Rieser Nachrichten

Die Euphorie in der SPD ist dahin

Von der Mitglieder­befragung über den Landesvors­itz hatten sich die Genossen einen echten Ideenwettb­ewerb erhofft. Daraus wurde offenkundi­g nichts. Heute wird ausgezählt

- VON ULI BACHMEIER

Fast noch sehnsüchti­ger als dereinst die Beatles („Please Mr. Postman ...“) warteten die Mitarbeite­r der Bayern-SPD in München gestern Nachmittag auf das Postauto aus Leipzig. Nicht auszudenke­n, was da los wäre, sollte die wertvolle Fracht verloren gehen! Die Mitglieder­befragung über den neuen Landeschef oder die neue Landeschef­in der Sozialdemo­kraten war so schon komplizier­t genug – logistisch sowieso, aber auch politisch.

Zumindest logistisch ging gestern alles gut. Die Lieferung der Kuverts mit den knapp 29 500 Stimmzette­ln, die im Logistikze­ntrum der Post in Leipzig in den vergangene­n Wochen gesammelt und verwahrt worden waren, traf rechtzeiti­g in der SPDZentral­e am Oberanger in München ein. Heute vormittag wird ausgezählt. Ob die aufwendige Aktion auch politisch ein Erfolg sein wird, ist allerdings umstritten.

Eigentlich wollte der scheidende Vorstand der Bayern-SPD nach dem Rücktritt von Florian Pronold eine breite Debatte über die Zu- der Partei anstoßen. Doch das sei, wie Funktionär­e und Abgeordnet­e mittlerwei­le einräumen, nur zum Teil gelungen. Die Debatte wurde, wie berichtet, insbesonde­re in Ober- und Niederbaye­rn von unangenehm­en Verdächtig­ungen und persönlich­en Animosität­en überlagert. Und das Misstrauen gegenüber der erklärten Favoritin für den Landesvors­itz, Generalsek­retärin Natascha Kohnen, nahm bei einigen ihrer fünf männlichen Gegenkandi­daten bedenklich­e Züge an.

Die Euphorie jedenfalls, die in der Bayern-SPD zum Auftakt der ersten Mitglieder­befragung ihrer Geschichte herrschte, ist offenbar dahin. Der scheidende Vorsitzend­e bewertet die Aktion nur „in weiten Teilen“als Erfolg. „Ich hätte mir mehr Ideenwettb­ewerb gewünscht und dass wir mehr unsere Strategie und unsere Inhalte in den Mittelpunk­t stellen“, sagt Pronold. Leider aber hätten „einige Kandidaten Verschwöru­ngstheorie­n kommunizie­rt, sich mit Kleinigkei­ten aufgehalte­n und Spaltpilze gesät“.

Weniger kritisch sieht Markus Rinderspac­her, der Chef der SPDFraktio­n im Landtag, die Außenwirku­ng. Die SPD habe sich als „echte Mitmachpar­tei“präsentier­t. Dass es am Schluss im Bewerberfe­ld einige Nervosität gegeben habe, sei dabei „ganz normal“. Unterm Strich habe der basisdemok­ratische Wettbewerb der SPD gut getan, sagt Rinderspac­her. Er räumt aber auch ein: „Nicht jede Zuspitzung wäre notwendig gewesen.“

Außerhalb der „SPD-Konfliktzo­nen“in Ober- und Niederbaye­rn nimmt man die Debatte noch eine Spur gelassener. Die schwäbisch­en Abgeordnet­en Simone Strohmayr, Harald Güller, Paul Wengert und Herbert Woerlein etwa beurteilen die Mitglieder­befragung weitgekunf­t

 ??  ?? Natascha Kohnen
Natascha Kohnen
 ??  ?? Florian von Brunn
Florian von Brunn

Newspapers in German

Newspapers from Germany