Gepanzerte Vorsicht
WVON ERICH PAWLU
ir gehen einem besonderen Datum entgegen: Morgen, am 23. Mai, feiert die Welt den internationalen Schildkrötentag. Literaten und Pädagogen vergangener Epochen haben die Schildkröte zumeist in ein spöttisches Licht getaucht. Dieses Tier, so meinten sie, ist wegen Langsamkeit, Kriecherei und Müßiggang nicht geeignet, als Muster für die menschliche Lebensführung zu dienen.
Das hat sich geändert. Mit ihrem Panzer ist die Schildkröte heute zur Leitfigur moderner Daseinsgestaltung geworden. Angesichts wachsender Gefahren durch Einbrecher besinnt sich der Mensch der Gegenwart auf die Grundeigenschaft der Schildkröte. Er panzert sein Haus und seine Wohnung mit Schließsystemen. Überwachungskameras und Alarmanlagen ersetzen den Rücken- und Bauchpanzer der Schildkröte. Mit diesem Schutz hofft der moderne Hausbesitzer, endlich ein gemächliches und gesichertes Leben zu führen, wie es die Schildkröte seit 220 Millionen Jahren vorführt. Wenn wir morgen am „World Turtle Day“aus unserem gepanzerten Gehäuse sorgenvoll nach kriminellen Banden Ausschau halten, sollten wir uns bewusst machen, dass die Schildkröte in Gefahr ähnlich handelt wie der Mensch: Das wusste schon Alexander von Humboldt, als er 1860 in seinem Bericht „Reise in die Aequinoktial-Gegenden“den Satz niederschrieb: „Schildkröten recken den Hals und halten den Kopf über dem Wasser, ausschauend, ob nichts von Tigern oder Menschen zu fürchten ist.“
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