Das Kind des Türmers
Kammerkonzert Musik von Bohuslav Martinu in Nördlingen zum Besten gegeben
Eine Entdeckung besonderer Art sei es für den Pianisten Thomas Selbach und den Cellisten Wolfgang Fink gewesen, wie sie vor einigen Jahren zufällig Werke des tschechischen Komponisten Bohuslav Martinu in die Hände bekommen hätten. Sofort seien sie von sei- ner vielseitigen Musik fasziniert gewesen. In ihre bisherigen Nördlinger Konzerte hätten sie schon Kompositionen von ihm eingestreut, doch in diesem Jahr sei der Entschluss gefasst worden, im Genosaal der Raiffeisen-Volksbank ein ganzes Konzert allein diesem Künstler zu widmen. Mit den „Sieben Arabesken“leiteten die Musiker das Konzert ein. Sehr einheitlich und ausgewogen gingen sie trotz der teilweise sprunghaften Rhythmik absolut korrespondierend aufeinander ein. Ein Glanzstück an Emotionalität war die 2. Arabeske, in der bei strikter Klavierbegleitung die gefühlvolle Tongebung des Cellisten bestach. Als zentrales Werk wurde die „Sonate Nr.2“vorgestellt. Auch hier beeindruckte der Largo-Satz durch eine von spannungsreichen Melodiebögen initiierte emotionale Stimmung.
Tangogefühl weckte der dritte Satz und erinnerte an die Intensität der Tangos von Astor Piazolla, im Wechsel von Ruhe und Erregtheit. Martinu gilt als ein vielseitiger Komponist und erweist sich als ein Avantgardist des 20. Jahrhunderts. Jedes seiner Werke ist von seiner Persönlichkeit geprägt, von seiner Liebe zum Jazz und für heimatliches tschechisches Volksgut. Der französische Impressionismus steckt in seinem Werk, die Nähe zu Claude Debussy war unüberhörbar. Die rhythmische Vitalität und tief greifende Lyrik erinnerten andererseits auch an die Musik seiner Landsleute Dvorak und Strawinsky.
In den „Fünf Variationen über ein slowakisches Thema“wurde der Bezug zur böhmischen Heimat Martinus deutlich. Im tschechischen Policka, eine Stadt wie Nördlingen mit Stadtmauer und Türmen, nahe Olmütz, wurde er auf dem Kirchturm geboren. Als Kind des Türmers prägte ihn der Blick von oben auf die Menschen und die Landschaft.
Die heimatliche Musik war stets unterschwellig zu hören. Selbach und Fink empfingen für die fabelhafte Präsentation dieser schwierigen Musik von den an ihrer musikalischen Entdeckung beteiligten Zuhörern herzlichen Beifall.