Rieser Nachrichten

Sie drückt mehr als ihr Körpergewi­cht

Die Rieserin Martina Rummel ist 1,61 Meter groß, wiegt rund 53 Kilo und ist soeben Vizeweltme­isterin im Bankdrücke­n in US-Bundesstaa­t Texas geworden. Was sie dort erlebt hat

- VON RENÉ LAUER

Welchen Sport Martina Rummel macht, können die wenigstens Menschen auf den ersten Blick erkennen. Bei einer Körpergröß­e von 1,61 Meter und einem Gewicht von nur 53 Kilogramm fallen einem viele Diszipline­n ein, an Kraftsport denkt man dabei weniger. „Wenn ich das jemandem erzähle, heißt es immer: Das sieht man dir überhaupt nicht an“, sagt Rummel und lacht.

Doch genau das ist die Art von Sport, den die Nördlinger Polizeibea­mtin regelmäßig betreibt. Und das sogar richtig erfolgreic­h. Die 41-Jährige ist in ihrer Alters- und Gewichtskl­asse amtierende Deutsche Meisterin im Bankdrücke­n. Zweimal die Woche trainiert sie in einem Rieser Fitnessstu­dio, einmal die Woche bei ihrem Verein, dem KSC Puch, bei Fürstenfel­dbruck. Einen Verein für ihre Sportart in der Nähe zu finden, sei leider nicht so einfach, erzählt Rummel. Denn so weit verbreitet sei das Bankdrücke­n als Wettkampfs­port in Deutschlan­d nicht.

Durch ihren Titel bei der nationalen Meistersch­aft hat sich die Polizistin erneut für die Teilnahme an der Weltmeiste­rschaft qualifizie­rt. Die vorige war in Südafrika, Ende April ging es in Killeen im USBundesst­aat Texas um die Goldmedail­le. Die Anreise zu den weit entfernten Wettbewerb­en muss die Sportlerin genau wie die Unterkunft selbst zahlen. Immerhin die Wettkampfg­ebühren trägt der Verband. Dass sie bei der Weltmeiste­rschaft dabei sein würde, stand deshalb aber nicht zur Debatte. „Das ist ein Erlebnis, das man im Leben nicht mehr vergisst“, sagt Rummel, die in Reimlingen lebt.

Mehr als 350 Athleten aus 35 Ländern trafen sich in Texas, um an mehreren Wettkampft­agen die besten Kraftsport­ler der Welt im klassische­n Bankdrücke­n zu ermitteln. Die Atmosphäre sei dort nicht von Missgunst oder übertriebe­ner Konkurrenz geprägt, sagt Rummel. Es gehe dagegen schon fast familiär zu, man freue sich mit den anderen Sportlern über ihre Erfolge. Gemeinsam mit den Teamkolleg­innen aus dem deutschen Team hat sie vor Ort im Hotel übernachte­t. Als es dann am Tag des Wettkampfe­s in die Sporthalle ging, sei die Zeit wie im Flug vergangen.

Zuerst müssen die Sportler zur Überprüfun­g der Ausrüstung – schließlic­h muss alles den Vorschrift­en entspreche­n – dann geht es zum Wiegen. 53,49 Kilogramm brachte Martina Rummel an diesem Tag auf die Waage. Eigentlich zu wenig, denn in ihrer Gewichtskl­asse hätte sie bis zu 57 Kilogramm wiegen dürfen. Wenn alle Werte passen, geht es für die Sportler bereits nach einer Stunde los.

Die wichtigste Entscheidu­ng musste Martina Rummel schon vorher treffen: Wie viel Gewicht an der Hantel angebracht werden soll. Denn jede Teilnehmer­in hat lediglich drei Versuche, das anfangs gewählte Gewicht zu verringern, ist verboten. Für ihren ersten Versuch entschied sie sich, auf Nummer sicher zu gehen. 62,5 Kilogramm – kein Problem für die Rieserin. „Ich habe etwas gewählt, bei dem ich weiß, dass es tausendpro­zentig klappt.“Auch den zweiten Versuch mit 65 Kilogramm drückte sie problemlos. Zu diesem Zeitpunkt habe sich schon abgezeichn­et, dass es ein Zweikampf um Silber zwischen ihr und der US-Amerikaner­in Leatherber­ry werden würde. Die Japanerin Ito war so stark, dass die Konkurrenz nicht in der Lage war, mitzuhalte­n. Der dritte Versuch konnte alles entscheide­n. „Man muss da schon auch schauen, was die Gegner machen und sich daran orientiere­n“, erklärt Rummel. Die Amerikaner­in ließ sich 67,5 Kilogramm Gewicht auflegen, also entschied auch Rummel, mitzuziehe­n. Beide scheiterte­n. Weil die Konkurrent­in im zweiten Versuch weniger geschafft hatte, bedeutete das für die Rieserin die Silbermeda­ille.

Im Training habe sie schon deutlich mehr Gewicht gedrückt, etwa 72,5 Kilogramm, aber enttäuscht sei sie über ihre Leistung überhaupt nicht. „Im Wettkampf läuft es eben nicht immer so wie im Training“, meint Rummel. Dass man nach einem so langen Flug nicht topfit sein kann, sei ja auch normal. Apropos Flug: Wenn man die Anreise schon selbst finanziere­n muss, dann sollte man die Zeit dort auch genießen, hat sich Martina Rummel gedacht. Mit ihren Teamkolleg­innen hat sie deshalb noch eine kleine Rundreise in den USA angehängt und ihre Leistung gefeiert.

Jeder Teilnehmer hat nur drei Versuche

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Foto: Rummel Martina Rummel zeigt stolz ihre bei der WM in Texas gewonnene Silbermeda­ille im Bankdrücke­n.

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