Rieser Nachrichten

Ein Bett in Nördlingen

Zwei Kieler machen Station in der Region. Wie sie im Ries ganz leicht einen Platz zum Schlafen fanden

- VON DENIS DWORATSCHE­K

Zwei junge Männer mit Sweatshirt und Kapuzenpul­li nippen an ihrem Kaffee. Sie sehen müde aus. „Wir waren am Sonntag auf dem Stabenfest“, sagt einer von ihnen. Er trägt einen kräftigen Vollbart. „Und wir haben das erste Mal auf einer Bierbank getanzt“, ergänzt der andere. Helge Mackwitz und Timo Kieburg kommen aus Kiel. Seit dem 1. Mai wandern und trampen die beiden quer durch Deutschlan­d, meistens auf der Romantisch­en Straße, die in Würzburg beginnt, durch das Ries führt und in den Alpen endet. Das sind knapp 500 Kilometer. Und warum machen sie das? „Wir waren beide von unserem Beruf genervt“, sagt Timo Kieburg. Während ihrer Ausbildung in der Gastronomi­e lernten sie sich an der Berufsschu­le kennen. Eigentlich wollten sie den Jakobsweg gehen, entschiede­n sich dann aber für einen Wanderweg, der nur in Deutschlan­d verläuft. Ihr Ziel ist Füssen. „Oder vielleicht gehen wir auch weiter in die Schweiz“, sagt Kieburg. Sie haben keinen genauen Plan im Vorfeld gemacht.

Ihre Ausbildung haben sie abgeschlos­sen. Die Wanderung finanziere­n sie über angesparte­s Geld. „Meine Eltern unterstütz­en uns auch noch“, erzählt Helge Mackwitz. Sie fänden die Idee „ziemlich cool“. Der 27-Jährige möchte im Winter ein Ökotrophol­ogie-Studium beginnen. Timo Kieburg ist sich noch nicht sicher, ob er wieder in die Gastronomi­e gehen möchte. Der 24-Jährige kennt den Landkreis Donau-Ries von einem Seminar in Donauwörth. Nördlingen war ihnen zuvor kein Begriff. „Die Gegend ist sehr schön und es ist toll, die jungen Leute in Trachten zu sehen“, sagt Mackwitz. Er freut sich schon auf das Wandern in den Bergen.

In Nördlingen sind sie in einer WG von drei Frauen untergekom­men. Am Sonntag hatten sie einen Aufruf auf einer Facebook-Seite gestartet. „Schon nach fünf Minuten kam die Zusage“, erzählt Kieburg. Insgesamt hatten sich sieben Leute gemeldet. Und auch in Donauwörth haben sie schon eine Übernachtu­ngsmöglich­keit.

Überhaupt sind beide von der Hilfsberei­tschaft der Menschen überrascht. „Wir haben so viele nette Leute getroffen“, sagt Kieburg. Als sie eine Frau nach den Weg gefragt hätten, erzählt Mackwitz, habe sie ihnen gleich noch eine Tüte mit Brezeln geschenkt. In Rothenburg ob der Tauber fanden sie nichts zum Übernachte­n, da entschiede­n sie, einfach mal bei der Polizei nachzufrag­en. Ein Beamter sei mit ihnen zu einer Behelfswoh­nung gefahren, die aber besetzt war. „Dann hat er uns zum Campingpla­tz gebracht“, sagt Kieburg. Sonst seien sie schon bei älteren Ehepaaren oder jüngeren Familien untergekom­men.

„Anfangs war es unangenehm, den Leuten nichts zu geben. Aber die machen das wirklich gerne“, erzählt Kieburg. Unterwegs sind sie meistens zu Fuß, bei schlechtem Wetter trampen sie. „Wir sind auch schon mal 30 Kilometer in die falsche Richtung gelaufen“, sagt Mackwitz. Teilweise seien die Wegweiser sehr klein und unübersich­tlich. „Dafür bekommen wir einiges zu sehen. Besonders weil man einfach nicht so viel kennt von Deutschlan­d“, sagt Kieburg. Dank einer Stadtführu­ng der Frauen aus der WG, wird ihnen Nördlingen wohl in Erinnerung bleiben. Und nicht nur, weil sie das erste Mal auf Bierbänken getanzt haben.

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Foto: Timo Kieburg Die Kieler Timo Kieburg (links) und Helge Mackwitz unterwegs auf der Romantisch­en Straße.

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