Den größten Ärger hat er mit Reichsbürgern
Obergerichtsvollzieher Erwin Motzke sagt, es gibt in Bopfingen mehr Schuldner als in anderen, ähnlich großen Städten. Wie sein Arbeitsalltag aussieht
Das Zusammenspiel zwischen Gerichtsvollzieher, Schuldnern und Gläubigern ist facettenreich. Und in Bopfingen nicht anders, wie in anderen Städten. Doch Obergerichtsvollzieher Erwin Motzke erläutert die Besonderheiten und kann auf eine lange Zeit zurückblicken: Seit mehr als 30 Jahren ist er als Gerichtsvollzieher in Bopfingen aktiv. In der strukturschwachen Umgebung gebe es im Schnitt mehr Schuldner als in Städten mit vergleichbarer Größe. Motzke nennt sie sogar „Stammkunden“. Ganze Generationen „vom Opa bis zum Enkel“habe er besucht. Denn – auch das musste er feststellen – „wer einmal in der Spirale ist, kommt fast nicht mehr heraus“.
Doch welche Personengruppen stecken nun gerade hinter den Schuldnern in Bopfingen? Motzke erklärte, dass sie sich von den Leuten in der Großstadt nicht sonderlich unterscheiden würden. Vom kleinen Dealer bis zum großen Industriellen sei vieles dabei, „ein Spiegelbild der Gesellschaft“. Das sei für einen Ort dieser Größe durchaus gewöhnlich.
Motzke hat inzwischen herausgefunden, wann es sich lohnt, die Schuldner zu besuchen. Durch seine Arbeit kenne er die Verhältnisse bei seiner Klientel und versuche immer menschlich zu sein. Bei dem ein oder anderen fühle er sich beinahe wie ein Familienmitglied.
Da lassen auch Geschichten nicht auf sich warten. Zum Beispiel diejenigen, wie die Betroffenen versuchen, ihr Hab und Gut vor dem Gerichtsvollzieher in Sicherheit zu bringen. Motzke lacht: „Da könnten wir uns stundenlang unterhalten und ich hätte trotzdem noch nicht alles erzählt.“Der Gerichtsvollzieher gibt sich als fröhlicher Mensch. Das typische Bild vom harten, gnadenlosen Gerichtsvollzieher, findet man bei ihm nicht.
Als Gerichtsvollzieher war er einer der Ersten, der das Agieren der sogenannten „Reichsbürger“zu spüren bekam. Motzke zeigt Schreiben, in denen er als Straftäter und Plünderer für die „Bundesrepublik Deutschland Finanzagentur GmbH“bezeichnet wird. Beim Durchblick der Schreiben wird schnell klar, dass diese keine individuellen Schreiben, sondern umformulierte Standards sind. Es seien jedoch gerade diese Reichsbürger, die am aggressivsten dem Gerichtsvollzieher gegenüber auftreten. Oft müsse da auch die Polizei helfen.
Das Berufsbild des Gerichtsvollziehers hat sich in den vergangenen Jahren gewandelt. Es komme kaum noch zu Pfändungen, sagt Motzke. Gesetzlich ist der Gerichtsvollzieher verpflichtet, immer eine gütliche Einigung zu versuchen. Das Image des „Kuckuckklebers“sei nicht mehr zeitgemäß. Heute würden sich Gerichtsvollzieher vor allem damit befassen, Informationen von ihren Schuldnern zu verlangen. Er sei dazu legitimiert, bei der Rentenversicherung, beim Bundeszentralamt für Steuern und vom Kraftfahrtbundesamt Auskünfte einzuholen.
Erwin Motzke hat in Bopfingen viele Firmen untergehen sehen, aber er findet auch, dass Bopfingen wieder auf einem positiven Weg ist.