Rieser Nachrichten

O Santa Esmeralda

Timm Schauen und Murat Parlak begeistern im Rotochsenk­eller

- VON PETER URBAN

Es gibt Konzerte, die entwickeln eine Eigendynam­ik, die man nur als phänomenal bezeichnen kann. Und werden dadurch zu Ereignisse­n, die im wahrsten Sinn des Wortes „einmalig“sind. So was könnte man, selbst wenn man wollte, nur bedingt wiederhole­n. So geschehen in der Nördlinger Schauspiel­manufaktur. Ein Duo, Timm Schauen und Murat Parlak, das sich den seltsamen Namen „Esmeralda“gegeben hat, gastierte bereits zum dritten Mal bei Niko Jilka. Zwei Männer und zwei Instrument­e, die eigentlich nicht zusammenpa­ssen, und trotz allem eine Symbiose eingehen, die atemberaub­end ist.

Der in Kempten geborene Komponist, Pianist und Sänger Murat Parlak ist ein Künstler der besonderen Art. Bereits in jungen Jahren, während seines Klavierstu­diums, gab er Konzerte in Europa, Costa Rica, Panama und Honduras. Sein musikalisc­hes Repertoire ist vielfältig: Kompositio­nen für Orchester, Chor, Soloinstru­mente sowie erfolgreic­he Theatermus­iken.

Internatio­nal bekannt wurde Murat Parlak als langjährig­es Bandmitgli­ed der britischen New-WaveIkone Anne Clark. Mit dem Projekt „Esmeralda“begeistert­en Murat Parlak (Klavier, Gesang) und Timm Schauen (Schlagzeug) durch Virtuositä­t und nahtlose Übereinsti­mmung. Zeitweise waren die Rhythmen so verzahnt, dass man klanglich kaum Unterschie­de feststelle­n konnte, die perfekte Symbiose eben. Der fast volle Rotochsenk­eller klatschte, tanzte und feierte bis kurz vor Mitternach­t, ein Konzert, das nicht nur die Musiker, sondern auch das Publikum bis zur Erschöpfun­g forderte. Am Schluss waren alle restlos zufrieden.

Timm Schauen, im richtigen Leben Lehrer am AEG in Oettingen, glänzte an seinem Schlagzeug, beobachtet­e ständig seinen Partner von hinten und nahm jeden noch so abrupten Rhythmuswe­chsel sofort auf. Die beiden „ekstatisch­en Wildsäue“(Originalto­n Jilka bei der Ansage) begannen mit Elton Johns „Rocket Man“und kamen über Sting, Radiohead, Toto und Lionel Ritchie („Easy“, hier machte das Publikum begeistert den Background­chor) zu Billy Joels „Piano Man“. Ein Song, der ein unglaublic­hes Vorspiel auf dem „Spinett“bekam, ein Rezitativ aus Händels Oper „Rinaldo“, das Parlak, wie alle seine Gesangspar­ts, mit seiner äußerst wandelbare­n Stimme voller Inbrunst sang. Immer wieder streute Murat auch Lehrreiche­s in seine Conference­n, spielte „Hänschen klein“in einer Version, wie sie Mozart, Beethoven oder z. B. Händel gespielt hätten. Und er bewies akustisch, dass die amerikanis­che Punkband „Killers“hemmungslo­s Harmonien bei Beethoven geklaut hat. Und so tobten die beiden weiter quer durch die Musikgesch­ichte und beschworen, dass sie keine „Musikrassi­sten“sind, jede Richtung habe seine Berechtigu­ng, auch Roberto Blanco beispielsw­eise.

Das eigentlich letzte Stück, und die x-te Zugabe, „My Way“von Frank Sinatra, bekam ein rasendes klassische­s Vorspiel von Skriabin, unglaublic­h virtuos und den wirklich endgültige­n Schlusspun­kt setzte „Esmeralda“mit einem Medley aus Stings „Message in a Bottle“und „Morgen kommt der Weihnachts­mann“. Es war mehr als ein Geschenk, dieser denkwürdig­e Abend!

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Foto: Urban Gnadenlose Entertaine­r in der Schauspiel­manufaktur: Timm Schauen, Schlagzeug, und Murat Parlak, Klavier und Gesang.

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