Rieser Nachrichten

Ein bisschen Tanz mit viel Show

Die Fernsehsen­dung „Let’s dance“begeistert Millionen von Zuschauern. Wie sie den Sport beeinfluss­t und wie die Experten in der Region das TV-Format sehen

- VON STEPHANIE UTZ UND RENÉ LAUER

Als gestern Abend Promis wie Vanessa Mai und Giovanni Zarrella aufs Parkett gingen, saßen wieder knapp vier Millionen Zuschauer mehr oder weniger gebannt vor dem Fernseher und schauten „Let’s dance“. Tanzen im TV – seitdem Wettbewerb­e im Turniertan­z weitestgeh­end aus dem Programm verschwund­en sind, ist das Format das einzige, das noch regelmäßig zur besten Sendezeit die Sportart zeigt. Zumindest steckt unter viel Show und der Darstellun­g der Promis noch ein wenig Tanzsport.

Seit zehn Jahren bringt der Privatsend­er RTL nun schon mehr oder weniger prominente Kandidaten mit Profitänze­rn zusammen und lässt sie im Wettbewerb gegeneinan­der antreten. Der Zuschauer ist dabei Zeuge, wie die Teilnehmer schwitzen, stolpern und sich schon mal eine Rippe brechen. Die Profitänze­r haben meist nur ein paar Tage Zeit, ihren neuen Partnern eine Choreograf­ie beizubring­en. In den ersten Staffeln nur Standardun­d Lateintänz­e im Programm, hat sich das Repertoire mittlerwei­le auch auf ausgefalle­nere Tänze, wie HipHop, Charleston und Contempora­ry ausgeweite­t.

„Früher wurde bei ’Let’s dance’ mehr getanzt. Mittlerwei­le gibt es viel mehr Hintergrun­dberichte, die die Sendung aufblähen, damit diese auch Leute anspricht, die mit Tanzen eigentlich nix am Hut haben“, findet Thomas Paukner, Inhaber von „Pauki’s Tanzschule“in Nordheim. Seine Tanzschüle­r sprechen ihn schon hin und wieder auf die Sendung an, gibt er zu. Eine größere Rolle spiele in seiner Schule aber Youtube. Von Tanz-Videos schauen sich seine Paare häufiger Figuren ab.

„Let’s dance“komme eher bei Paaren zur Sprache, die schon länger tanzen. Wer bereits die Tanzkurse eins bis sechs absolviert habe, könne auch eher etwas mit den Auftritten bei „Let’s dance“anfangen. „Was Anfänger bei der Sendung sehen, hat mit zum Beispiel einer normalen Rumba nichts mehr zu tun“, betont er. Vielmehr seien die Auftritte an den Turniertan­z angelehnt und mit mehr „Wow-Effekt“ausgestatt­et. Denn auch beim Turniertan­z gebe es keine Hebefigure­n. Er halte deshalb nicht viel von der Show. „Die Sendung ist schon gut für den Tanzsport, aber es schlägt in Deutschlan­d nicht wirklich durch“, sagt Paukner. Stattdesse­n kämen viele Profitänze­r aus den osteuropäi­schen Ländern und weniger aus Deutschlan­d.

Schön anzusehen ist die Sendung auf jeden Fall, findet Eva-Maria Stolle von der Nördlinger Tanzschule Gero Stolle. „Zwei Hebefigure­n habe ich mir sogar für mein eigenes Programm abgeschaut“, sagt die Tanzlehrer­in. Für die Schüler sei dies allerdings kaum möglich, stimmt sie Thomas Paukner zu. Viel geredet und diskutiert werde über die Sendung in der Nördlinger Tanzschule schon, einen direkten Einfluss auf die Anmeldunge­n für Kurse kann Stolle aber nicht ausmachen.

Das sieht auch Andreas Um- bricht, Leiter der Tanzsparte des VSC Donauwörth, so. Er meint sogar: „Bei uns im Verein ist die Sendung eigentlich kein Thema.“Obwohl die Sendung im Fernsehen vor allem jüngere Zuschauer anspricht, hat auch die Tanzsparte des VSC ein Nachwuchsp­roblem. Die meisten Tänzer des Vereins seien 50 Jahre und älter, sagt Umbricht.

Prinzipiel­l würde er sich mehr Tanzsport im Fernsehen wünschen, jedoch sieht er auch das Problem damit: „Welche Generation schaut denn so was? Die Jungen eher nicht. Und selbst ich als Tänzer tue mich schwer die Grundschri­tte und bekannten Figuren zu erkennen, wenn ich Turniertan­z schaue. Der geht sehr ins Exzessive, in den Leistungss­port.“

Thomas Paukner, der seit 1997 Tanzlehrer ist, sieht die Situation realistisc­h: „In Bayern ist Tanzen im Verein eine Randsporta­rt.“Er glaubt, dass hier die Zusammenar­beit zwischen Schulen und Vereinen noch verbesseru­ngswürdig sei. Ein Problem, das viele am Tanzen Interessie­rte abschrecke, seien wohl auch die zum Teil hohen Preise vieler Tanzschule­n.

 ?? Foto: Rolf Vennenbern­d, dpa ?? Schlager Sängerin Vanessa Mai und ihr Profi Partner, der Ingolstädt­er Tänzer Christian Polanc, zählen zu den Favoriten der der zeitigen Staffel von „Let’s dance“. Zu den gezeigten Tänzen bei den Auftritten gesellt sich viel Show.
Foto: Rolf Vennenbern­d, dpa Schlager Sängerin Vanessa Mai und ihr Profi Partner, der Ingolstädt­er Tänzer Christian Polanc, zählen zu den Favoriten der der zeitigen Staffel von „Let’s dance“. Zu den gezeigten Tänzen bei den Auftritten gesellt sich viel Show.

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