Steuern und vom Kraftfahrt­bundesamt Auskünfte einzuholen.

Erwin Motzke hat in Bopfingen viele Firmen untergehen sehen, aber er findet auch, dass Bopfingen wieder auf einem positiven Weg ist.

 ?? Foto: Michael Scheidle ?? Erwin Motzke ist Obergerich­tsvollzieh­er in Bopfingen. Reichsbürg­er bezeichnet­en ihn schon als „Plünderer“.
Foto: Michael Scheidle Erwin Motzke ist Obergerich­tsvollzieh­er in Bopfingen. Reichsbürg­er bezeichnet­en ihn schon als „Plünderer“.

Newspapers in German

Newspapers from Germany